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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

1.

Fong-Ch’ang beugte sich über die Lagerstatt seines zweijährigen Sohnes Tsao. Er streckte die Hände vor und berührte behutsam das Gesicht, die Arme und die Finger des Jungen. Schließlich legte er ihm die Linke auf den kleinen, fast kahlrasierten Kopf, auf dem nach chinesischer Tradition nur Haarbüschel stehen durften.

Fong verhielt den Atem.

Tsaos Körper gab schwache Wärme ab, aber er hatte keine Reflexe mehr. Seine Augen hatten sich wie in tiefem Frieden geschlossen – und würden sich nie wieder öffnen.

Langsam, wie in Trance, drehte sich Fong-Ch’ang zu seiner Frau Tao-t’ien um. Er blickte ihr in die dunklen Augen.

„Du brauchst nicht zu sprechen“, flüsterte sie. „Ich begreife auch so.“

„Der ewige Fluch der Verdammnis scheint über diesem Haus, diesem Dorf zu schweben“, sagte Fong erstickt.

Tao-t’ien tat zwei stockende Schritte auf das Bettchen des Kleinen zu, erst dann erfolgte in ihr die heftige, naturgegebene Reaktion. Die Beherrschung fiel von ihr ab wie ein dünnes Seidengewand. Sie stürzte auf die Knie, rutschte schluchzend auf das Lager des Kindes zu und warf sich über die kleine, reglose Gestalt.

Fong-Ch’ang fuhr zu ihr herum, griff nach ihren Schultern und riß sie zurück.

„Sei vernünftig“, herrschte er sie an. „Willst du, daß dich das gleiche Schicksal trifft?“

„Du hast Tsao auch berührt.“

„Ich habe größere Widerstandskräfte in mir.“

„Wer sagt dir das?“

„Die Ärzte!“ Er schrie sie fast an.

„Die Ärzte – Könige der Medizin“, wimmerte sie. „Sie haben ihn nicht retten können, meinen armen, über alles geliebten Tsao. Jetzt will auch ich nicht mehr am Leben bleiben.“

Fong zog sie gewaltsam zu sich hoch. „Ich kann es verstehen, daß die seelische Not dich so verwerflich reden läßt“, stieß er hervor. Er selbst mußte sich hart zusammennehmen, um nicht in Tränen auszubrechen. „Aber du darfst nicht nur an dich denken. Mit deinem Tod wären all die furchtbaren Probleme nicht gelöst, es ist eigensüchtig von dir, so daherzureden.“

Er packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. Ihre hochgesteckte Frisur löste sich auf, die Haare fielen über ihre schmalen Schultern. Sie schrie auf, dann sank sie wieder auf die Knie und umklammerte seine Beine.

„Vergib mir, o geliebter Fong!“ rief sie. „Wir haben unseren Sohn verloren, und die bösen Geister sind in mich gefahren, um mich meiner Sinne zu berauben. Nie wieder werde ich etwas Derartiges sagen.“

„Und du darfst die neue Frucht nicht vergessen, die du in deinem Leib trägst“, erwiderte er. So sehr er sich auch bemühte, er konnte das Beben in seiner Stimme nicht ganz unterdrücken.

„Niemals“, hauchte Tao-t’ien. Ihr weiches Gesicht war vom Grauen und von der Verzweiflung gezeichnet.

Fong befürchtete, sie könne das Kind, das gegen Ende der heißen Jahreszeit das Licht der Welt erblikken sollte, durch den Schock verlieren.

„Geh jetzt und wasche dich gründlich“, sagte er sanft. „Benutze viel flüssige Seife, um deinen Körper zu reinigen. Auch ich werde mich säubern. Und ich werde auch Tsaos Bettstatt vernichten müssen, um den Fluch von unserem Hause zu nehmen.“

„Ja“, antwortete sie.

Still begab sie sich in den Nebenraum. Er vergewisserte sich, daß sie ihn nicht beobachtete, und zog seine kostbarsten Gewänder an. Sie waren mit Drachensymbolen und anderen Sinnbildern bestickt.

Er hob den Leichnam des Kindes aus dem Bett und trat aus seinem Steinhaus ins Freie.

