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Hubert Weitensfelder

Die großen Erfinder
 

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ISBN: 978-3-8438-0067-9
 
www.marixverlag.de

Inhalt

Cover

Über den Autor

Zum Buch

Einleitung

Richard Arkwright (1732-1792)

Carl Auer von Welsbach (1858-1929)

Charles Babbage (1791-1871)

Leo Hendrik Baekeland (1863-1944)

Carl Benz (1844-1929)

Henry Bessemer (1813-1898)

Johann Friedrich Böttger (1682-1719)

Samuel Colt (1814-1862)

Louis Jacques Mandé Daguerre (1787-1851)

Gottlieb Daimler (1834-1900)

Rudolf Diesel (1858-1913)

Carl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn (1785-1851)

Thomas Alva Edison (1847-1931)

George Richards Elkington (1801-1865)

Oliver Evans (1755-1819)

Benôit Fourneyron (1802-1867)

Charles Goodyear (1800-1860)

Johannes Gensfleisch genannt Gutenberg (1394/1404-1468)

Philipp Matthäus Hahn (1739-1790)

John Harrison (1693-1776)

Hanns Hörbiger (1860-1931)

Joseph-Marie Jacquard (1752-1834)

Viktor Kaplan (1876-1934)

Friedrich Gottlob Keller (1816-1895)

Leonardo da Vinci (1452-1519)

Carl von Linde (1842-1934)

Josef Madersperger (1768-1850)

Guglielmo Marconi (1874-1937)

Cyrus Hall McCormick (1809-1884)

Peter Mitterhofer (1822-1893)

Samuel Finley Breese Morse (1791-1872)

Alfred Nobel (1833-1896)

Ferdinand Porsche (1875-1951)

Josef Ressel (1793-1857)

Werner von Siemens (1816-1892)

Isaac Merritt Singer (1811-1875)

George Stephenson (1781-1848)

William Henry Fox Talbot (1800-1877)

Nikola Tesla (1856-1943)

Michael Thonet (1796-1871)

James Watt (1736-1819)

Josiah Wedgwood (1730-1795)

Eli Whitney (1765-1825)

Wilbur und Orville Wright (1867-1912 bzw. 1871-1948)

Anhang

Bibliografie

Kontakt zum Verlag

Einleitung

Die Begriffe des Erfinders wie auch des Erfindens haben sich im Lauf der Zeit sehr gewandelt. Erst seit dem hohen Mittelalter werden beide allmählich greifbar. In vorindustriellen Gesellschaften wurden erfinderische Geister im heutigen Sinn eher stigmatisiert, weil sie Bestehendes und vermeintlich Bewährtes zugunsten einer dynamischen Entwicklung aufs Spiel setzten. Seit dem 18. Jahrhundert wird die »Erfindung« zunehmend mit technischer Neuerung gleichgesetzt. Darüber hinaus erfolgt eine Unterscheidung von der »Entdeckung«, mit der etwas bereits Vorhandenes, aber bisher Unbekanntes bezeichnet wird. Die Stadien einer Erfindung lassen sich gliedern in die Invention (technische Konzipierung), die Innovation (technisch-wirtschaftliche Realisierung) und die Diffusion (gesellschaftliche Verwendung). Der Technikforscher Günter Ropohl nennt sie auch Erfindung, Neuerung und Verbreitung und fügt als mögliche, aber nicht notwendige erste Phase die Kognition bzw. Erkenntnis ein, welche auf wissenschaftlicher Forschung beruht (Ropohl 2001, vgl. das Literaturverzeichnis).

Es gibt auf dem Büchermarkt viele Lexika und Darstellungen zur Geschichte der Erfindungen. Die Lebensläufe von Erfindern haben dagegen weniger Aufmerksamkeit erfahren, und wenn, dann tendenziell eher aus regional- oder nationalgeschichtlicher Perspektive. Für diesen Band habe ich in 44 Kapiteln 45 Erfinder ausgewählt, die Gebrüder Wright als die »siamesischen Zwillinge« der Erfindungsgeschichte wurden gemeinsam berücksichtigt. Als gemeinsamer Raster waren mir folgende Informationen wichtig: Geburtsort, Namen der Eltern, Beruf des Vaters und gegebenenfalls der Mutter, Zahl und Geschlecht der Geschwister, Name der Ehefrau(en) sowie Zahl und Geschlecht der Kinder. Damit entfielen jene Personen der Antike, die als wichtige Erfinder gelten, über deren Leben aber wenig oder fast nichts bekannt ist, wie Archimedes, Heron und Ktesibios. Für das späte Mittelalter steht Gutenberg als Beispiel, die Renaissance vertritt Leonardo, der Übergang vom Barock zur Aufklärung findet sich im Lebenslauf Böttgers wieder. Den zeitlichen Schwerpunkt habe ich aber für die Spanne von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg angesetzt, also für das »klassische« Zeitalter der Industrialisierung, in welchem dem Erfinden als individueller Tätigkeit eine besondere Bedeutung zukam.

