Andy Claus

Kristallseele

Roman

Infos zu Andy Claus sind zu finden unter:

www.andy-claus.de

Weitere Romane:

Masken aus Glas ISBN 978-3-934825-14-7

Herbstgewitter ISBN 978-3-934825-20-8

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Kurzgeschichten:

Gay Universum 1 ISBN 978-3-934825-37-6

Gay Universum 2, ISBN 978-3-934825-44-4

Himmelstürmer Verlag, part of Production House GmbH

Kirchenweg 12, 20099 Hamburg

E-mail: info@himmelstuermer-verlag.de

www.himmelstuermer.de

Foto: Anja Müller, Berlin,

Rückseite, Stadtmotiv: © Misha Shiyanov - FOTOLIA

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer, AGD, Hamburg.

Originalausgabe, Oktober 2006

Digitale Ausgabe Frühjahr 2013

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

Printed in Czech. Rep.

ISBN print: 978-3-934825-63-5

ISBN e pub: 978-3-86361-308-2

ISBN pdf: 978-3-86361-309-9

I.

Eins

Es war ein Nachmittag Mitte Dezember 2005. Der vollkommen schwarz gekleidete Mann kam in den Speiseraum des Kölner Obdachlosenasyls und wuchtete einen Koffer vor sich auf den Tisch. Er entledigte sich des langen Ledermantels, zupfte sich die Rüschen seines Hemdes zurecht und warf die bis zum halben Rücken reichenden, glatten schwarzen Haare zurück. Er war blass geschminkt, Kajal umrandete seine ausdrucksstarken dunklen Augen, er trug Piercings an Nase, Augenbrauen, Unterlippe und Ohren und sehr viel Silberschmuck. Er räusperte sich, um Aufmerksamkeit zu erlangen, die er aufgrund seines Aussehens allerdings schon hatte.

„Jeder, der Geld braucht, kommt zu mir!“

Mit seinen schmalen Händen öffnete er den Koffer. Er war gefüllt mit Banknoten. Das Klappern des Bestecks wurde leiser und verebbte schließlich ganz, man betrachtete ihn erstaunt und auf eine Weise, wie man wohl einen bauchtanzenden Schimpansen in Reizwäsche angeschaut hätte. Keiner stand auf, niemand sagte einen Ton.

„Hey, wollt ihr sagen, ihr habt genug Kohle? Kommt schon, ziert euch nicht!“

Zögernd stand einer der anwesenden Männer auf. Er trug einen roten, verfilzten Vollbart, seine Kleidung war abgenutzt, teilweise löchrig und schmutzig und sein Gesicht vom Alkohol aufgedunsen. Mit unsicheren Schritten kam er zum Tisch. Er streckte dem Schwarzgekleideten die Hand mit den langen, schmutzgeränderten Nägeln entgegen und dieser drückte ihm ein Bündel Fünfzigeuroscheine hinein. Ungläubig und mit offenem Mund schaute er auf das Geld, stammelte ein heiseres ‚Danke’ und zog sich wieder auf seinen Platz zurück. Das wirkte wie ein Startschuss. Im nächsten Moment schon drängten sich die anderen um den Gönner und jeder nahm Geld entgegen. Fragen nach dem ‚Warum’ beantwortete der Mann nicht und auf scheue oder ausdrückliche Danksagungen reagierte er fast gekränkt.

„Ihr braucht euch nicht zu bedanken. Es steht euch zu! Nehmt es als euer Weihnachtsgeschenk.“

Einige der Anwesenden machten sich aus dem Staub, als befürchteten sie, dass jemand einen Grund finden könnte, ihnen das unverhoffte Geldgeschenk wieder abzunehmen. Andere setzten sich und begannen, die Scheine zu zählen. Letztendlich hatte jeder Geld bekommen. Der Mann schloss den Koffer, er war noch nicht leer. Er verabschiedete sich, zog hektisch seinen Mantel an, nahm den Koffer und ging ebenso schnell wieder hinaus, wie er gekommen war. Auf seinem Gesicht stand ein befriedigtes, aber auch gehetztes Lächeln.

Er machte sich auf den Weg zum Bahnhof und überlegte gerade, ob er vorher noch einmal zur Bank gehen sollte, um mehr Geld zu holen, als zwei junge Männer aus einer Seitenstraße auf ihn zu sprangen. Er bekam einen Fausthieb ins Gesicht und sah kurz ein Messer aufblitzen. Im nächsten Augenblick spürte er einen heißen Schmerz im seitlichen Bauch und taumelte rückwärts. Er prallte gegen eine Hauswand, der Koffer wurde ihm entrissen und ein weiterer Schlag ließ ihn zu Boden gehen. Er hatte noch erkennen können, dass beide Männer im Asyl bereits Geld von ihm erhalten hatten, dann wurde er bewusstlos.

Zwei

„Sie sind heute spät dran. Vergessen Sie bitte den Termin um halb zwölf nicht, Herr Doktor!“

„Keine Angst. Termine sind mein Leben und ich werde doch mein Leben nicht vergessen!“, antwortete der Arzt ironisch.