Viele Menschen befanden sich draußen; sie hatten ihre Hütten und Häuser verlassen, als bestünde die Aussicht, dem Unheil unter freiem Himmel besser zu begegnen. Ihre Köpfe ruckten herum, und sie schauten auf Fong-Ch’ang, den Vorsitzenden des Dorfrates, der seinen toten Sohn Tsao in stummer Anklage durch den Ort trug.

Cookie, der mit richtigem Namen Rod Bennet hieß, fuhr sich mit der Hand über die Stirnpartie und pappte sich die öligen Haare zum wiederholten Male fest.

„Verflucht und zugenäht“, sagte er ärgerlich. „Ich könnte aus der Haut fahren und mich danebensetzen.“

Er versuchte schon den ganzen Morgen über, Ordnung in seine bemerkenswerte „Frisur“ zu bringen. Aber es wollte ihm nicht gelingen. Immer wieder lösten sich Strähnen und hingen ihm wild ins Gesicht. Sie behinderten ihn bei der Arbeit an Kübeln und Holzkohlefeuern. Aber nicht nur das stimmte ihn nervös. Da war mehr.

Muddy hatte sich beim Angriff der chinesischen Piraten mit ihm zusammen in die Kombüse verdrückt. Sie hatten sich eingeschlossen und waren so den Hieben entgangen, die diese verrückt gewordenen Kerle mit ihren Bambusstöcken ausgeteilt hatten – was dann zur Folge gehabt hatte, daß Thorfin Njal, der Wikinger, ausgerechnet Muddy gleich am nächsten Tag zum Kombüsendienst eingeteilt hatte.

„Ihr paßt ja so gut zusammen“, hatte er gesagt. „Bei Odin, die Freundschaft wollen wir doch nicht kaputtmachen, oder?“

O ja, der Spott in Njals Worten war unüberhörbar gewesen. Obwohl Cookie und Muddy bei dem Kampf in der Felsenkaverne auch nicht mehr entscheidend hätten eingreifen können – so ganz hatte es ihnen noch keiner aus der Crew verziehen, wie sie sich verhalten hatten.

So hatte eins das andere ergeben.

„Das hab ich nun davon“, murmelte Cookie. „Immer auf die Kleinen.“

„Was hast du zu nörgeln?“ fragte Muddy.

Wütend äugte Rod Bennet zu ihm hinüber. „Auspeitschen sollte man dich“, erwiderte er. „Das ist alles deine Schuld. Und nun sieh dir doch mal an, was für eine Schweinerei du angerichtet hast.“

„Halt die Luft an, Dicker“, sagte Muddy warnend.

Cookie war auch nicht gerade die Reinlichkeit in Person. Seine Pfannen galten nicht als die saubersten, und seine Töpfe klebten mitunter etwas. Siri-Tongs Männer hatten ihn auch schon mal mit dem Allerwertesten ins Kombüsenfeuer gesetzt, wenn das Essen mißlungen war.

Aber Muddy übertraf den Koch noch, was die Reinlichkeit anging. Eigentlich hatte man ihn Robinson getauft, als er – was nach Meinung der Crew allein schon ein Fehler des Allmächtigen gewesen war – das Licht der Welt erblickt hatte. Muddy nannten ihn jedoch alle an Bord, denn das bedeutete „Dreckiger“, und einen besseren Spitznamen hätte es für den Kerl nicht geben können.

Die Mannschaft nannte ihn mal milde „Schmutzfink“, mal „die drekkigste Ratte, die an Bord ’rumläuft“, mal „altes Dreckschwein“. Muddy schien alles Schmierige der Welt zu lieben und zu verehren, und fast hatte es den Anschein, als zöge er den Schmutz geradezu magisch an – oder umgekehrt.

Aus diesen und anderen Gründen schlief er meistens allein auf Deck. Was noch zu seiner unglaublichen Schmuddelei hinzukam: er hatte fast immer schlechte Laune, klaute, soff ziemlich viel und hatte es auf der Lunge.