Bereits für diesen, wie man meinen möchte, gut dokumentierten Zeitraum stieß ich öfters auf erstaunliche Probleme, den einen oder anderen Lebenslauf in der angestrebten Zuverlässigkeit, Ausführlichkeit und inhaltlichen Dichte rekonstruieren zu können. Aus diesem Grund musste ich auf einige von mir zunächst geplante Biografien verzichten, beispielsweise auf jene von Nicolas-Louis Robert (Papiermaschine), Alois Senefelder (Steindruck), Nicolas Leblanc und Ernest Solvay (Sodaherstellung) und von Friedrich Hoffmann (Ringziegelofen).

Die Auswahl für diesen Band kann nur subjektiv sein, daran ändert auch die im Titel vorgegebene Ausrichtung auf die »großen« Erfinder nichts. Die Einzigen, auf die das zutrifft, wären meines Erachtens Leonardo da Vinci und Thomas Alva Edison. Was macht aber die Größe eines Erfinders aus? Sicher hängt sie mit der Bedeutung einer Erfindung zusammen; doch lassen sich viele von diesen nicht einer bestimmten Person zuordnen, darunter so bekannte wie Fahrrad und Computer. Ist es die Idee? Leonardo wurde aufgrund seiner Zeichnungen lange die Urheberschaft für viele Neuerungen zugesprochen, bis sich die nüchterne Betrachtungsweise durchsetzte, dass er vielfach lediglich eine Reihe bereits bestehender Gedanken als Erster zu Papier gebracht hat. Das meiste wurde von ihm auch gar nicht realisiert, manches erst Jahrhunderte später nachgebaut und dabei auf seine Funktionalität getestet. Auch die Fähigkeit, eine Erfindung zur wirtschaftlich rentablen Innovation zu machen und zu verbreiten, reicht als Indikator nicht aus, gelten doch die Sympathien oft eher den Vorläufern und den mitunter dramatisch Gescheiterten denn jenen, welche den materiellen Erfolg für sich beanspruchen konnten. Legt man wiederum charakterlich-moralische Maßstäbe an die »Größe« an, so würden sich manche an der Aufnahme des cholerischen und geldgierigen Frauenhelden Isaac Merritt Singer stoßen, andere an Samuel Colt und Alfred Nobel mit ihren todbringenden Produkten, weitere an Ferdinand Porsche und seiner intensiven Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Regime. Am Beispiel der Nähmaschine habe ich mit dem gescheiterten Josef Madersperger und dem erfolgreichen Singer zwei Aspekte dieses unsicheren Faktors »Größe« berücksichtigt.

Auch die hier angelegten Kriterien für die regionale bzw. nationale Herkunft der Erfinder scheinen eine Erläuterung wert. Der Schwerpunkt liegt im angelsächsischen und deutschsprachigen Raum. Von England ging die Industrielle Revolution aus, die Vereinigten Staaten zeichneten sich durch erhebliche Innovationsfreude aus und bildeten schon früh einen großen und kaufkräftigen Markt für Neuerungen. Ferner habe ich in hohem Maß deutsche und österreichische Erfinder berücksichtigt. Die Auswahl ist unter anderem der zur Verfügung stehenden Literatur geschuldet. So existiert mit dem herausragenden Band von Harold Evans für die Vereinigten Staaten ein höchst reichhaltiges und zuverlässiges Kompendium (Evans 2004), während es für Großbritannien – was mich überraschte – nichts Entsprechendes gibt. Nach dem Land ihres Wirkens scheinen zwölf US-Amerikaner, zehn Deutsche, neun Engländer, acht (Alt-)Österreicher, drei Franzosen, zwei Italiener und ein Schwede auf. Gemessen an den Geburtsorten, sind nach den heute gültigen Grenzziehungen zehn Staaten vertreten. Die eher geringe Gesamtzahl dieser Biografien mag das Ergebnis nach Ländern etwas verzerren, für eine größere Grundmenge an Erfindern wären aus meiner Sicht vor allem Frankreich und die Schweiz, aber auch der osteuropäische Raum stärker zu berücksichtigen. Asien ist indirekt präsent, handelt es sich doch bei Gutenbergs beweglichen Lettern für den Buchdruck und bei Böttgers Porzellan gewissermaßen um europäische Nacherfindungen.

Die Tätigkeit des Erfindens stellt im Allgemeinen keinen definierten Beruf dar, als »professionelle Erfinder« können am ehesten Bessemer und Edison betrachtet werden. Ein gutes Drittel der hier ausgewählten Personen lässt sich als Erfinder-Unternehmer charakterisieren. An weiteren Kombinationen treten auf: Erfinder-Unternehmer-Naturwissenschaftler (z.B. Auer), Erfinder-Konstrukteure (Porsche), Erfinder-Professoren (Kaplan), Erfinder-Priester (Hahn) sowie Erfinder-Offiziere (Siemens in den Anfängen seiner Karriere). Als Erfinder-Dilettanten im positiven Sinn des Begriffs können Marconi und Talbot gelten, die aus begüterten Familien stammten.