Im Vorbeigehen schnappte sich der vierzigjährige Psychiater Kevin Friedmann den ihm von seiner Sekretärin gereichten Kuli und leistete ein paar Unterschriften. Dann ging er weiter in sein Büro. Er zog sich um, ärgerte sich mal wieder über die Steifheit des blütenweißen Kittels, stieg in die dazu gehörende Hose und setzte sich hinter seinen großen, modernen Schreibtisch aus Glas und Messing. Missmutig schlug er sein Terminbuch auf, drückte dabei auf den Knopf der Gegensprechanlage und brummte mürrisch ‚Kaffee!’

Er wollte den Tagesplan durchschauen, aber seine Gedanken schweiften ab. Gestern Abend war er heftig versackt. Er war heute Morgen in voller Montur in seinem Bett aufgewacht, weil seine Krawatte ihn gewürgt hatte, als er sich umdrehen wollte. Sein heutiges Frühstück hatte aus Aspirin bestanden. Er trank normalerweise nie, aber gestern hatte er eine Auszeit gebraucht.

Stress und Druck gehörten ansonsten zu seinem Leben, eigentlich konnte er damit umgehen. Aber seit der Trennung von seinem Lebensgefährten Leo vor vier Monaten hatte er überhaupt keinen Ausgleich mehr. Und so suchte er sich im Alkohol ein Ventil, was so schnell nicht noch mal passieren würde, das schwor er sich spätestens jetzt.

Sein Exfreund Leo hatte ihm während ihrer dreijährigen Beziehung ein Ultimatum nach dem anderen gestellt, wollte erreichen, dass Kevin weniger arbeitete und mehr Zeit mit ihm verbrachte. Für diesen war das jedoch undenkbar. Den Oberarztposten in einer solch erstklassigen Privatklinik bekam man nicht auf einem silbernen Tablett serviert. Und so gab Leo irgendwann auf, er war eines Tages einfach nicht mehr da, als Kevin spät abends aus der Klinik kam. Er wusste bis heute noch nicht, wo sein Freund abgeblieben war, hatte noch nicht wieder mit ihm gesprochen. Er bemühte sich jedoch auch nicht darum, schließlich war Leo nicht die erste Verbindung, die scheiterte und er wusste aus Erfahrung, selbst wenn er ihn zurückholen konnte, aufgewärmte Liebe schmeckte fad.

Trotzdem hatte sich etwas geändert. Während ihm die Arbeit immer wichtiger als seine Beziehungen war, nervte sie ihn jetzt, wo er einen weiteren Partner verloren hatte. Es war seltsam, zum ersten Mal bemerkte er selbst, dass sein Leben ihm schon lange entglitten war. Es bestand nicht mehr aus seinen eigenen Wünschen und Hoffnungen, sondern aus den Besessenheiten der High Society. Egal ob Depressionen, Drogenmissbrauch, Sex-, Mager- oder Alkoholsucht, die psychiatrische Privatklinik kümmerte sich um alle, die über das nötige Kleingeld verfügten.

Der Gedanke an egozentrische Ehefrauen oder Teenager des Geldadels, die über soviel Barvermögen verfügten, dass genau das sie deprimierte, und sich dann hier das angefressene Gemüt pflegen zu lassen, widerte Kevin von Tag zu Tag mehr an. Das hatte er sich tatsächlich nicht unter seiner Berufung zum Arzt vorgestellt. Eigentlich wollte er Menschen helfen, denen es nicht gut ging und die ohne eigenes Zutun litten. Deshalb war er Arzt geworden und aus dem Grund sagte er auch freudig zu, als Chefarzt Professor Heinrichs ihm von der Uni weg zuerst eine Stelle als Assistenzarzt in der Privatpsychiatrie Blumenthal anbot, und ihn dann später dort als Oberarzt verpflichtete. Aber statt interessanter Fälle behandelte er tagtäglich selbstverschuldete Seelenfürze und die körperlichen Konsequenzen einer abgestumpften Übersättigung.

Seine Sekretärin brachte den Kaffee und einige Papiere, er bedankte sich geistesabwesend und versuchte, sich zu sammeln. Der Termin um halb zwölf ... wer war das doch gleich? Ein Fabrikantenehepaar aus Düsseldorf, die aufgeführten Informationen waren eher dürftig. Es ging um ihren Sohn John, der an einer bipolaren affektiven Störung litt.

Kevin warf unwillig den Kuli auf den Tisch, stand auf und ging nach nebenan in seinen privaten Waschraum. Er warf sich ein paar Hände voll kaltem Wasser ins Gesicht und starrte sein Spiegelbild an. Der Blick seiner intensiv blauen Augen war desillusioniert, das fein geschnittene Gesicht mit der schmalen, geraden Nase wirkte hart, was vor allem vom herben Zug um seinen Mund ausging. War er wirklich so viel anders als all die Patienten, die er tagtäglich behandelte? Er verdiente gut, hatte jedoch seine Gefühle immer wieder dem Wohlstand geopfert und jede Stunde seines Tages einem emotional verfaulten Vakuum geweiht. Er fühlte sich einsam, wollte die Arbeit vernachlässigen und hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Er forderte sich und ging täglich über seine Grenzen hinaus, allmählich spürte er seine ungesunde Lebensweise. Er war ausgebrannt, gleichgültig und unzufrieden, machte sogar Fehler, weil ihm die Konzentration fehlte.