„Du versaust mir noch den Ruf bei der Crew“, beklagte sich Cookie. „Aber wenn es Beschwerden gibt, bade ich das nicht allein aus, klar?“

Muddy schaute auf und betrachtete ihn aus schmalen Augen. „Habe ich diese Sauarbeit vielleicht freiwillig übernommen?“

„Nein. Aber alles, was du anpackst, geht sowieso schief.“

„Dicker, ich …“

„Nenn mich nicht immer Dicker!“ schrie Cookie im plötzlichen Aufwallen seines Gemüts.

Muddy sog zischend die Luft ein, hielt sie an und lief im Gesicht dunkel an. Er stand bis zu den Fußknöcheln in glitschigen Abfällen. Als er sich jetzt in Bewegung setzte, rutschte er fast darauf aus.

Er hatte mit den Fischen herumhantiert, die Hilo am Vortag aus der See gezogen hatte. Anderthalb Tage hatten die Instandsetzungsarbeiten an dem ramponierten schwarzen Segler in Anspruch genommen, und während dieser Zeit hatte der hellhäutige Neger auch die Gelegenheit gefunden, die Mannschaft mit etwas Frischproviant zu versorgen.

Cookie kam das sehr gelegen. Die Crew meckerte ja sowieso dauernd mit ihm herum, weil er keine Abwechslung in den Küchenzettel brachte.

Aber jetzt das!

Ein paar flache, seezungenähnliche Fische hatte Muddy bereits total verunstaltet. Er hatte sie zerfetzt und mit Flüchen auf den Lippen zu dem Unrat geräumt, der den Kombüsenboden bedeckte.

Weiter: Cookie hatte ein kleines, handliches Gerät gebastelt, ein Hilfsmittel zum Entschuppen von Fisch, auf das er sehr stolz war. Das Ding bestand praktisch aus einem Holzgriff mit dazugehörigem Brettchen. In das Brettchen hatte Cookie dicht an dicht kleine Nägel getrieben, die mit den Spitzen nach unten ragten.

Fuhr man mit dieser Nagelreibe flach vom Schwanz zum Kopf über die Fischleiber, spritzten die Schuppen weg, daß es eine Freude war.

Muddy hatte das Gerät aber auch kaputtgekriegt. Der Griff war halb abgebrochen, das Brettchen angeknackst, die Nägel waren verbogen. Seit Muddy in der Kombüse Dienst schob, hatte es nichts als Ärger gegeben.

Muddy rückte langsam und drohend auf Rod Bennet zu. Er hob die lädierte Schuppenreibe und sagte: „Du kannst deinen Scheiß allein machen, ich hab’s satt.“

„Nein! Du nimmst die Fische fertig aus, und dann klarst du hier auf, daß alles nur so blitzt und blinkt!“

„Soll ich dich abschuppen?“ fragte Muddy.

„Leg das Ding weg!“

„Mich hat noch keiner ungestraft beleidigt, merk dir das.“

„In der Kombüse befehle ich!“ schrie Cookie. „Ich habe hier das Sagen, und du parierst, sonst gibt es Ärger, und zwar knüppeldick!“

Muddy grinste. „Nun hör sich einer an, wie der Dicke sich aufbläst. Paß auf, wie ich dir den Speck abhoble, Freundchen …“

Der Koch hatte blitzschnell eins der scharfen Messer gepackt. Er richtete die Spitze auf Muddy. „Vorsicht. Keinen Schritt weiter, oder ich vergesse mich. Hier ist mein Reich, Muddy, hier laß ich mir von keinem ’reinpfuschen.“

Muddy wollte sich auf Cookie stürzen, aber er bremste sich doch im letzten Augenblick und stand geduckt und lauernd da. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Noch suchte er nach einer Möglichkeit, den beleibten Mann zu überlisten. Noch gab er sich nicht geschlagen.

Da aber flog das Kombüsenschott auf, und Thorfin Njal steckte seinen mächtigen Schädel herein.

„Bei Odin und allen Göttern“, sagte er. „Ihr Narrenbande, was gibt’s hier zu brüllen?“

Rasch hatte Cookie das scharfe Messer wieder weggelegt. Muddy hatte sich umgedreht und seinen Fischen zugewandt. Er latschte mit einem gesummten Lied auf den Lippen durch den Abfall und tat so, als hätte er nichts Dringenderes zu tun, als seine Arbeit zu Ende zu führen.

