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Nr. 446

 

Der Arkonide und der Yastor

 

Unter den Nomaden von Dorkh

 

von Peter Terrid

 

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Atlans kosmische Odyssee, die ihren Anfang nahm, als Pthor, der Dimensionsfahrstuhl, das Vorfeld der Schwarzen Galaxis erreichte, geht weiter. Während Pthor und die Pthorer es immer wieder mit neuen Beherrschern, Besatzern und Invasoren zu tun haben, trachtet der Arkonide danach, die Geheimnisse der Schwarzen Galaxis auszuspähen und die Kreise der Mächtigen zu stören.

Gegenwärtig geht es Atlan und seinen Gefährten Razamon und Kennon/Axton allerdings nicht darum, den Machthabern der Schwarzen Galaxis zu schaden, sondern es geht ihnen ganz einfach ums nackte Überleben – und das seit der Stunde, da sie auf Geheiß des Duuhl Larx im »Land ohne Sonne« ohne Ausrüstung und Hilfsmittel ausgesetzt wurden.

Die Welt, auf der die drei Männer aus ihrer Betäubung erwachen, ist Dorkh, eine Welt der Schrecken und der tödlichen Überraschungen.

Kaum sind Atlan und seine Gefährten den Nachstellungen der riesigen Raubvögel und der seltsamen Gnomen entgangen, da müssen sie auch schon vor den katzenartigen Mavinen die Flucht ergreifen. Sie flüchten in den Dschungel und erreichen den »Jagdteppich« – und dort kommt es zur Begegnung: DER ARKONIDE UND DER YASTOR ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan, Razamon und Axton-Grizzard – Drei Fremde unter den Nomaden von Dorkh.

Grutar-Nal-Kart – Yastor der Zukahartos.

Hirundo – Grutars Bruder.

Lyssod – Grutars Rivale.

Der Extortirnser – Das Orakel der Zukahartos.

1.

 

Als Grutar-Nal-Kart das Knacken hörte und der Körper seines Gegners unter ihm erschlaffte, wusste der Mann, dass er dem Ziel einen Schritt näher gekommen war – einen entscheidenden Schritt sogar.

Die Kernix-Zukahartos umstanden den Platz zwischen den Spitzzelten, schweigend, wie es sich bei einem Kampf dieser Art gebührte. Die Kernix-Zukahartos galten gemeinhin als einer der traditionsbewusstesten Stämme des Jagdteppichs, und sie wussten, was sich bei einem Yastor-Kampf gehörte.

Grutar-Nal-Kart erhob sich langsam.

Der reglose Körper seines Gegners blieb im Staub liegen. Grutar-Nal-Kart hatte ihm das Genick gebrochen. Der tödliche Ausgang eines Yastor-Kampfes war nicht ungewöhnlich, wohl aber in diesem Fall, denn beide Gegner galten als gleichermaßen stark, geschickt und wendig.

»Der Sieger ist Grutar-Nal-Kart«, verkündete der Thaigoon mit weithin schallender Stimme. Leiser fuhr er fort: »Und schafft den Toten aus dem Lager.«

Drei Knaben sprangen auf und packten Grutars Gegner. Der Leichnam wurde vom Kampfplatz geschleppt, ohne dass auch nur einer der Zuschauer einen Blick auf ihn verwandte.

Grutar hob feierlich die Hände zur ewigen Sonne und ihrer Güte. Leise sprach er das Gebet. Er hatte es tagelang auswendig gelernt, denn er war von Anfang an sicher gewesen, dass er bei den diesjährigen Yastor-Kämpfen unter den Kernix-Zukahartos keinen gleichwertigen Gegner finden würde.

Nach dem Gebet warf sich Grutar-Nal-Kart auf den Boden, um die Erdgeister um Verzeihung zu bitten. Es war Blut geflossen bei diesem Kampf, und das gehörte sich nicht. Irgendwie hatte Grutar während des Kampfes das Ohr seines Gegners zu fassen bekommen, ein wenig daran gedreht, und schon war ein Riss in der Haut entstanden, der heftig geblutet hatte. Noch waren Spuren davon auf dem Boden zu erkennen.