War nicht auch seine Situation hausgemacht und selbstverschuldet? Niemand hatte ihn gezwungen, seine Prioritäten auf diese Weise zu setzen. Genauso wenig half ihm jetzt jemand, mit seinen Entscheidungen zu leben. Hieß es nicht, mit vierzig sollte man seinen Platz im Leben gefunden haben, sonst fand man ihn nie mehr? Wenn das stimmte, hatte er den Zug des Seelenfriedens gründlich verpasst und war stattdessen mit der U-Bahn der Frustration unterwegs. Aber er machte sich nichts vor, selbst wenn sich eine Chance anböte, würde er die Klinik nicht verlassen. So unglücklich er auch war, er sah keinen anderen Weg für sich. Kevin trocknete sein Gesicht und kämmte die nackenlangen, dunkelblonden Haare zurück. Er grinste sein Spiegelbild dabei freudlos an. Seine Frisur, immer etwas widerspenstig wirkend, war seit der Studentenzeit zu seinem einzigen Protest gegen das Establishment verkommen.

Er schaute auf die Uhr. In einer Viertelstunde war es halb zwölf, nach dem Termin musste er die Visite machen, die viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Anders als in gewöhnlichen Kliniken nahm man sich hier in Blumenthal Zeit für die Patienten. Danach gab es eine Therapiesitzung, an die sich eine Besprechung anschloss, in der es um Sponsorengelder und die Anschaffung medizinischer Geräte ging. Kevin wusste, die Unterredung mit dem Chefarzt würde nur darauf hinauslaufen, dass er erfuhr, wem er besonders in den Arsch zu kriechen hatte und er wünschte sich, der Tag wäre schon vorbei. Zu Hause in seiner großen Mietwohnung wartete dann zwar nur ein Tiefkühlgericht auf ihn, aber immerhin auch etwas Ruhe. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch, nahm eine Akte und schlug sie auf. Aber sein Blick blieb leer, er las nicht, sondern starrte nur auf die Seiten. Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Urlaub, das war es. Er brauchte dringend Urlaub!

Die Minuten tropften dahin, bis ihm seine Sekretärin endlich die Besucher ankündigte, auf die er wartete. Er setzte seine lang trainierte, seriös joviale Miene auf und kam dem Ehepaar Lorenz mit ausgestreckter Hand beschwingt entgegen. Einige Worte des Willkommens folgten. Schließlich ging er hinter seinen Schreibtisch zurück und sagte:

„Bitte nehmen Sie doch Platz! Was kann ich für Sie tun?“

Erst als sie sich gegenüber saßen, erlaubte sich Kevin einen intensiveren Blick. Im ersten Moment der Begrüßung wirkte das teuer gekleidete Paar autoritär und vornehm distanziert, nun fiel ihm auf, dass zumindest die Frau darüber hinaus ziemlich erschöpft und hilfesuchend aussah. Sie waren beide um die sechzig und keiner von ihnen begann das Gespräch. Kevin bot Kaffee an und ebnete dann den Weg aus dem Schweigen.

„Wie ich aus den Unterlagen sehe, geht es um ihren Sohn John.“

Die Frau nickte, der Mann atmete tief durch und es fiel ihm sichtlich schwer, mit dem Reden zu beginnen.

„John war schon immer ... eigenartig. An einem Tag, wie sagt man? Himmelhoch jauchzend, am nächsten zu Tode betrübt. Er hat vieles begeistert angefangen, aber nichts zu Ende gebracht. Sein Leben besteht aus absurden Verschwörungstheorien und dem Drang, die Welt zu verbessern. Wir haben alles versucht, aber es stellte sich irgendwann immer als falscher Weg heraus. Nun wäre er fast gestorben und so schwer es uns auch fällt, er braucht Betreuung rund um die Uhr, auch gegen seinen Willen.“

„War es ein Suizidversuch?“

„Nein, er wurde überfallen. Er war nicht depressiv, im Gegenteil. Er hatte den Entschluss gefasst, Kölns Obdachlosen ein schönes Weihnachtsfest zu ermöglichen. Dabei hat er sein Geld verschenkt. Er wurde überfallen, um ihm den Koffer zu rauben.“

Kevin schaute irritiert.

„Sie meinen, er ist mit einem Koffer voll Geld losgezogen und hat es verteilt?“

„Genau das.“

„Wer hat die Diagnose der bipolaren affektiven Störung gestellt?“

„Das waren verschiedene Ärzte. Er ließ sich, wenn überhaupt, nur in depressiven Zeiten überreden, einen Psychiater aufzusuchen. Aber er hat alle Behandlungen einfach abgebrochen, sobald er von einer depressiven wieder in eine manische Phase wechselte. Nur deshalb spreche ich von einer Zwangseinweisung, er muss vor sich selbst geschützt werden. Er versuchte schon immer, Ungerechtigkeiten auszubügeln und das auf eigene Kosten. Er hat einmal ein fünfstöckiges Haus als Unterkunft gemietet, Obdachlose bekamen unentgeltlich Kost und Logis. Ein anderes Mal gründete er eine Firma, in die er nur sozial Schwache einstellte. Sie können sich vorstellen, dass es immer finanzielle Desaster waren.“