„Nichts, wir unterhalten uns ganz normal“, sagte Cookie.

„Erzähl das einem, der sich die Hosen mit der Kneifzange anzieht“, fuhr der Wikinger ihn grollend an.

„Sir …“

„Zum Teufel mit dem Sir! Es ist schon genug dicke Luft an Bord. Wollt ihr Stinte alles noch verschlimmern?“

Muddy hatte sich während dieses kurzen Dialoges schnell wieder einen Fisch geangelt. Er hackte mit der Nagelreibe darauf ein, hustete und verlor den glitschigen Fisch aus den Händen. Der Fisch rutschte von der Arbeitsplatte und landete auf dem Boden. Muddy drehte sich um, bückte sich, suchte ihn aus den Abfällen hervor und knallte ihn wieder auf die Holzplatte. Er hustete blechern und voll Protest.

Thorfin Njals Augen weiteten sich. „Sag mal, du bist wohl nicht ganz echt, Muddy, was?“ Er stieg die Stufen des Niederganges hinunter, groß, wuchtig, drohend. „So bereitet man doch keinen Fisch zu. Mann, muß man euch Auerochsen denn alles zeigen?“

„Ich hab’s ihm erklärt, hundertmal“, verteidigte sich Cookie.

„Du petzt wie ein altes Waschweib“, zischte Muddy. Dann hustete er wieder und traktierte den Fisch noch heftiger.

„Hör auf“, befahl der Wikinger. „Und huste mir nicht dauernd ins Gesicht. Und nimm deine Schmierfinger von dem Fisch, den sollen wir schließlich noch essen …“

Er brach abrupt ab. Ohne auf die Beschaffenheit des Kombüsenbodens zu achten, hatte er sich weiterbewegt. Jetzt glitt sein rechtes Bein plötzlich vor, als rutsche es über Schmierseife. Er kämpfte um sein Gleichgewicht, warf sich nach hinten und landete mit Wucht auf dem Achtersteven – und natürlich mitten in dem übelriechenden Unrat. Sein Kopf ruckte vor, und er verlor auch noch seinen Kupferhelm.

Cookie stand wie erstarrt da. Muddy kratzte mit der Nagelreibe noch ein paarmal über den verdammten Fisch, dann ließ er die Reibe sinken. Ziemlich ratlos und entsetzt blickten sie auf den Wikinger.

Thorfin Njal holte zweimal tief Luft. „Geri und Freki, Odins Wölfe, sollen euch verschlingen“, knurrte er. Er griff nach seinem Helm. Beim Abenteuer in dem Teufelsfelsen war das Ding ziemlich verbeult worden. Jetzt drohte es schon wieder Schaden zu nehmen.

Njal standen die Haare wild vom Haupt ab, darunter waren noch die Beulen zu erkennen, die er beim Angriff der chinesischen Piraten verpaßt gekriegt hatte.

Besorgt griff er nach dem Helm. Rein äußerlich schien mit dem guten Stück aber alles in Ordnung zu sein. Njal stülpte ihn sich auf den Kopf – und nahm ihn gleich wieder ab.

Es war ein seltenes Schauspiel, denn von dem Wikinger hieß es, daß er den Helm nie abnähme, auch bei größter Hitze und unter Wasser nicht.

Wütend griff er in den Helm und zog etwas Schwabbliges daraus hervor. Es waren gleich zwei flache Fische, die in den Helm gerutscht waren, als er in dem Abfallhaufen gelandet war. Thorfin Njal holte aus und schleuderte sie Muddy gegen die Schulter. Danach stand er auf und stellte sich dicht vor den Mann hin.

„Säubere meinen Helm“, sagte er dumpf. „Aber gründlich. Und ohne zu husten.“

„Aye, Sir.“ Muddy beeilte sich, die Aufforderung zu befolgen. Er bearbeitete den Helm mit Wasser, viel Wasser, einige Spritzer gingen auch auf die Planken der Kombüse nieder und reicherten den Unrat an.

