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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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3.

4.

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6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

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Nr. 2355

 

Die Ressourcen-Welt

 

Akonische Agenten mitten im Geschehen – sie begegnen den Kolonnen-Geometern

 

Arndt Ellmer

 

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Wir schreiben das Jahr 1345 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4932 alter Zeitrechnung. Die Milchstraße ist von der Terminalen Kolonne TRAITOR besetzt, einer gigantischen Flotte der Chaotarchen.

Ihr Ziel ist es, aus Welten der Galaxis einzelne »Kabinette« für einen Chaotender zu formen, eines der machtvollsten Instrumente des Chaos schlechthin: Dieser Chaotender soll einmal VULTAPHER heißen und das Territorium einer entstehenden Negasphäre sichern. Eine Negasphäre wiederum ist eine Brutstätte des Chaos, die normale Lebewesen als absolut lebensfeindlich empfinden.

Perry Rhodan und die Menschheit sind im Solsystem bisher sicher vor dem Zugriff der Terminalen Kolonne. Der TERRANOVA-Schirm schützt das System gegen Angriffe, unterstützt durch den Nukleus, ein sogenanntes Geistwesen, das aus menschlichen Mutanten hervorgegangen ist. Innerhalb der Galaxis gibt es weitere kleine Widerstandsgruppen.

Währenddessen aber schreiten TRAITORS Pläne weiter voran. Nachdem erste Welten durch Dunkle Obelisken markiert wurden, tritt mit den Kolonnen-Geometern ein hochspezialisiertes Volk in Aktion: Mit ihrer ersten großen Aktion greifen sie nun nach Drorah – der Planet ist DIE RESSOURCEN-WELT …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Jaghiro Ackan – Der junge Oahm’Cara bekommt auf wundersame Weise eine neue Chance im Leben.

Taje Karoon-Baal – Der ehemalige Agent des Energiekommandos sieht nur wenig Chancen für seine Heimat.

Jere tan Baloy – Der Exkommandant eines Akon-Raumschiffes verzweifelt an seinen Gegnern.

Arfyss E’lhacc – Der Kolonnen-Geometer schmiedet intrigante Pläne.

1.

 

Sonnen wirbelten durcheinander. Dazwischen leuchteten Spiralnebel, die sich mit rasender Geschwindigkeit drehten. Aus dem Nichts tauchten Gasriesen auf, schnellten sich ihm entgegen, rasten wieder davon – Finsternis.

Huschende Schemen füllten das All, drängten sich eng um ihn, als wolle jeder ihn berühren, diesen Stein in der Mitte, ein gemahlener Granit in einer Masse aus Eis, die das Mehl zu einem bizarren Klumpen formte. Er raste davon, zog das Universum hinter sich her wie einen Kometenschweif. Der Klumpen leuchtete jetzt, sprühte Gasfontänen ins All. Dunkelrote Schlieren säumten seinen Weg, waberten wild, als wollten sie ihm zuwinken. Dazwischen tauchten blitzlichtartig fremde Universen auf, violette Galaxien vor einem weißen Hintergrund, durchzogen von grünen Zacken. Sie stürzten in Flugrichtung in sich zusammen, sogen das Universum auf und alles, was sich darin befand. Die Schemen verwehten mit einem Knirschen, das Eis am Rand des Klumpens taute auf.

Tausende winziger Lichtpunkte glommen links und rechts auf, dazwischen ein hellblauer Trichter, dessen schmales Ende auf ihn zeigte. Die Welt drehte sich mit einem Mal. Er unterschied jetzt oben und unten. Die Spitze des Trichters hing über ihm, dahinter nahm er undeutlich den sanften Schwung eines Baus wahr.

Die Spiegelgefilde, die Abbilder der Diesseits-Höhen im übergeordneten Raum. Das mittlere, das musste Ackan-Fildern sein.

Seine Welt des ewigen Lebens und der immerwährenden Geborgenheit.

Die Ankunft erlebte er wie im Rausch. Er durchstieß eine Membran aus gelbem Stoff, stürzte sich in das grellweiße Licht, das ihn gierig verschlang. Dahinter leuchtete ein gewaltiger blauweißer Ball, um den in rasender Geschwindigkeit achtzehn Kugeln kreisten, teils auf identischen Bahnen, teils einzeln, ein riesiges System der Ewigkeit und der Unsterblichen.