»Oy!«, rief Grutar. »Ich werde gehen.«

»Und siegen!«, rief die Versammlung.

Es stand fest: Grutar-Nal-Kart würde die Sippe der Kernix-Zukahartos bei den Yastor-Ausscheidungen dieser Blütenperiode vertreten. Und es sah ganz danach aus, als habe er eine reelle Chance, der nächste Yastor zu werden.

Hirundo trat heran und reichte Grutar ein Handtuch aus feinster Perissowolle. Langsam und bedächtig trocknete Grutar den schweißnassen Körper. Er wusste, dass ihm die versammelten Krieger aufmerksam zusahen, und schon allein aus diesem Grund ließ er sich Zeit. Die Krieger sollten seine Muskeln sehen können, die Narben auf der Vorderseite seiner Schultern und seinen Rücken, der frei war von Narben.

»Wann willst du aufbrechen?«, fragte Hirundo.

Hirundo war Grutars jüngerer Bruder, die einzige Person im Kernix-Lager, die Grutar aufrichtig liebte – jedem anderen misstraute er. Hirundo aber war schmal, feingliedrig und wirkte so zerbrechlich, dass die anderen jungen Männer frühzeitig die Versuche aufgegeben hatten, mit Hirundo kämpfen zu wollen. Die Gefahr war zu groß, dass man ihm versehentlich das Genick brach, und das hätte unweigerlich die Rache Grutars heraufbeschworen – und Grutar-Nal-Kart zu fürchten hatten alle frühzeitig gelernt.

Grutar spähte in die Höhe.

Der Himmel über der Weite des Jagdteppichs war hochgewölbt und blau; keine Wolke war zu sehen. Die Zeit der Frühjahrsregengüsse war gerade erst vorbei, der Jagdteppich stand in herrlichster Blüte.

Dies war die rechte Zeit, dachte Grutar-Nal-Kart. In zwei, höchstens drei Wochen konnte er Yastor sein, Gebieter und alleiniger Herr über Tausende von Zelten.

»Morgen früh«, sagte Grutar. Er nahm aus der Hand eines Sippenmitglieds eine Schale kalten Gämmertees und trank bedächtig daraus. Grutar sah sich kurz um. Die Krieger, die er mitzunehmen gedachte, standen auf dem Platz zwischen den Spitzzelten.

Grutar grinste breit.

»Ihr werdet meine Unterführer sein«, versprach er. »Sobald das Heer des Yastors auf meinen Befehl hört.«

Die Männer grinsten zurück. Ihre ganze Hoffnung lag auf Grutars breiten Schultern, und dort war sie gut aufgehoben.

»Geht und schlaft früh«, sagte Grutar. »Morgen früh, wenn die Sonne aufgeht, müssen die Tarpane gesattelt bereitstehen.«

Die Männer führten kurz die Griffstücke ihrer Bögen an die Stirn, der traditionelle Gruß der Soldaten an den Heerführer.

»Du bist leichtsinnig«, sagte Hirundo leise. »Dieser Gruß gebührt dir noch nicht. Lass dich nicht erwischen, die Galagos des Yastors sind geschickt, schnell und grausam.«

»Ich fürchte sie nicht«, sagte Grutar-Nal-Kart. Er durfte sich nun so nennen, seit er seinen letzten Gegner besiegt und damit keinen Widersacher mehr auf seinem Weg hatte.

Grutar zog das lederne Hemd über. Hirundo hatte es in langer Nächte Arbeit hergestellt.

»Was wirst du tun, wenn du das Große Lager erreicht hast?«, fragte Hirundo mit einem scheuen Seitenblick.

Grutar stutzte, grinste dann breit und antwortete:

»Keine Sorge, kleiner Bruder, du wirst nicht zu kurz kommen.«

Hirundo lief feuerrot an, während Grutar schallend lachte.

Als jemand, der sich nicht einmal um die Kandidatur zum Yastor bewerben konnte, hatte Hirundo natürlich nicht die geringste Aussicht, jemals einem Tempel der Zusammenkunft auch nur nahe zu kommen – es sei denn, Grutar wurde Yastor und nahm ihn mit.

Mit einer Handbewegung schickte Grutar seine Gefolgsleute weg. Sie gehorchten sofort. Hirundo sah den Davonschreitenden aus zusammengekniffenen Augen nach.