Cookie wieselte heran und versuchte, den Wikinger abzubürsten. Thorfin Njal scheuchte ihn mit einer einzigen Handbewegung fort.

Muddy öffnete ein Schapp, fand ein sauberes Leinentuch und trocknete den Helm ab. Er wienerte auf dem Metall herum, bis es zu glänzen begann.

Der Wikinger hatte sich die Küchenrelikte aus der rauchgrauen Fellkleidung gewischt. Er stapfte auf Muddy zu und stieß einen tiefen Laut aus, der wie ein verhaltenes Grunzen klang.

Muddy dachte, seine letzte Stunde habe geschlagen. Der Wikinger war ein Klotz von einem Kerl, ein Berg aus Muskeln mit Fäusten, so groß wie Ankerklüsen. Es gab keinen Mann an Bord, der keinen Respekt vor ihm hatte – und das wollte bei einem so wild durcheinandergewürfelten Haufen wüster Burschen schon etwas heißen.

„Gut“, brummte der Riese aber nur. „Wurde wirklich mal Zeit, daß einer meinen Helm tüchtig poliert.“

Er nahm Muddy das topfähnliche Gebilde ab und setzte es sich auf. Sein Blick war so durchdringend, daß Muddy glaubte, er müsse zusammenschrumpfen und wie eine Maus in irgendeinem Spundloch des großen Schiffes verschwinden.

Njal hob die rechte Hand und ließ sie auf Muddys Schulter niedersausen. Der Seemann hielt dem Hieb stand, ächzte aber und verzog das Gesicht.

Thorfin Njal sprach nicht sonderlich laut. „Du hast bewiesen, daß du auch Ordnung halten und alles funkelnagelneu kriegen kannst. Du brauchst nur zu wollen. Also, Muddy: du hast vier Glasen Zeit, danach kreuze ich wieder auf und sehe mir an, was aus dem Saustall hier geworden ist. Dann muß man von den Planken wie von einem Teller essen können, klar?“

„Aye, aye, Sir.“

Der Wikinger sah zu Rod Bennet. „Und daß mir keine Klagen kommen. Wenn ich noch mal Lärm in der Kombüse höre, dann raucht es, aber anständig.“

Cookie leckte sich über die spröde gewordenen Lippen und stammelte: „Aye, Sir.“

Der Wikinger marschierte wieder zum Niedergang und verließ die Kombüse. Ein Lächeln nistete in seinen Mundwinkeln, als er den beiden Männern den Rücken zuwandte. Er wußte, daß das, was er ihnen eben gesagt hatte, mehr Wirkung erzeugte als jedes Aufbrausen.

Das Lächeln verschwand aus Thorfin Njals Gesicht, sobald er wieder am Oberdeck trat. Er überquerte die Kuhl von „Eiliger Drache über den Wassern“ und steuerte auf das Achterdeck zu.

Oben stand Siri-Tong, die Rote Korsarin. Sie hatte beide Hände auf die vordere Querbalustrade gelegt und spähte angestrengt voraus.

Sie war außer sich vor Wut. Hätte sie Cookie und Muddy beim Streiten ertappt, wäre die Sache für die beiden bei weitem nicht so glimpflich abgelaufen.

Gereizt, wie sie war, hätte sie Muddy ein paar Hiebe mit der Neunschwänzigen überziehen lassen. Und Cookie vielleicht auch.

2.

Thorfin Njal stieg auf das Achterdeck und gesellte sich zu Siri-Tong. Er war der einzige, den sie in ihrem aufgewühlten Zustand in ihrer Nähe duldete. Außer ihm wagte es keiner, sie auch nur anzusprechen. Die Männer gingen ihr aus dem Weg.

Der Wikinger atmete tief durch. Wer hätte auch damit gerechnet, daß ausgerechnet eine Bande chinesischer Piraten ihnen zu einer schmählichen Niederlage verhelfen würde – daß sie ihnen in diesem August des Jahres 1584, so nahe vor der Küste des begehrten Zieles, die Mumie des Mandarins rauben und entführen würden?