Was die Kategorie des Geschlechts betrifft, so spielten Frauen offenbar bei den Erfindungen von Babbage, Benz und Whitney eine wichtige Rolle. In vielen Fällen mag der Anteil weiterer Frauen von den Erfindern und ihren Biografen unterschlagen worden sein. Wie unlängst dokumentiert wurde (Jaffé 2008), traten Frauen in den vergangenen Jahrhunderten durchaus in der einen oder anderen Form als Erfinderinnen auf, wobei viele Verbesserungen die ihnen zugewiesenen Sphären wie Körperpflege und Mode, Haushalt und Kinder betrafen. Bekannt ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der Name von Melitta Bentz, einer Leipziger Hausfrau, die sich 1908 eine neue Methode der Zubereitung von Kaffee mit einem Gebrauchsmuster schützen ließ. Doch verhinderten mentale, soziale und rechtliche Rahmenbedingungen über Jahrhunderte die Anerkennung der diesbezüglichen Leistungen von Frauen, offenbar noch stärker als in den Naturwissenschaften: Es gibt unter den Erfinderinnen keine Marie Curie.

Sucht man Verbindendes in den hier vorgestellten Lebensläufen, so finden sich nicht allzu viele Gemeinsamkeiten. Immerhin jeder dritte erhielt eine Ausbildung an einer technischen Schule oder an einer Hochschule, während einige gar keinen regulären Schulunterricht genossen. Drais und Talbot waren adeliger Herkunft, aber wenige entstammten ausgeprägt reichen oder armen Familien. Bei manchen spielten offenbar die Berufe und Leistungen der Väter (Auer, Bessemer, Goodyear, Nobel) oder auch der Mütter (Baekeland, Edison, Tesla, Brüder Wright) eine gewisse Rolle für ihre Erfinderlaufbahn, bei anderen wie den Brüdern Wright fällt eine Häufung erfinderischer Begabung unter Geschwistern auf. Vielfach klingt in den Biografien der Aspekt des sozialen Ansehens an, der über individuelle Absichten und Leistung hinaus im »bürgerlichen Zeitalter« eine große Rolle spielte (z.B. bei Arkwright, Diesel, Drais, Hahn, Keller, Madersperger, Marconi, Mitterhofer, Nobel, Ressel, Singer, Talbot, Wedgwood). Um ihre Vorstellungen zu realisieren, gingen nicht wenige eine Zusammenarbeit mit anderen Erfindern und/oder Unternehmern bzw. Financiers ein. Dafür stehen Daguerre und Niépce, Daimler und Maybach, Kaplan und Storek, Keller und Voelter, Morse und Vail, Singer und Clark, Tesla und Westinghouse sowie Watt und Boulton. Thonet gewann den Staatskanzler Metternich als mächtigen Beschützer. Ihm wie auch Baekeland und Tesla eröffnete erst die Migration in ein anderes Land die Möglichkeit, ihre Ideen durchzusetzen.

Erfindern wird gerne ein ungewöhnlicher Charakter zugeschrieben. Und in der Tat finden sich in der vorliegenden Auswahl Personen mit exzentrischen Zügen (Babbage, Tesla), Sonderlinge bzw. in sich gekehrte Einzelgänger (Auer, Drais, Marconi), von ihren Gedanken regelrecht Besessene (Goodyear, Tesla), Sozialromantiker (Diesel), missionarische Vertreter selbst geschaffener Weltanschauungen (Hörbiger) und Schwermütige (Nobel). Im Fall Diesels führten Depressionen wahrscheinlich zum Suizid. Durch Freitod mittels Pistole endeten übrigens auch beispielweise die hier nicht aufgenommenen Erfinder Nicolas Leblanc und der österreichische Erfinder-Offizier Franz von Uchatius, der sich als Metallurg durch die Entwicklung der Stahlbronze einen Namen machte (Schwenk 1998, Neuhold 2004). Das Edison zugesprochene Bonmot, Genialität bestehe nur zu einem Prozent aus Inspiration, aber zu 99 Prozent aus Transpiration, bezeugten gleich mehrere der Geschilderten, denen besonderer Fleiß zugeschrieben wird. (z.B. Arkwright, Daimler, McCormick, Stephenson, Tesla, Wedgwood).

Die hier vorgestellten Erfindungen betreffen ein weites Spektrum technischen Schaffens. Sie reichen von der einfachen Baumwoll-Entkernungsmaschine (Whitney) über komplexe Geräte wie Uhren (Harrison), Handfeuerwaffen (Colt), Näh- (Madersperger, Singer) und Schreibmaschinen (Mitterhofer) bis zur Erfindung ganzer Systeme etwa in der Elektrotechnik (Edison, Tesla). Es geht um die neuartige Verwendung traditioneller Rohstoffe, z.B. von Holz für die Erzeugung von Papier und Möbeln (Keller, Thonet) oder von Porzellan und Steingut (Böttger, Wedgwood), die Erzeugung wichtiger Werkstoffe in großen Mengen (Bessemer), ferner um die Anfänge der technischen Verwendung von Elektrizität zu Zwecken der Kommunikation (Morse) und zur Metallbeschichtung (Elkington), um deren Einsatz zum Antrieb von Motoren (Siemens) und zur Übertragung von Energie über weite Strecken (Tesla). Es finden sich Kraftmaschinen (Fourneyron, Kaplan, Watt), Maschinen zur Herstellung textiler Fäden (Arkwright) und Flächen (Jacquard), zum Zusammenfügen von Textilien (Madersperger, Singer) sowie für die Kälte- und Wärmetechnik (Hörbiger, Linde), Beiträge zur Fahrzeugtechnik zu Wasser (Ressel), zu Lande (Benz, Daimler, Drais, Porsche, Stephenson) und in der Luft (Brüder Wright) und nicht zuletzt die technische Anwendung chemischer Prozesse zu recht unterschiedlichen Zwecken (Baekeland, Daguerre, Goodyear, Nobel, Talbot).