»Wir haben gute Leute, nicht wahr?«

»Die besten«, antwortete Grutar-Nal-Kart, während er den Gürtel schloss. »Und wir haben mich, vergiss das nicht.«

Er lächelte erheitert.

Vor zwei Wochen waren die Kernix-Zukahartos aufgebrochen. Seither hatten sie sich nur mit zwei Dingen beschäftigt – sich dem Großen Lager zu nähern und unterwegs den Yastor-Kandidaten zu bestimmen. Beide Ziele waren nahezu erreicht. Das Große Lager war im schlimmsten Fall noch zwei Tagesritte entfernt, und Grutar-Nal-Kart stand als Bewerber um die Würde des Yastors zweifelsfrei fest.

In Kernix, der Felsenstadt der Kernix-Zukahartos, waren nur die ganz Alten übriggeblieben und die ganz Jungen, die zusammen mit den Sklaven die Herden zu bewachen hatten. Alle kampffähigen Männer sowie die Alten, die zum Rat des Lagers zugelassen waren, ritten zum Großen Lager.

Grutar-Nal-Kart schritt über das Gras des Lagerplatzes zu seinem Zelt. Es stand am Ende der Lagerstraße; bis zu diesem Zeitpunkt war Grutar-Nal-Kart nichts weiter gewesen als ein ganz normaler Krieger der Zukahartos, dazu noch ein sehr junger. Folglich hatte man ihm nicht erlaubt, in der Nähe des Lagerältesten sein Zelt aufzuschlagen. Das Zelt bot neun Personen und dem Zeltältesten Platz.

Der bisherige Zeltälteste trat respektvoll zur Seite und hob das lange gekaute, weiche Leder des Zelteinganges beiseite – früher hatte Hirundo diese Aufgabe übernehmen müssen, der jüngste Krieger im Zelt.

Alles war vorbereitet. Das kleine Feuer aus Tarpandung brannte, auf dem Dreifuß simmerte das Teewasser. Der anregende Duft nach gesottenem Fleisch füllte das Zelt.

Grutar-Nal-Kart hockte sich auf den Boden. Nacheinander sah er seine neun Zeltgefährten an. Er hatte sie sich sorgsam ausgesucht. Jeder einzelne von ihnen wog mindestens fünf normale Kämpfer auf – Hirundo ausgenommen, aber der Kleine war ein Meister der Ränke und in dieser Eigenschaft mehr wert als eine Hundertschaft.

»Oy!«, sagte Grutar. »Auf den neuen Yastor!«

 

*

 

Jeder konnte ihn sehen. Er ritt an der Spitze des Zuges, wie jeder Yastor-Kandidat. Zu seiner rechten Seite ritt Erinak, der schweigsame Hüne, zu seiner Linken der pfiffige Hirundo. Unmittelbar dahinter, auf sehr seltenen weißen Tarpanen, folgten der Thaigoon und Plekoth-Jur-Ger, der frühere Anführer der Kernix-Zukahartos.

»Unser Zug ist nicht sehr lang und eindrucksvoll«, murmelte Grutar-Nal-Kart.

»Es kommt nicht auf die Länge des Zuges an«, versetzte Hirundo einfach. »Die Spitze ist wichtig.«

Grutar lächelte verhalten.

Aus den Augenwinkeln heraus konnte er andere Sippen sehen, die gleich den Kernix-Zukahartos in feierlicher Parade auf das Große Lager zuritten. Zur Linken erkannte Grutar den Zug der Bassarix-Zukahartos, deutlich am stilisierten Falken zu erkennen, dem Wappen der Bassarixe. Die Kernix-Sippe hatte noch nie einen Yastor gestellt, durfte daher kein Wappen tragen und galt infolgedessen als wenig vornehm.

Über dem Lager wehte an hohem Mast die vierfache Standarte des gegenwärtigen Yastors, Barbast-Kas-Nin, aus der Sippe der Lagotrix-Zukahartos. Sieben Perioden lang war er Yastor gewesen, nicht gerade der Rekord, aber dennoch eine beeindruckende Leistung. Sieben Frühlinge lang hatte er das Heer auf den Jagdteppich geführt, sieben Sommer war er mit reicher Beute zurückgekehrt.