Aus der Ferne hörte er ein Flüstern.

»Sein Para-Sinn ist aktiv. Wenn er ihn nicht kontrolliert, verliert er den Verstand.«

»Wir müssen ihn schneller auftauen!«

Willkommen daheim!, sagte eine andere Stimme, die von überall her zu ihm drang. Die Tausende winziger Lichtpunkte auf beiden Seiten wuchsen langsam, gleichzeitig lösten sich das Eis und das Mehl immer mehr auf. Gigantische Klötze legten sich ihm in den Weg, verhinderten seine Ankunft in der Ewigkeit. Er versuchte ihnen auszuweichen, aber sie waren zu groß. Ihre Gestalt dehnte sich in alle Dimensionen aus, ohne ihre eigentliche Form zu verlieren.

MASCHINEN des Chaos, fiel es ihm ein. Was wollen sie von mir?

Er spürte Hitze um sich herum, erlebte starr vor Entsetzen, wie sich der Klumpen endgültig in Dampf und Staub auflöste. Er wollte schreien vor Angst, streckte seine unsichtbaren Arme nach den Spiegelgefilden aus. Sie waren verschwunden. Um ihn herum torkelte das Universum, aus der Bahn geworfen und rettungslos verloren.

Wie er.

Wo bin ich? Wo ist mein Körper?

Er spürte nichts, keinen Körper, keine Welt, nur diese unerträgliche Hitze. Er suchte nach Anzeichen der Spiegelgefilde, nach den MASCHINEN, nach dem blauweißen Ball, doch er fand nichts. Außer ihm existierte nichts mehr, nur die vielen tausend winzigen Lichtpunkte links und rechts. Erst wuchsen sie langsam, hielten inne, dann explodierten sie in einem einzigen Urknall, rasten auf ihn zu, durch ihn hindurch, fraßen winzige Löcher in seinen entstofflichten Körper, klammerten sich an der unsichtbaren Oberfläche fest, blieben da.

Links und rechts Tausende, vereint zu jeweils einem großen Gebilde.

Erschöpft sank er zurück ins Nichts. Ich denke, also bin ich!

Wieder meldete sich eine Stimme, diesmal lauter und deutlicher.

»Ich glaube, er hat es geschafft. Der Para-Sinn ist inaktiv.«

Ich höre und rieche. Sehe ich auch?

Noch besaß er keinen Körper und wusste nicht, ob er im Diesseits oder im Jenseits lebte.

Schlafe ich? Ist es Zeit aufzuwachen?

Langsam kehrte die Erinnerung zurück …

 

*

 

… er spürte, wie die Kälte in seinen Körper kroch. Das Gefühl in den Gliedmaßen verschwand innerhalb weniger Augenblicke, und er wusste, dass sie abstarben. Sein weicher Hinterleib schrumpfte unter dem Einfluss der Weltraumkälte, während die Körperflüssigkeit gefror und sich ausdehnte. Der Druck in seinem Innern wurde unerträglich.

Jaghiros Sinne schwanden. In einem Akt der Verzweiflung wollte er seine Qual abkürzen, mit den Klauen die Folie zerfetzen, damit die Luft entwich. Aber er vermochte sich nicht mehr zu rühren …

Doch Jaghiro starb nicht. Ein winziger Funke in seinem Bewusstsein hielt ihn am Leben. Er flüsterte ihm ein, das alles nur geträumt zu haben. Die Kälte wich, Wärme umschmeichelte seinen Körper. Die winzigen Lichtpunkte vereinigten sich zu einem großen Facettenbild. Er sah Helligkeit, die nicht blendete. Gedämpftes Licht umgab ihn, ab und zu durchbrochen von einem huschenden Schatten.

Jaghiro Ackan, du bist nicht tot! Es waren seine eigenen Gedanken, die ihm Mut machten.

Aber ich bin doch gestorben! Bin ich doch?

Einer der Schatten beugte sich über ihn. »Du kannst mich hören? Mich sehen?«

Ein Krächzen drang zwischen seinen Kauleisten hervor. »Jaaaah, ichchch…«

Sein Blick klärte sich. Er sah wuchtige, kegelförmige Riesen, die an den Enden seines Körpers wachten. Vorne zwei, hinten zwei. Aus den silberblauen Kegeln führten Tentakel und Schläuche hinab zu dem Teil der Mulde, in dem sich sein Hinterleib befinden musste. Er spürte keine Einstichstellen, die Weichteile seines Körpers waren nur noch ein nutzloser Haufen organischer Substanz.