Mehrere Erfinder leisteten auch wesentliche Beiträge zur Organisation der Arbeit. Wedgwood führte unter seinen Beschäftigten eine neue Arbeitsteilung ein, Evans vollzog einen sehr frühen Übergang zur kontinuierlichen Produktion, Whitney tritt als Vordenker der Fertigung austauschbarer Teile auf; diese stellt ein wichtiges Element des später so genannten »American system of mass production« dar. Ihm folgten Colt und McCormick mit der Etablierung von Spezialmaschinen zur Erzeugung genormter Elemente.

Der Übergang von der Handarbeit zur Maschine durch das Neudenken traditioneller Techniken findet sich bei Arkwright und Madersperger bzw. ihren Vorläufern. Whitney gewann angeblich eine Eingebung für seine Baumwoll-Entkernungsmaschine dadurch, dass er einem Arbeiter bei seinen Verrichtungen zusah, möglicherweise auch durch eine Katze, in deren Krallen Vogelfedern hängen blieben. Colt ließ sich eventuell durch ein Schiffs-Schaufelrad oder eine Ankerwinde zu seiner Idee eines drehenden Zylinders inspirieren. Evans erhielt Anregungen zur Beschäftigung mit der Dampfkraft, nachdem er beobachtet hatte, mit welcher Wucht diese einen Pfropfen aus einem erhitzten Gewehrlauf trieb. Eine Eimerkette zum Transport von Wasser könnte ihm als Vorbild für zirkulierende Mehlbehälter gedient haben. Hörbiger schloss möglicherweise vom Orgelventil seines Großvaters auf neue Anwendungen für die Ventiltechnik. Keller kam bei der Betrachtung eines Wespennestes auf die Idee zur Verwendung von Holzfasern als Grundstoff für Papier; solche Anregungen aus der Natur für die Technik werden heute von der Disziplin der Bionik untersucht. Nicht zu vergessen ist die mögliche Bedeutung von Zufällen: eine in einem Schrank gelagerte Quecksilberprobe bei Daguerre, eine auf dem Ofen verkohlende Probe bei Goodyear. Viele dieser Fälle sind aber lediglich als Anekdoten verbürgt, vielleicht handelte es sich überwiegend um ein beliebtes dramatisierendes Element des Erzählens über Erfindungen.

Der rechtliche Schutz von Gedankengut spielt in drei Vierteln dieser Lebensläufe eine Rolle, besonders bei Bessemer, Edison, Singer, Tesla und Watt. Erste Patentbestimmungen waren in der Republik Venedig bereits im späten 15. Jahrhundert erlassen worden, England folgte 1624 mit dem ersten Patentgesetz, seit dem späten 18. Jahrhundert entstanden auch in anderen Ländern moderne Patentgesetze (Kurz 2000). In diesem Zusammenhang sind in vielen Fällen moralisch-ethische Aspekte von Bedeutung, z.B. wenn es um die Priorität einer Erfindung oder um geistigen Diebstahl geht (z.B. bei Arkwright, Auer, Goodyear, Keller, Morse, Ressel, Singer, Talbot, Whitney). Nicht nur mit Patentgesetzen, auch mit anderen Maßnahmen spielte der Staat mitunter eine wesentliche Rolle bei der Förderung von Erfindern, wie sich hier insbesondere bei französischen Vertretern zeigt (Daguerre, Jacquard).

Viele der hier vorgestellten Erfinder schufen technische Artefakte, beispielsweise in Form von Prototypen, die einen Einblick in den Prozess des Erfindens vermitteln können, oder von technischen Zeichnungen (Leonardo, Ressel). Einige haben größere Briefsammlungen hinterlassen (z.B. Keller, Linde, Nobel, Siemens, Talbot). Manche verfassten autobiografische Texte (Babbage, Bessemer, Keller, Linde, Siemens, Tesla), bisweilen waren dabei aber offenbar Textredakteure im Spiel, welche deren Authentizität wohl verfälschten (Benz, Hahn). Hahn führte Tagebücher, von ihm sind außerdem Werkstattberichte erhalten und ediert. Mitterhofer schilderte seine Erfahrungen in origineller Gedichtform. Mit Rudolf Diesels Leben und Werk setzte sich sein Sohn Eugen auseinander.

In der kollektiven Erinnerung sind die Erfinder recht unterschiedlich präsent. Manche sind durch eine einzige Erfindung bekannt bzw. werden damit in Verbindung gebracht (Arkwright, Colt, Gutenberg, Hörbiger, Jacquard, Kaplan, Madersperger, Mitterhofer, Morse, Singer, Talbot, Thonet und die Wrights). Andere, die ebenfalls nur mit einer oder zwei technischen Neuerungen assoziiert werden, befassten sich bei genauerer Betrachtung mit einer größeren Zahl von Erfindungen (z.B. Bessemer, Drais, Keller, Ressel, Tesla und Watt). Edison, Leonardo und Tesla gelten als Multi-Erfinder. Colt, Singer und Wedgwood wurden aufgrund geschickter Verkaufsstrategien bereits zu ihren Lebzeiten nachgerade zu Markennamen, Morse steht fast sprichwörtlich für eine bestimmte Art der Nachrichtenübermittlung.