„Womit verdient Ihr Sohn denn sein Geld?“

„Er ist Fotograf, hat manchmal Ausstellungen. In seinen Bildern fängt er das menschliche Elend in aller Welt ein, er reist viel und es gab eine Zeit, in der seine Bilder teuer gehandelt wurden. Inzwischen wollen die Menschen lieber etwas Positives sehen, kein Leid. Es gibt zu viel davon. Deshalb lebt er von unseren monatlichen Zuwendungen und verfügt außerdem über das Erbteil seines Großvaters, das in verschiedene Unternehmen investiert wurde. Was er mit den Gewinnen daraus und unserem Unterhalt macht, ist seine Sache. Es geschieht selten, dass er über seine eigenen, finanziellen Mittel hinausgeht, auch wenn die Gefahr natürlich immer besteht.“

„Das heißt, Sie leben in der Unsicherheit, durch seine Transaktionen in eine finanzielle Haftung genommen zu werden?“

„Das spielt natürlich eine Rolle!“

„Er geht also in letzter Konsequenz um eine Entmündigung?“

„Nein ... Sie verstehen mich nicht. Es geht uns erst nachfolgend darum, zu verhindern, dass er Geld in den Sand setzt. Was uns in erster Linie zusetzt, ist die Angst, dass ihm etwas zustößt. Er nimmt nicht die geringste Rücksicht auf sich selbst und schließlich weiß niemand, was er sich noch alles einfallen lässt.“

Bisher hatte nur der Vater geredet, jetzt räusperte sich die Frau, ihre Stimme war belegt, während sie sagte:

„Johnny ist ein guter Junge, aber er ist wirklich unberechenbar!“

„Wo befindet er sich im Moment?“

„Er liegt nach der Messerattacke noch in der Klinik. Aber er ist auf dem Weg der Besserung und wir rechnen eigentlich jeden Tag damit, dass er von dort verschwindet. Manchmal ist er wochenlang nicht auffindbar. Das muss verhindert werden. Deshalb die Frage haben Sie hier eine geschlossene Abteilung? Können Sie zusichern, dass er nicht fliehen kann?“, übernahm jetzt der Vater wieder.

„Natürlich haben wir eine Geschlossene. Eine sichere Überführung können wir ebenfalls gewährleisten. In welcher Phase befindet er sich denn im Moment?“

„Komischerweise fühlt er sich durch den Angriff auf sein Leben bestätigt, er ist noch immer manisch und spricht davon, weiter zu machen, sobald er entlassen wird. Aber das kann sich durch eine Kleinigkeit von einer Stunde auf die andere ändern und er fällt wieder ins Bodenlose, fühlt sich als Versager und denkt an Selbstmord.“

„Gab es bereits Suizidversuche?“

„Ja, einmal mit Tabletten. Aber das ist schon über zehn Jahre her.“

„Nimmt er Drogen?“

„Unseres Wissens nicht. Die dahingehenden Tests in der Klinik waren negativ.“

„Liegt bereits eine Einweisungsverfügung des Amtsgerichtes vor?“

„Ja, wir haben alles hier!“

Kevin nahm die Papiere entgegen und sie sprachen den weiteren Verlauf ab. Dann verabschiedete sich das Ehepaar Lorenz. Im Anschluss daran beschäftigte sich Kevin noch eine Weile mit den Unterlagen und leitete alles Nötige in die Wege. Er musste zugeben, dass er neugierig auf John Lorenz war.

Drei

Johnny spürte immer noch diese unbezwingbare Unruhe in sich. Sein Denken wurde von Chaos, Rastlosigkeit und Euphorie beherrscht. Er hatte zwar immer die Erfahrung gemacht, dass auch die Umsetzung seiner Pläne ihn niemals zufrieden machte und er sich jedes Mal später wie ein Versager gefühlt hatte, trotzdem glaubte er auch jetzt wieder daran, dass er diesmal den richtigen Entschluss gefasst hatte. Seit es ihm besser ging, schmiedete er Pläne, was er tun wollte, sobald er die Klinik verlassen konnte. Und das würde bald sein, egal was die Ärzte sagten. Seine Eltern hatten ihm das Versprechen abgenommen, dass er blieb, aber darauf konnte er genauso wenig Rücksicht nehmen. Sie wussten ja nicht, wie es in ihm aussah, das hatten sie nie gewusst. Sie verlangten etwas Unmögliches.

Er empfand keinen Groll auf die Männer, die ihm das angetan hatten. Er hatte auch keine Angst. Der Angriff war für ihn sogar die Bestätigung dafür, dass diese Menschen mit dem Rücken zur Wand standen. Sie wollten so etwas nicht wirklich tun, aber ihre Not diktierte es ihnen. Er musste also an die Wurzeln ihres Elends, um etwas zu ändern.