Am Rand des Lagers machten die Reitergruppen halt. Nur auserwählte Personen hatten das Recht, sich im umfriedeten Bezirk einzuquartieren – im Fall der Kernix-Sippen waren das die führenden fünf Reiter: der Kandidat mit zwei Sekundanten, der Thaigoon der Sippe und der ehemalige Sippenchef.

Dazu kam eine Zeltmannschaft Sklaven, die für die Herrschaften die Zelte aufzubauen und die Wachen zu halten hatte. Die restlichen Mitglieder der Sippen durften den Platz des Großen Lagers nicht betreten.

Das Gefolge des Kernix-Kandidaten war lange vorher bestimmt worden und daher schnell zusammengestellt. Grutar brauchte nur wenige Minuten zu warten, dann durfte er seinen Tarpan über das blassrote Band hinwegführen, das den unverletzlichen Friedensbereich des Großen Lagers kennzeichnete. Wer das Band ohne Befugnis überschritt, starb.

Es fehlten nicht mehr viele Sippen, stellte Grutar-Nal-Kart fest, als er seinen Tarpan langsam über die helle Straße führte. Auf ihr zogen die Reiter in das Lager ein und aus; die dunkle Straße war dem letzten Weg zum Tode Verurteilter bestimmt.

»Dort ist er«, flüsterte der Thaigoon erregt, als das Zentrum des Lagers erreicht war.

Grutar konnte ihn sehen, den Tempel der Verkündung und der Unberührbarkeit. Als einziges Gebäude im Lager war der Tempel nicht aus dünnen Lederplanen in Zeltform erbaut worden; der Extortirnser, das Heiligtum, war unter einer eckigen Holzkonstruktion verborgen.

Grutar wusste nicht, was er von der Angelegenheit halten sollte. Er verstand etwas von Bögen, von geraden Pfeilen und gut geschärften Messern. Von Gottheiten und Heiligtümern verstand er nichts.

Er wusste zwar, dass es den Extortirnser gab, dass er bei allen Feldzügen in einer Sänfte feierlich mitgeschleppt wurde und den Zukahartos mit weisen Ratschlägen und Orakeln behilflich war. Grutar wusste auch, dass es Priester gab – pro Sippe jeweils einen – die sorgfältig darauf achteten, dass die vorgeschriebenen Gebetsrituale eingehalten wurden. Diese Priester verloren bei der Weihe ihren Namen und wurden nur Thaigoon genannt; bei Zusammenkünften wurden sie mit dem Namen der ihnen anvertrauten Sippen gerufen.

Bislang hatte Grutar dies alles nur aus weiter Ferne miterleben können; beim letzten Ritt zum Großen Lager hatte er als Tarpanbursche im Außenlager nächtigen müssen.

Nun, sagte sich Grutar-Nal-Kart, in ein paar Tagen bist du Yastor, dann kannst du den Tempel aufsuchen und den Extortirnser mit eigenen Augen sehen. Bis dahin ...

Er verhielt seinen Tarpan.

Das Zentrum des Lagers war erreicht, das große Zelt des Yastors, über dem am Mast die Standarte wehte. Die großen Flügel des Zeltes waren zur Seite geschlagen, im Eingang saß auf dem elfenbeinernen Thron der Yastor, die offizielle Pelzmütze auf dem Kopf, in der rechten Hand ein gefülltes Trinkhorn, in der linken den Knauf seines Schwertes.

»Willkommen!«, rief der Yastor. Sein Gruß galt beiden Trupps, die fast gleichzeitig den Platz in der Mitte des Lagers erreicht hatten. Aus den Augenwinkeln heraus konnte Grutar-Nal-Kart die Bassarix-Standarte sehen, gehalten von dem widerwärtigen Lyssod-Fähr-Quel, dem Yastor-Kandidaten der Bassarixe. Grutar wünschte ihn zur Hölle.

Die beiden Kandidaten stiegen von ihren Tarpanen. Neben dem Yastor erkannte Grutar an dem kahlen Schädel den Obersten Thaigoon, die einzige Person, die außer dem amtierenden Yastor stets Zugang zum Extortirnser hatte. Der Thaigoon machte ein verschlossenes Gesicht.