Eine Reihe von Erfindern hat eine recht wechselvolle Rezeption erfahren, auf die hier lediglich hingewiesen werden kann (z.B. Babbage, Böttger, Daguerre, Drais, Gutenberg, Hahn, Hörbiger, Leonardo, Madersperger, Mitterhofer, Porsche, Ressel, Talbot, Tesla, die Brüder Wright). Bis heute ist das Bild mancher Erfinder und die Frage, ob ihnen eine bestimmte Innovation wirklich zuzuschreiben ist, heftig umstritten, dies zeigen etwa neuere Studien über Siegfried Marcus und seinen Stellenwert in der Automobilgeschichte (Hardenberg 2000) sowie über Heinrich Göbel, den angeblichen Erfinder der Glühbirne (Rohde 2007). In jedem Fall steht zu erwarten, dass heute wohlbekannte Namen in den Hintergrund treten werden, während andere noch auf ihre Entdeckung oder zumindest auf eine Neuinterpretation ihrer Leistungen warten.

Richard Arkwright (1732-1792)

Über Arkwrights frühen Lebenslauf ist nicht viel bekannt. Er stammte aus Preston im nordenglischen Lancashire und war das jüngste von sieben Kindern eines Schneiders. Arkwright lernte den Beruf eines Perückenmachers und Barbiers und betrieb nebenbei eine Gaststätte. Er reiste viel umher, um Frauenhaar anzukaufen, und erfuhr dabei von den gewerblichen Nöten seiner Heimatregion, in der viel Baumwolle und Flachs verarbeitet wurde. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts machten sich in England vermehrt Engpässe in der vorindustriellen Textilerzeugung bemerkbar: Ein Weber benötigte nämlich die Garne von vier bis zwölf Spinnerinnen, um seinem Gewerbe nachgehen zu können. Dieses Ungleichgewicht nahm noch zu, als um 1733 ein Schafwollweber aus Lancashire den Schnellschützen erfand, der die Produktion der Weber weiter erhöhte. Mit dessen Hilfe wurde das Schiffchen, das den Schussfaden enthielt, nicht mehr händisch durch das beim Weben gebildete Fach bewegt, sondern mit Hilfe einer Seilkonstruktion durchgeschleudert. Um den »Garnhunger« der Weber zu vermindern, setzte 1761 eine Londoner Gesellschaft 50 Pfund für eine Maschine aus, die sechs Fäden gleichzeitig spinnen könne und dabei nur von einem Menschen bedient würde. Drei Jahre später erfand James Hargreaves, Weber in einer Baumwollmanufaktur bei Blackburn, eine solche Apparatur, die später »Jenny« genannt wurde – wahrscheinlich eine Verballhornung von »engine«. Dabei ahmte er die Bewegungen der Spinnerin nach. Eine qualifizierte Arbeiterin konnte damit zunächst acht, später sogar bis zu 100 Fäden spinnen. Die Jenny lieferte allerdings nur dickes, lockeres Garn.

Somit war im Textilgewerbe bereits einiges in Bewegung geraten, als Arkwright 1767 dem Uhrmacher John Kay begegnete. Dieser war zuvor dem Tüftler Thomas Highs zur Hand gegangen, der eine neuartige Spinnvorrichtung entwickelt, sie aber dann verworfen hatte. Arkwright informierte sich über diese Konstruktion und verbesserte sie weiter. Die Fasern wurden nunmehr eingezogen und durch Walzenpaare, deren Rotation aufeinander abgestimmt war, gestreckt sowie anschließend über Flügelspindeln verdreht und aufgewickelt. Dieser Vorgang erfolgte automatisch, so dass eine ungelernte Arbeitskraft für die Zuführung des Rohstoffs ausreichte. Die Konstruktion erhielt die Bezeichnung »Water Frame« und lieferte im Unterschied zur »Jenny« ausschließlich festgedrehte Garne. Arkwright tat sich nun zum Zweck der Kapitalbeschaffung mit zwei Verwandten zusammen und beantragte 1768 ein Patent, in dem er sich selbst etwas prahlerisch als Uhrmacher aus Nottingham bezeichnete. Dieses wurde ihm im Jahr darauf zugestanden.