Er hatte viel Zeit gehabt, ein neues Konzept auszuarbeiten, wie er den Benachteiligten der von ihm so ungeliebten Gesellschaft helfen konnte und wenn er das nicht bald umsetzte, war es unter Umständen zu spät dafür. Dabei kam er zu dem Schluss, dass er das Schicksal der Menschen bisher nur gelindert, nicht aber geändert hatte. Er war nun sicher, die falschen Wege gegangen zu sein, weil er den Falschen half. Denn in den Familien der Armen wuchs die nächste Generation bereits nach. Und genau dort musste er ansetzen. Er musste etwas für die Kinder tun.

Johnny war sicher, es könnte in der Welt anders laufen, wenn die Macht des Geldes gebrochen würde. Ihm selbst bedeutete es nichts, wenn er nicht damit erreichen konnte, etwas für andere zu tun. Das gab ihm den nötigen Ausgleich dafür, dass er zu den Menschen gehörte, die keine Geldsorgen hatten.

Überall sah er die gleichen Muster, die Mechanismen der Gesellschaft in der ganzen Welt bauten darauf auf, dass es Verlierer geben musste. Ohne diese funktionierte das Prinzip Macht nicht und das war ein Kreislauf, den Johnny durchbrechen wollte. Den verlorenen Posten, auf dem er dabei stand, wollte er nicht sehen.

Die Schmerzen waren bereits einige Tage lang erträglich. Der Messerstich hatte keine lebenswichtigen Organe verletzt und die Wunde war so gut wie verheilt. Auch die Spuren der Schlägerei hatten sich inzwischen zurückgebildet. Johnny nahm sich vor, die Klinik am nächsten Morgen heimlich zu verlassen.

Vier

Kevin kam erst gegen einundzwanzig Uhr in seiner Wohnung an. Er war hungrig und müde, aber gleichzeitig deprimierte ihn die Aussicht, etwas zu essen und die paar Minuten bis zum Einschlafen in den Fernseher zu starren. Es wurde tatsächlich wieder Zeit, dass er etwas von seinem früheren Leben wieder entdeckte. Wenn er nicht bald mal was anderes sah als die Klinik und seine Fünfzimmerwohnung im Herzen von Köln, würde er selbst noch depressiv werden.

So benutzte er nicht die Mikrowelle, um sich Essen zuzubereiten, sondern die Espressomaschine für einen Wachmacher. Er trank das starke Gebräu, ging unter die Dusche und zog sich wieder an, diesmal jedoch freizeitmäßig. Ganz war seine Müdigkeit noch nicht verschwunden, aber er war fest entschlossen, sich davon nicht irritieren zu lassen.

Er stieg in seinen geleasten Mercedes-Benz SLK und fuhr zur Faun Sauna in der Kölner Händelstraße. Er wusste, jeden zweiten Donnerstag im Monat war ‚Bärentag’ und das war genau das, was er heute brauchte. Als er ankam, trank er einen weiteren Kaffee und aß einen Snack, bevor er sich in die finnische Trockensauna begab. Er spürte die ganze Zeit die unterschwellige Geilheit, wollte ihr jedoch noch nicht nachgeben. Er hatte jetzt monatelang nur Sex mit seiner Rechten gehabt, deshalb kam es auf ein paar Minuten nun auch nicht mehr an. Deshalb ließ er sich nach der Abkühlung im Tauchbecken erst einmal ausgiebig massieren. Danach war jedoch alles zu spät, zwischen seinen Ohren gab es nur noch ein hormonell betanktes Triebwerk und die emporragende Gangschaltung unter der Karosserie seines Handtuchs hatte Signalcharakter. Ihm war schon dreimal ein Kerl über den Weg gelaufen, der ihn interessierte. Ein vollbärtiges, behaartes Raubein, das eine Menge Kraft und Spaß versprach, allerdings fand er ihn nun, wo es drauf ankam, nicht mehr.

Er verschwand in den unterirdischen Cruising Katakomben. Ein junger Typ folgte ihm, aber er war so fixiert darauf, seinen Bären zu finden, dass er ihn einfach übersah. Das blieb jedoch nicht lange so. Der Junge ließ sich nicht abwimmeln und in einem günstigen Moment, Kevin schaute sich gerade um und stand mit dem Rücken zur Wand, ging er einfach vor ihm auf die Knie, zog das Handtuch weg und Kevin spürte die weiche Wärme seines Mundes schon im nächsten Moment. Wer brauchte Bären?

Später genehmigte Kevin sich einen weiteren Snack und ging als krönenden Abschluss in den Darkroom. Er war nicht überrascht von seiner nahezu unersättlichen Leistungsfähigkeit, befand sich in einer Art Rauschzustand und machte sich erst auf den Heimweg, als absolut nichts mehr ging. Mit zwei Telefonnummern, einer Verabredung für den Samstag, die er sowieso nicht einhalten würde und dem Gefühl, sich gründlich ausschlafen zu müssen, fuhr er heim.

Er war trotzdem nicht müde genug, um die Leere seiner Wohnung nicht zu bemerken. Allerdings war sie weitaus besser zu ertragen als sonst.