»Dein Geist funktioniert wieder normal«, erklärte der Frager. »Alle Werte sind in Ordnung. Das mit deinem Körper kriegen wir auch noch hin.«

»Was … ist … mit … ihm?«

»Die Weltraumkälte hat ihm zugesetzt. An deinen Beinen blättert Chitin ab, dein Hinterleib sieht aus wie eine verdorrte Frucht.«

Jaghiro fröstelte bei jedem Wort, das er hörte. In Gedanken stellte er sich vor, wie sich der Hinterleib vom übrigen Körper trennte – das Todesurteil für ihn.

»Du hast noch einmal Glück gehabt, Jaghiro Ackan. Einen solchen Unfall wünsche ich niemandem.«

Ein Unfall?

Wie eine Flutwelle brach die Erinnerung über ihn herein. Das war kein Unfall! Er stöhnte beim Luftholen, sein Atem rasselte.

»Es war ein Attentat«, keuchte er. Er wollte den Kopf bewegen, aber eine Klammer verhinderte es. Eine Manschette am Hals versperrte ihm die Sicht nach unten.

Da war etwas. »Die Flüssigkeit um meinen Körper, was ist das?«

»Sehr gut, Jaghiro. Deine Nervenbahnen regenerieren sich. Du liegst in der Heilmulde einer Medostation.«

Trotz seines erbärmlichen Zustands breitete sich so etwas wie Zuversicht in ihm aus. Er hatte es geschafft. »Mein Plan hat funktioniert.«

»Die Folie meinst du?«

»Die Folie, ja. – Ein Zufall, dass das Schweißgerät dabei lag.«

»Und du glaubst, es war kein Unfall?«

»Man hat mich in den Hangar gelockt.«

Die Stimme schwieg, aber von weiter weg hörte Jaghiro eine zweite sprechen. »Es ist der Schock. Jaghiro Ackan braucht mehr Ruhe. Am besten, er schläft ein paar Tage.«

Das Licht um ihn herum wurde dunkler.

»Nein!«, wollte Jaghiro rufen, aber seine Stimme versagte plötzlich. Ich darf die Zerlegung Xölyars nicht verpassen. Gill Ashgu braucht mich!

»Drei Tage ist das Minimum«, fuhr die Stimme fort. »Wenn er danach erwacht, geht es ihm deutlich besser.«

Jaghiro schwieg. Es war sinnlos, den Medikern und ihrem Urteil zu widersprechen. Hauptsache, er wurde einigermaßen gesund.

Mit der Erinnerung an das Attentat kehrte auch die Wut in ihn zurück. Wut auf Arfyss E’lhacc, den Intriganten und Widersacher, der selbst vor einem Mord nicht zurückschreckte. Seit Jahren zerbrach Jaghiro sich den Kopf, was den Gleichaltrigen aus dem Container zu seinem Tun trieb. Er hielt sich für etwas Besseres, wollte ihn demütigen und zu seinem Diener machen. Da das nicht klappte, versuchte er nicht nur, Jaghiro die Freundin auszuspannen, er hatte ihn überdies in eine Falle gelockt. Ums Haar wäre Jaghiro als Saboteur verurteilt und hingerichtet worden.

Und jetzt dieser Mordversuch. Der Schock saß tief, aber nicht so sehr wegen Arfyss. Dem traute er inzwischen jede Schandtat zu. Es lag an Ovo Ynshuune. Sie hatte ihn zu dem Treffpunkt gerufen, es war unverwechselbar ihre Stimme gewesen. Die junge Frau, mit der er seit Jahren zusammen war, mit der er Freud und Leid bis zur Ankunft im Blauen System geteilt hatte, ausgerechnet sie hatte ihn in die tödliche Falle gelockt.

Ich werde dir das nie verzeihen können! Jaghiro versuchte sich zu bewegen, aber die Flüssigkeit des Heiltanks lag schwer auf seinen Gliedern und dem Körper. Es war wohl besser, wenn er sich in seinem Zustand nicht sah, deshalb die Halskrause. Die Ärzte meinten es gut mit ihm.

Jaghiro hielt still. Je schneller er gesund wurde, desto eher konnte er an dem geplanten Einsatz teilnehmen.