1770 gründete Arkwright eine erste Spinnerei in Nottingham, bald darauf eine weitere in Cromford in Derbyshire am Fluss Derwent. Da das Spinnen nur der abschließende Vorgang eines längeren Prozesses ist, entwickelte er auch Maschinen zum Kardieren (Reinigen) sowie zum Grob- und Vorspinnen der Fasern, wobei er die Kardierung patentieren ließ. Auf die Nutzung seiner Maschinen durch andere vergab Arkwright Lizenzen, dabei verlangte er aber die Abnahme von mindestens 1000 Spindeln, wofür die Lizenznehmer rund 7000 Pfund zu entrichten hatten. Um diese Summe wieder einzubringen, sahen sie sich gezwungen, größere Produktionseinheiten zu errichten. Damit nahm Arkwright großen Einfluss auf die Entstehung moderner Fabrikgebäude: Aus Backstein errichtet, waren solche Bauten 21 bis 24 Meter lang, 7,5 bis neun Meter breit und drei bis vier Geschosse hoch. Neben den Spinnmaschinen wurden dort auch die Vorbereitungsarbeiten durchgeführt. Mit dem Übergang zur zentralisierten Textilerzeugung trug Arkwright ferner wesentlich zur Entstehung einer frühindustriellen Arbeiterschaft bei. Um die Landbewohner an die Anforderungen einer modernen Produktion zu gewöhnen, ergriff er eine Reihe disziplinarischer Maßnahmen. Ihre Schicht dauerte 13 Stunden, und die Maschinen liefen sechs Tage in der Woche rund um die Uhr. Arkwright beschäftigte mehrere hundert Personen, darunter überwiegend Frauen und auch Kinder: Sechsjährige drehten gerissene Fäden zusammen und reinigten die Maschinen. Einer seiner ersten Arbeiter erhielt immerhin zehn Shilling pro Woche, was ungefähr dem dreifachen Existenzminimum entsprach.

Auch auf dem europäischen Kontinent fand eine Reihe von Versuchen statt, Spinnmaschinen zu konstruieren. In Deutschland befasste sich der Kaufmann Johann Gottfried Brügelmann aus Elberfeld an der Wupper damit, was ihm jedoch nicht gelang. Daraufhin ließ er Arkwrights System durch einen Deutschen ausspionieren. 1784 nahm Brügelmann in Ratingen als erster auf dem europäischen Kontinent die Erzeugung mit »Water Frames« auf. Die Spinnerei nannte er Cromford, nach dem Standort einer der ersten Spinnereien Arkwrights.

Nach wie vor waren aber auf den Britischen Inseln die weitaus meisten Beschäftigten im Textilsektor außerhalb der Fabriken tätig. 1775 beschäftigte allein die bedeutende Schafwollverarbeitung rund 850.000 Menschen, davon ca. 650.000 Spinnerinnen. Das entsprach etwa zehn Prozent der Bevölkerung Großbritanniens. Arkwright verdrängte Hargreaves’ »Jenny« nicht gleich vom Markt, denn um 1788 standen in englischen und schottischen Haushalten rund 20.000 dieser Maschinen in Betrieb. Damals erfand zudem der Farmer und Weber Samuel Crompton aus dem Umland von Bolton in Lancashire eine weitere Konstruktion, welche die Eigenschaften ihrer Vorgänger kombinierte und sowohl weiche als auch fest gedrehte Garne lieferte. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit erhielt sie die Bezeichnung »Mule« (Maultier). Der gutmütige und unbeholfene Crompton ließ sich die Verwertung allerdings aus der Hand nehmen. Arkwright war dagegen aus anderem Holz geschnitzt: Er drängte die Partner an seinen ersten Fabriken allmählich aus dem Geschäft, und bereits um 1780 beliefen sich seine jährlichen Einnahmen auf etwa 40.000 Pfund. Im Jahr darauf verklagte er mehrere Nachahmer seiner Verfahren vor einem Londoner Gericht, wobei er jedoch unterlag. 1785 stand er selbst vor dem Richter und wurde beschuldigt, seine Erfindung von Thomas Highs gestohlen zu haben. Er verlor nun die meisten Patentrechte, was sein Imperium aber nicht wesentlich schmälerte: Hatte es 1780 in Schottland und Nordengland rund 20 Spinnereien des von ihm geschaffenen Typs gegeben, so stieg ihre Zahl bis 1788 auf über 140. Fünf davon gehörten ihm, an mindestens sechs weiteren war er beteiligt. 1790 setzte er in Nottingham erstmals eine Dampfmaschine in einer Fabrik ein.

Arkwrights Arbeitstage waren lang, sie begannen um fünf Uhr früh und dauerten oft bis neun Uhr abends. Er fand kaum Zeit für Freunde und trennte sich von seiner zweiten Frau, angeblich weil sie ihn zu viel kritisierte. Für seine Verdienste um die Textilwirtschaft erhob ihn König George III. 1786 in den Adelsstand, viele traditionell Gesinnte betrachteten ihn aber weiterhin als Emporkömmling. So behauptete eine Dame, er habe sich bei der Entgegennahme der Adelswürde nicht wie im Protokoll vorgesehen niedergekniet, sondern sei in einer komisch gekrümmten Haltung verharrt. Um sein soziales Prestige zum Ausdruck zu bringen, beauftragte er im gleichen Jahr einen renommierten Londoner Baumeister mit dem Bau des Anwesens Willersley Castle am Nordufer des Derwent. Es umfasste u.a. jeweils fünf Schlafzimmer und Weinkeller, ferner drei Bierkeller sowie eine Molkerei, eine Backstube und eine Brauerei. 1788 erwarb Arkwright in London ein Stadthaus in der Adam Street unweit der Themse. Da er um seine fehlende Bildung wusste, übte er jeden Tag jeweils eine Stunde lang Grammatik sowie Rechtschreibung und Schreibstil.