Fünf

Johnny erwachte gegen fünf Uhr am Morgen. Heute war der Tag, an dem er sich selbst entlassen würde. Es war sinnvoll, dass er sich fertig machte, solange ringsherum noch alles ruhig war. Die Putzkolonne kam sowieso erst gegen acht in sein Einzelzimmer auf der Privatstation, bis dahin hatte er sich längst aus dem Staub gemacht.

Sein blutiges, zerrissenes Outfit war entsorgt worden, nur der lange Ledermantel hing noch im Schrank und die Stiefel mit den silberfarbenen Beschlägen standen darunter. Er trug einen der schwarzen Jogginganzüge, die seine Eltern ihm aus der Wohnung geholt hatten und wusste, den musste er in Ermangelung normaler Kleidung anbehalten. Er dachte kurz an seine Mutter. Sie hatte ihm zuerst drei neue Sportanzüge in hellem, frischem Design gekauft, aber er hatte nur mitleidig den Kopf geschüttelt. Wie konnte sie annehmen, dass er so etwas anzog? Kannte sie ihn denn gar nicht? Er hatte eine Menge Klamotten, trug seit seiner Jugend von der Unterwäsche über die Socken bis zum Mantel schwarz, deshalb sah alles irgendwie gleich aus, allein aufgrund der Farbe, die keine war. Das hätte sie eigentlich inzwischen wissen müssen.

Er ging ins Bad. Sein ohnehin blasses Gesicht unter den langen, glatten, naturschwarzen Haaren musste nicht geschminkt werden. Einen Kajalstift allerdings hätte er gerne gehabt. Außerdem fühlte er sich nackt. Er zog eine Schublade auf und begann, sich mit seinen Piercings auszustatten und den Schmuck überzustreifen. Wenigstens das, wenn er sich schon nicht schminken konnte und im Sportdress nach draußen musste.

Dann machte er sich auf den Weg und versuchte, dabei so selbstverständlich wie möglich zu wirken. Er grüßte die Schwestern, lächelte ungezwungen und lief die Treppen hinunter, anstatt auf den Lift zu warten. Er wusste nicht, dass das Personal darauf vorbereitet war, seine eventuelle Flucht zu verhindern und bekam auch nicht mit, dass die Stationsschwester sofort ans Telefon ging und Meldung machte, nachdem er vorbeigegangen war. In der Klinik hatte man gehofft, es würde nicht soweit kommen, dass er aufgehalten werden musste, gerüstet war man trotzdem. Als er im Eingangsbereich an der Aufnahme vorbei schlich, kamen zwei Krankenpfleger aus Richtung der Notfallstation. Noch bevor er die Tür nach draußen erreicht hatte, erreichten sie ihn und griffen gleichzeitig nach seinen Armen.

„Hey, was soll das?“, rief er aus und versuchte, sich zu befreien. Er hatte keine Chance gegen die Kraft der beiden Männer.

„Sie sollten nicht gehen!“

„Ich gehe, wann es mir passt.“

„Kommen Sie mit, die Klinik verlassen können Sie später immer noch.“

Johnny spürte den Schmerz in seiner Seite, als die Wunde während der Gegenwehr wieder aufbrach. Zwangsläufig musste er sich abführen lassen und fand sich kurze Zeit später in seinem Zimmer im zweiten Stock wieder. Die Männer blieben bei ihm, sie standen in der Nähe der Tür, während sie alle auf etwas warteten, von dem Johnny nicht wusste, was es war. Die Wegnahme der Selbstbestimmung als sei er ein unmündiges Kind hatte ihn mehr verletzt, als er vor sich selbst zugeben wollte. In seinem Inneren formierten sich Gewitterwolken, die sich über seine Seele und Gemüt senkten. Er spürte, dass ihn noch während seines aussichtslosen Streitgespräches mit den Pflegern die Kraft verließ. Er kannte die Anzeichen und kämpfte dagegen an. Aufgeben kam nicht in Frage.

Er setzte sich auf die Bettkante, wirkte abwartend und ruhig und wollte seine zwei Bewacher in Sicherheit wiegen und überraschen. Nach einigen Minuten sprang er auf, rannte im Zickzack durchs Zimmer und kam tatsächlich an den beiden vorbei. Er hatte den Türgriff schon in der Hand, als sie ihn erreichten. Das Zimmer war zum Gelingen dieser Aktion einfach nicht geräumig genug. Diesmal griffen sie noch härter zu, rissen ihn zurück. Er versuchte, um sich zu schlagen und zu treten, bis einer der Pfleger ihm den Arm auf den Rücken drehte. Das war der Moment, in dem Johnny in sich zusammensackte wie eine Gliederpuppe. Schwer hing er im Griff der beiden Männer, die ihn zum Bett zurück brachten. Es war, als sei die Entschlossenheit, die er für sein Vorhaben aufgebracht hatte, unter ihm weggebrochen wie spröder Fels.