Xölyar, der größere Mond Drorahs, wartete auf ihn und alle seines Jahrgangs. Gill Ashgu, der sie seit Jahren ausbildete, hatte es bereits verkündet. Es sollte eine Generalprobe sein und gleichzeitig ein vollwertiger Einsatz für die Sequin-Doar, dieses vollständige Fabrikensemble der Terminalen Kolonne, bestehend aus 22 TRAICAH- und 66 TRAIGOT-Fabriken.

Zwölf Parzellen sollten sie erstellen, die wichtigsten Landstriche des hochindustrialisierten und kompakt bevölkerten Mondes. Zu mehr reichte die Kapazität einer einzelnen Sequin-Doar nicht aus. Das Gros der Fabriken hatte seinen Einsatzort in der Galaxis Milchstraße schließlich noch nicht erreicht. Es hieß warten.

Jaghiro aus dem Volk der Oahm’Cara schöpfte Hoffnung, dass Gill Ashgu ihn nicht vergaß und den Einsatz bis zu seiner Genesung verschob.

2.

17. August 1345 NGZ

 

Taje Karoon-Baal, der ehemalige Agent des Energiekommandos – oder sollte er sagen: des ausgelöschten Energiekommandos? –, starrte in dieser Nacht immer wieder zum Himmel empor. Unzählige Blicke warf er auf die seltsam diffuse Wolke aus flockigen Partikeln. Der größere der beiden Monde Drorahs, Xölyar, war explodiert, das stand für ihn zweifelsfrei fest.

Von einer Evakuierung der rund 500 Millionen Bewohner des Trabanten war ihm und seinen Verbündeten nichts bekannt.

500 Millionen – mit einer einzigen Handbewegung oder einem Befehl weggewischt. Für nichts …

Wirklich für nichts? Taje glaubte es nicht. TRAITOR agierte zielgerichtet. Wenn die Terminale Kolonne den Hauptmond eines der wichtigsten Planeten der Milchstraße zerstörte, gab es einen triftigen Grund. An der Zündung von zwei Minen lag es nicht.

Xölyar besaß irgendetwas, woraus die Invasoren großen Nutzen zogen, oder war die Quelle einer Gefahr, die ausgelöscht werden musste, ehe die Galaktiker begriffen, worum es sich handelte. Vielleicht, ein Gedanke, der ihn mehr erschreckte als alles andere, war die Vernichtung aber auch lediglich ein Zufall, ein Testlauf oder eine Laune der Chaostruppen gewesen.

Wie lange würde Drorah sicher sein?

»Jere«, sagte der Exagent, »jetzt geht es erst richtig los.«

Ameda Fayard, Hevror ta Gosz, Eniva ta Drorar und Jere tan Baloy blieben stumm.

 

*

 

Die Industrieanlagen am Fallyn-See, ganz in der Nähe des Raumhafens, zählten in diesen Stunden zu den wenigen Orten auf Drorah, wo Ruhe herrschte. Niemand erschien an diesem Morgen zur Arbeit. Kein Akone kontrollierte die Abläufe in den Robotanlagen der Verladestationen. Eine Weile wanderten noch die fertigen Maschinen der Nachtschicht über die Schwebestraßen zu den bereitstehenden Raumschiffen, dann blieben die Bänder leer.

Von fern beobachtete Taje Karoon-Baal den Himmel über dem Raumhafen der Hauptstadt. Er brauchte viel Geduld, und irgendwann wandte er sich enttäuscht ab.

Es kamen keine Traitanks und auch sonst keine Einheiten der Kolonne, die die stillstehenden Fabriken unter die Lupe nehmen wollten.

»Sie haben Wichtigeres zu tun an diesem Morgen«, empfing Jere den Hünen, als er in die Kantine von Ondrax-II-Kalvann zurückkehrte. Die vier beobachteten an ihrem provisorischen Treffpunkt die Vorgänge auf einem Monitor, der Bilder aus allen Teilen von Konar lieferte.

Taje hob beide Hände und spreizte dabei die Finger. Deutlicher konnte er nicht zeigen, dass er anderer Meinung war. »Sie haben genug Traitanks in unserem Sonnensystem. Nein, es muss einen anderen Grund geben.«

Nach und nach begriffen sie, was er damit sagen wollte.