Einen Teil seiner Spinnereien übertrug Arkwright seinem einzigen Sohn Richard. Arkwright starb mit 59 Jahren, wahrscheinlich an Herzschwäche. Sein Begräbnis erfolgte in einer eigens dafür errichteten Kapelle in Cromford; zu diesem Anlass erschienen über 2000 Personen. Sein Wappen trug den Leitspruch: »Multa tuli fecique« (»Ich habe viel ertragen und viel erreicht«). Er hinterließ ein höchst beachtliches Vermögen von rund einer halben Million Pfund.

Carl Auer von Welsbach (1858-1929)

Auers Vater Alois ließ sich im oberösterreichischen Wels zum Buchdrucker ausbilden. 1841 übernahm er die Leitung der Wiener Hof- und Staatsdruckerei. Er modernisierte den Betrieb grundlegend, ließ eine Reihe von Werken in asiatischen Sprachen drucken und förderte neue Techniken wie die Galvanoplastik, den Farbensteindruck und die Fotografie. Damit begründete er eine weltweit bedeutende typografische Anstalt. 1849 heiratete er Therese Neuditschka, die Tochter eines Welser Kaufmanns. Die beiden zeugten die Kinder Leopoldine, Alois, Amalie und Carl. 1860 wurde Alois Auer in den Stand eines Ritters von Welsbach erhoben.

Carl Auer war elf Jahre alt, als sein Vater starb. Er besuchte ein Gymnasium, anschließend eine Realschule und diente dann als Einjährig-Freiwilliger beim Militär. 1878 schrieb er sich an der Universität Wien ein und studierte dort Chemie bei Adolf Lieben. In den Jahren 1880 bis 1882 setzte er seine Studien bei Liebens Lehrer Robert Wilhelm von Bunsen in Heidelberg fort und promovierte zum Doktor der Philosophie.

Auer spezialisierte sich schon früh auf das Studium der seltenen Erden, damals die Bezeichnung für Metalloxide, die in selten vorkommenden Mineralien enthalten waren. Sie wiesen ähnliche chemische Eigenschaften auf, was ihre Trennung im Labor bedeutend erschwerte. Auer zerlegte 1885 das Didym in seine Bestandteile, die er Praseodym und Neodym nannte, und fand so zwei neue chemische Elemente. Damit machte er sich einen Namen als Naturwissenschaftler. Alsbald ging er daran, seine Erkenntnisse für eine industrielle Nutzung umzusetzen. Dabei gelang ihm ein bedeutender Schritt hin zur modernen Lichttechnik. Bis ins 19. Jahrhundert überwog die Beleuchtung mittels natürlicher Flammen, z.B. mit Kienspänen, Kerzen und Öllampen. Ihre Leuchtkraft wurde durch Kohlenstoffteilchen hervorgerufen, die beim Brennvorgang ausgeschieden und in der Flamme auf Weißglut erhitzt wurden. Seit den 1820er-Jahren experimentierten viele Forscher mit künstlichen Flammen, wobei verschiedene anorganische Leuchtmassen z.B. aus Kalk oder Metalloxiden den Kohlenstoff in den Flammengasen ersetzten. Sie wurden als Inkandeszenz-Leuchten bezeichnet. Auer setzte diese Versuche fort und ließ sich 1885 Leuchtkörper patentieren, deren Licht auf einem Bunsenbrenner aus der Verbrennung von Magnesia sowie Seltenerden wie Lanthan-, Yttrium- und Zirkonoxid entstand. Um solche Lampen selbst zu produzieren, erwarb er eine chemisch-pharmazeutische Fabrik in Atzgersdorf bei Wien, wo er seltenerdhaltige Mineralien, z.B. Monazitsand aus Brasilien, aufarbeiten ließ. 1891 meldete Auer ferner ein Thorium-Cer-Gasglühlicht zum Patent an.

Die neuartigen Leuchtkörper stießen zunächst auf Bedenken, sie ergaben ein ungewohntes kalt-grünliches Licht und zerbrachen außerdem leicht. Als die Einführung von »Auerbrennern« in der Wiener Hofburg bevorstand, äußerte angeblich ein General, vom Kaiser dazu befragt, die Befürchtung, sie würden wohl den Einmarsch der Burgmusik nicht überstehen. Aber bereits nach einigen Jahren wurden Auers »Glühstrümpfe« ein enormer geschäftlicher Erfolg, wie einige Zahlen belegen. Bis Ende 1893 kamen allein in Deutschland über 500.000 solcher Brenner zum Einsatz, und in mehreren Ländern wurden Produktionsgesellschaften gegründet. Die österreichische und deutsche Auer-Gesellschaft erzeugten ca. 1500 Tonnen Thornitrat für 1,5 Milliarden Glühkörper. Weltweit wurden rund fünf Milliarden Glühkörper hergestellt, an denen mindestens 200 Milliarden Kubikmeter Gas verbrannt wurden. Insgesamt blieb das Gasglühlicht rund 40 Jahre lang konkurrenzfähig. Auer selbst befasste sich aber auch mit der Erzeugung elektrischer Glühlampen. Während Thomas Alva Edison die Kohlenfadenlampe entwickelt hatte, setzte er ab 1902 auf das hochschmelzende Metall Osmium für die Leuchtfäden. Für die Nutzung dieses Elements wie auch des Wolframs für Glühlampen erfand Auer den Markennamen »Osram«.