Er blieb auf dem Bett liegen und spürte, wie der Schmerz langsam verging. Gleichzeitig begriff er nicht, was hier geschah. Noch niemals war er derart massiv an etwas gehindert worden. Hatten sie überhaupt das Recht dazu? Er hatte schon immer endlose Diskussionen mit Ärzten, seinen Eltern und auch anderen Menschen geführt, in letzter Konsequenz jedoch immer das durchgesetzt, was er wollte. Die einzigen Grenzen setzte er sich selbst, nur seine Krankheit hatte ihn bisher stoppen können. Er verstand die Welt nicht mehr und langsam formierte sich die Antwort auf all das in seinem Kopf. Egal, was er tat, egal, was er anstrebte ... er würde immer jemand bleiben, der Visionen von einer besseren Welt hatte, sie jedoch nicht umsetzen konnte. Er war nichts weiter als eine lächerliche Marionette seiner eigenen melodramatischen Sehnsüchte nach Fairness.

Johnny spürte Ekel vor sich selbst aufsteigen, unbewusst verzog er das Gesicht. Das Wort ‚Versager’ begann in seinem Geist zu rotieren, bis es sein Denken komplett ausfüllte. Der Unternehmungsgeist, der ihn noch vor ein paar Minuten antrieb, hatte sich ins Gegenteil verkehrt und lähmte ihn.

Er verlor ein wenig die Beziehung zurzeit und konnte deshalb nicht abschätzen, wie lange es gedauert hatte, bis seine Eltern und ein Arzt das Zimmer betraten. Es war ihm auch egal. Es gab nichts für ihn zu tun, denn er würde sowieso scheitern. Deshalb zog er sich in sich selbst zurück und die an ihn gerichteten Worte erreichten ihn nur noch vom Klang, nicht jedoch vom Inhalt her. Sein Gesicht war maskenhaft, der Blick hatte jede Lebendigkeit verloren. Die großen, beinahe schwarzen Augen wirkten stumpf, nichts in ihnen ließ erkennen, ob er seine Umgebung überhaupt wahrnahm. Auch, als sie seine Wunde neu verbanden, reagierte er kaum und als sie ihn dann später wegbrachten, ließ er sich abführen wie ein Mann auf dem Weg zum Schafott.

Sechs

Kevin fühlte sich noch ziemlich geschlaucht, als er am nächsten Morgen erwachte. Trotzdem hatte sich seine Stimmung merklich aufgehellt. Es war erstaunlich, welch stimulierende Wirkung ein bisschen sexuelle Entspannung hatte. Genau genommen war es sogar entspannender gewesen als der Sex, den er zuletzt mit Leo hatte. Er würde nicht wieder soviel Zeit vergehen lassen, bis er sich erneut in die Szene stürzte, schließlich musste er niemandem mehr fragen.

Bis er in der Klinik ankam, dachte er nicht über den bevorstehenden Arbeitstag nach. Dann fiel ihm ein, dass heute John Lorenz zwangsweise einchecken würde. Und wieder bemerkte er seine Neugier. Er hatte schon vieles gesehen. Exemplarischer Egoismus, Selbstmitleid und nervtötender Narzissmus gehörten zur Tagesordnung. Jemand, zu dessen Krankheitssymptomen Menschenfreundlichkeit gehörte, war ihm jedoch bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Er war gespannt auf den Neuzugang.

Nach der Visite machte er sich auf den Weg in die geschlossene Abteilung der Blumenthal Klinik. Im Moment gab es dort nur drei Patienten. Die alkoholabhängige Frau eines Industriellen und eine fünfzehnjährige Nymphomanin, deren Familie guter Hoffnung war, die Zwangshandlungen der Tochter seien therapierbar. Der dritte im Bunde war John, der Wohltäter. Die beiden anderen waren nicht Kevins Patienten, deshalb konnte er gleich zu Johnny Lorenz gehen. Er schaute durch die große Glastür in das freundliche, hell eingerichtete Krankenzimmer und sein Blick fiel auf ein schwarzes, in sich gesunkenes Geschöpf, das im Schneidersitz und mit gesenktem Kopf auf dem Bett hockte. Er wusste, Johnny war sechsunddreißig, aber der Gruftie mit den langen, schwarzen Haaren, die teilweise sein Gesicht verhüllten, wirkte ungleich jünger. Lag das vielleicht daran, dass man in diesem Alter eigentlich über derlei Selbstinszenierung hinaus sein sollte?

Kevin zögerte die Tür zu öffnen, die von innen keine Klinke, sondern nur ein verdecktes Schlüsselloch hatte. Irgendwie war er gefangen von dem Bild, das sich ihm bot. Johnny sah aus wie ein Splitter im Fleisch der Normalität. Alles im Zimmer war gefällig und vermittelte Ruhe und Ausgeglichenheit, Johnny hingegen wirkte wie von einem irren Künstler hineingemalt. Kevin griff nach der Klinke und Johnny hob langsam den Kopf, schaute zur Tür. Die Haare fielen zurück und enthüllten ein schönes Gesicht, blass, ratlos, aber ausdrucksstark. Rätselhaft wirkten die desinteressiert Richtung Tür blickenden Augen, die für ihn kein Ausgang war. Es kostete Kevin Überwindung, ins Zimmer zu gehen, nur langsam rief er sich ins Gedächtnis, dass er als Arzt seinen Job machen musste.