»Dasselbe nochmal?«, fuhr Hevror ta Gosz auf. »Alles, nur das nicht.«

»Ich kann mich irren«, versuchte der ehemalige Agent des Energiekommandos zu beschwichtigen. »Wie gesagt …«

Wenn die Terminale Kolonne sich nicht mehr für die Vorgänge in Konar interessierte, galt das womöglich für den gesamten Planeten. Taje erwischte sich dabei, wie er immer wieder unruhig auf den Bildschirm sah. Deuteten sich schon Veränderungen an? Verließen die Giganten ihre Positionen über Xölyar, um sich dem Planeten zuzuwenden?

Nach und nach gelang es der Sendezentrale, zusätzliche Kamerasonden vor Ort zu postieren, die aus allen Teilen der Hauptstadt Bilder einfingen. Die Akonen standen unter Schock. Noch blieb es bei Anzeichen ohnmächtiger Wut. Schreie hallten durch die Straßenschluchten, aber in manchen Vierteln herrschte Totenstille. Nur wenige Akonen ließen sich im Freien blicken. Es gab Schutzräume in den einzelnen Bezirken, Tiefbunker und andere Einrichtungen, die eine trügerische Sicherheit suggerierten. Zweifellos verkrochen sich Tausende darin, hegten eine vage Hoffnung, dass alles vorbeiginge und die Welt neu erblühte, sobald sie in ein oder zwei Wochen ans Tageslicht zurückkehrten.

Die Akonen, bisher eher folgsam und aufmerksam gegenüber den Gesetzen der TRAITOR-Direktive, erkannten mit einem Mal den Irrtum, dem sie aufgesessen waren. Die peinlich genaue Befolgung aller Anordnungen führte nicht zu besonders pfleglicher Behandlung und größeren Freiräumen, im Gegenteil. TRAITOR legte andere Maßstäbe an. Die Direktive und deren Einhaltung dienten einzig dem Zweck, die Völker der Milchstraße so lange ruhig zu halten, bis sie endgültig keine Möglichkeit zur Gegenwehr mehr besaßen. Bis jedes Volk an der Reihe war.

Wozu zerstörten sie den Mond und schirmten Drorah gleichzeitig gegen den drohenden Zerfall des Gravitationsgefüges ab? Was hatten sie mit den Akonen vor?

Je länger Taje Karoon-Baal darüber nachdachte, desto mehr gewann er den Eindruck, dass auch das nur aus Selbstzweck geschah und nicht, weil man die nach Milliarden zählende Bevölkerung der Hauptwelt schonen wollte.

»Wir werden sterben, so oder so«, sagte Hevror ta Gosz nach längerem Schweigen. »Wozu also zusehen, was sie mit unserem Volk treiben?«

Ameda Fayard brachte es schließlich auf den Punkt. »Wir sind die Einzigen, die es verhindern können. Wir fünf gegen TRAITOR.«

Taje staunte nicht schlecht, wie sie alle auf die Linie einschwenkten, die er für die einzig brauchbare hielt. In diesen Stunden des Schocks und des nationalen Notstands, im Angesicht des drohenden Untergangs wuchs jeder von ihnen über sich selbst hinaus. Er selbst hatte vor kurzer Zeit nicht einmal im Entferntesten daran gedacht, dass er das Kommando über eine Gruppe Saboteure übernehmen könnte. Er war »im Krankenstand« gewesen und hatte sich auf einen ruhigen Lebensabend gefreut.

Aber dann war dieser Dorn Tevomor in ihr Leben getreten und hatte Jere tan Baloy den Kodegeber in die Hand gedrückt. Anschließend hatte Jeres Gruppe den Kontakt zu Taje gesucht, weil nur ein Agent des Energiekommandos die fraglichen Schlüsselkodes kannte, um das Gerät zielgerichtet zu bedienen …

… und seitdem hieß es, mehr oder weniger: fünf gegen TRAITOR.

Fünf gegen TRAITOR; das hörte sich nicht einmal schlecht an. Ein wenig wie eine Trivid-Serie, die wie eine Bombe einschlagen würde, auch wenn dieser Vergleich im Moment eher unglücklich schien. Aber es war keine Trivid-Serie.

Es war das Leben.

Es war die letzte Chance auf ein Leben, wie es das Galaktikum forderte: ein freies, selbstbestimmtes Leben im Reigen der galaktischen Völker.