Zu den Substanzen, die in Atzgersdorf aus den Mineralien gewonnen wurden, zählte das Cer, das funkensprühende Eigenschaften aufweist. Für seine Anwendung in der Technik gab es kaum Vorbilder, am ehesten im Gebrauch der überkommenen Schlagfeuerzeuge aus Stahl und Feuerstein. Auer fand schließlich zu einer Legierung aus sieben Teilen Cer und drei Teilen Eisen, die er 1903 zum Patent anmeldete. Er wollte das Cereisen zur Zündung von Feuerzeugen, Gaszündern, Fahrrad-, Auto- und Grubenlampen sowie für Geschosse und Minen einsetzen. Zur Herstellung dieses »Auermetalls« gründete er 1907 die Chemischen Werke in Treibach (Kärnten). Einige Jahre zuvor hatte er in dieser von Wirtschaftskrisen heimgesuchten Gegend die stillgelegten Eisenwerke der Grafen Egger erworben und dort ein Forschungslabor errichtet. Bereits im Jahr nach der Gründung gelangten 800 Kilogramm Cereisen auf den Markt. Dieser Werkstoff kam letztendlich nur für Feuerzeuge zum Einsatz. Allein in Auers Todesjahr 1929 wurden ca. 100 Tonnen erzeugt, eine Menge für 500 Millionen Zündsteine, die wiederum für 500 Milliarden Zündungen ausreichten. Dies entsprach ca. sechs Milliarden Schachteln Zündhölzern. Damit wurde das Cereisen zu einem starken Konkurrenten für die Zündholzindustrie. Die Treibacher Fabrik lieferte bald auch andere Sonderlegierungen wie Ferrowolfram und radioaktive Präparate.

Auer war somit gleichermaßen Erfinder wie auch Industrieller und Naturwissenschaftler. Um die Jahrhundertwende, nachdem er sich bereits als erfolgreicher Fabrikant etabliert hatte, kehrte er wieder zur Forschung zurück und befasste sich mit der Analyse des Seltenerdmetalls Ytterbium. Erneut fand er darin zwei Elemente, doch kam ihm diesmal in der Publikation seiner Ergebnisse der französische Forscher Georges Urbain zuvor, was Auer sehr verstimmte. Die neuen Elemente erhielten die Bezeichnung Ytterbium und Lutetium. Zeit seines Lebens führte Auer chemische Analysen mit Vorliebe selbst durch, er baute sich die Apparaturen und blies auch viele Glasgefäße für chemische Untersuchungen. Das Studium der vorhandenen Forschungsliteratur war ihm weniger wichtig, aber immerhin erwarb er die reichhaltige Bibliothek seines akademischen Lehrers Bunsen und verwahrte sie in Treibach. Privat lebte er sehr zurückgezogen, für kulturelle Veranstaltungen oder öffentliche Gesellschaften brachte er kein Interesse auf. In späteren Jahren wurde Auer zunehmend schwerhörig und zog sich daraufhin noch mehr von den Menschen zurück. 1894 erwarb er von der Schauspielerin und Operettensängerin Marie Geistinger eine Villa beim alten Schloss Rastenfeld unweit von Treibach. Dort ließ er 1899 ein Schloss mit einem großen Labor errichten. Im gleichen Jahr heiratete er Marie Nimpfer, mit der er drei Söhne und eine Tochter hatte. Auer war ein begeisterter Jäger und Hundefreund, mit zunehmendem Alter beschränkte er sich auf den Fischfang und den Obstanbau. Außerdem zählte er zu den ersten Automobilbesitzern und Farbfotografen der Region.

Für seine Verdienste wurde Auer 1901 in den erblichen Freiherrenstand erhoben, als Wappenspruch wählte er »Plus lucis!« (mehr Licht). 1920 erhielt er den renommierten Werner-von-Siemens-Ring. Die Universitäten Graz und Freiburg im Breisgau sowie die Technischen Hochschulen Wien, Graz und Karlsruhe verliehen ihm Ehrendoktorate. Die Akademien der Wissenschaften in Wien, Berlin und Stockholm ernannten ihn zum Mitglied, die Deutsche Chemische Gesellschaft zum Ehrenmitglied, mehrere Gemeinden zum Ehrenbürger. Er starb in seinem Schloss Welsbach und wurde auf dem Friedhof in Wien-Hietzing begraben.

Charles Babbage (1791-1871)

Babbage wurde wahrscheinlich in London geboren, als eines der vier Kinder des Bankteilhabers Benjamin Babbage und seiner Frau Elisabeth Plumleigh Teape. Als Kind litt er öfters unter schwerem Fieber, seine Schulkarriere gestaltete sich daher etwas unregelmäßig: Er besuchte Schulen in Exeter, Enfield, Cambridge und Totnes und wurde auch privat unterrichtet. Seine Mutter ging mit dem Jungen oft in Maschinenausstellungen. Schon früh interessierte er sich für Mathematik und studierte u.a. die anspruchsvollen Werke von Leonhard Euler und Gottfried Wilhelm Leibniz.