Mit gemessenen Schritten trat Grutar auf den Yastor zu. Sein Konkurrent war entschieden energischer. Lyssod machte ein paar Schritte und deutete lediglich eine Verbeugung vor dem Yastor an, anstatt sich tief zu verneigen, wie es die Etikette verlangte. Der Thaigoon rümpfte die Nase, der Yastor lächelte milde.

Grutar blieb höflich stehen.

»Willkommen im Lager, Lyssod«, sagte der Yastor. »Ich freue mich, dich wieder zu sehen. Du willst meinen Platz einnehmen?«

»Ich werde«, verbesserte Lyssod herablassend. Ein verächtlicher Blick streifte Grutar. »Thaigoon!«

Eine mehr als herablassende Handbewegung galt dem Priester als Gruß. Der Yastor hob das Trinkhorn, nahm einen kleinen Schluck und reichte das Horn dann an Lyssod. Der junge Mann setzte das Gefäß an die Lippen und leerte es in einem Zug.

»Prachtvoll«, sagte er dann und wischte sich die vergorene Tarpanmilch aus den Mundwinkeln.

Grutar lächelte nur. Lyssod nahm sich allerhand heraus. Nun, er würde dafür bezahlen müssen.

»Dein Gesicht kenne ich noch nicht«, sagte der Yastor, zu Grutar gewandt. »Aber ich kenne die Züge des Sippenältesten Plekoth-Jur-Ger. Du musst der Kandidat der Kernix-Sippe sein.«

»Ich bin es, Yastor«, sagte Grutar. Er grüßte vollendet den Yastor, ja er ging sogar so weit, den breiten Ring an der linken Hand des Thaigoon zu küssen – was eigentlich nur Priesteranwärter und sehr überzeugte Zukahartos taten. Lyssod kicherte in sich hinein.

»Die Ausscheidungskämpfe beginnen schon morgen«, sagte der Yastor. »Ich hoffe, ihr beide seid gut vorbereitet.«

»Selbstverständlich«, sagte Lyssod.

»Ich hoffe«, bemerkte Grutar.

Grutar bedachte Lyssod mit einem langen Blick. Dann sagte er mit ruhiger Stimme:

»Sieh dir Lyssod noch einmal genau an, Yastor. Du wirst ihn morgen nur noch aus der Ferne sehen können, danach nur noch tot.«

Er verneigte sich vollendet vor dem Yastor und ging davon.

2.

 

Die Schneegrenze lag bei eintausendfünfhundert Metern. Die höchsten Erhebungen dieses Gebirges, das die Sirva-Gipfel genannt wurde, lag bei nicht ganz viertausend Metern.

Was sich uns in den Weg stellte, war keine Hügelkette. Wir hatten es mit einem ausgewachsenen Hochgebirge zu tun, das zu durchqueren eine Sache auf Leben und Tod sein musste. Indes hatten wir keine andere Wahl.

»Rast«, verkündete ich, und meine Gefährten dankten es mir mit Blicken. Zum Sprechen fehlte ihnen der Atem.

Der Pass lag hinter uns, aber das hieß noch lange nicht, dass wir unser Ziel erreicht hätten. Vor uns lag der Abstieg, hinab in die Ebene. Ich war gespannt auf das, was uns dort erwartete. So wie ich Dorkh einschätzte, warteten dort unten allerlei Überraschungen auf uns.

Auf Überraschungen waren wir bestens vorbereitet.

Unsere Kleidung bestand aus Lumpen, ausgerüstet waren wir mit unseren Hirnen und Händen, mit sonst nichts. Und unser Gepäck bestand lediglich aus der langsam wachsenden Verzweiflung, dass wir es allem Überlebenswillen zum Trotz vielleicht doch nicht schaffen würden, die Ebene am Fuß der Sirva-Gipfel zu erreichen.

Wir konnten das Land von unserem Rastplatz aus sehen. Fettes, grünes Land, buntgesprenkelt mit Blumen und blühenden Sträuchern. Vermutlich hatte es dort unten vor nicht allzu langer Zeit geregnet.