Wenig später stand er vor dem Bett, auf dem Johnny saß. Dieser hatte seinen Blick wieder gesenkt, wie ein Vorhang verbargen die Haare sein Gesicht. Kevin räusperte sich und seine Stimme kam ihm seltsam hohl vor, als er sagte:

„Herr Lorenz? Ich bin Ihr Arzt, Dr. Friedmann!“

Er glaubte, er hätte noch nie etwas Banaleres ausgesprochen und war eigentlich überrascht, dass Johnny nach kurzem Zögern antwortete:

„Ich brauche Sie nicht! Lassen Sie mich allein!“

„Wir müssen uns unterhalten.“

Schweigen.

Kevin fühlte sich überflüssig und als unwillkommener Eindringling in eine ihm fremde Welt. Er wurde unsicher, so etwas hatte er in Gegenwart eines Patienten noch nie empfunden.

„Sie wollen also jetzt allein sein? Soll ich morgen wiederkommen?“

Kevin trat von einem Fuß auf den anderen, seine Stimme vibrierte. Er hasste sich dafür, aber er konnte nichts daran ändern.

„Meinetwegen brauchen Sie nicht wiederkommen. Mir kann sowieso niemand helfen.“

Wieder hob Johnny den Kopf. Malerisch fielen die Haare zurück und Kevin hätte sie ihm in diesem Moment am liebsten abgeschnitten. Was verwirrte ihn bloß so? Johnnys Miene war starr, er sprach noch leiser, als er fortfuhr:

„Geben Sie sich keine Mühe, Interesse zu heucheln. Ich falle nicht darauf herein. Sie können Ihre unsinnige Arbeit machen oder mich in Ruhe lassen, für beides kassieren Sie das gleiche Geld. Also gehen sie. Ist zweckmäßiger für uns beide.“

Johnny sah zu ihm auf und Kevin fühlte sich wie geohrfeigt. Er sah in das seelenwunde Gesicht und glaubte sich plötzlich schuldig. Gleichzeitig wehrte er sich dagegen. Was war los? Hatte ihn der vorhergehende Abend in der Sauna so ausgewrungen, dass er seine Arbeit nicht mehr machen konnte?

„Wir können um die Sache herum reden oder uns mit Ihrem Problem beschäftigen. Glauben Sie mir, eine solche Abwehrhaltung bringt Ihnen gar nichts, denn Sie werden hier bleiben müssen, bis wir die Wurzel Ihres Problems freigelegt haben. Und ich bin es, der dafür verantwortlich ist.“

Es gab Kevin eine gewisse Genugtuung, Johnny zu zeigen, wer das Sagen hatte. Allerdings verwirrte ihn die Antwort nun vollends.

„So? Verantwortlichkeit ist jedoch etwas Persönliches, folglich können Sie mir gegenüber keine Verantwortung empfinden. Wir sind uns fremd, was hier passiert, ist Geschäft und Geschäft hat keine menschliche Wärme, sondern ist nur Pflichterfüllung. Sie wissen das genauso gut wie ich, also gehen Sie jetzt!“

Sieben

Auf dem erzwungenen Weg in die Blumenthal-Klinik spürte Johnny ganz deutlich, dass dies das Ende des Weges war, den er kannte. Er hatte Angst. Noch nie setzten sich seine Eltern in dieser Weise gegen ihn durch. Er fühlte sich hilflos und verraten, gleichzeitig war da das dominante Gefühl, dass er niemals etwas erfolgreich beenden konnte. Er wollte helfen, wollte Dinge ändern, aber er hatte nicht die nötige Kraft dazu. Er war ein Blindgänger und immer wieder würde er an diesem Punkt ankommen, wo er das erkennen musste. Es war einfach sein Schicksal.

Ohne Gegenwehr ließ er sich einliefern, es war sowieso schon alles egal. Wahrscheinlich war das die Quintessenz aus seinem Leben, er musste sie nur noch akzeptieren. Als er schließlich allein in seinem Zimmer zurückblieb, fragte er sich kein einziges Mal nach einem Ausweg aus dieser Situation. Er nahm sie an wie ein verdientes Schicksal. Die Depression hielt ihn im Griff, von einer Minute auf die andere löschte sie jede Euphorie, jedes noch so kleine Gefühl von Initiative aus. Es war vermessen, zu glauben, etwas in der Welt ändern zu können. Für wen hielt er sich? Herkules? Und selbst der hatte vor den Intrigen der Götter kapitulieren müssen.

Als man ihn in dem gelborange gestrichenen und mit hellen, abgerundeten Holzmöbeln ausgestatteten Zimmer allein ließ, glaubte er, seine Anwesenheit würde das wohltuende Klima des Raumes merklich abkühlen. Daran konnten auch die Grünpflanzen nichts ändern.

Johnny grinste bitter. Für suizidgefährdet hielt man ihn also nicht, das Zimmer war einigermaßen normal eingerichtet. Die Farben sollten ihm Wärme, Optimismus und Lebensbejahung vermitteln, was er in diesem Moment als regelrecht rührend empfand. Die schwarze Kleidung auf seinem Körper war wie ein Schutzwall gegen die Versuche, ihn mit psychologischen Mitteln in die Irre zu führen. Seine dunklen, inneren Welten ließen sich nicht mit fröhlichen Farbmustern übertünchen.

Er setzte sich aufs Bett und fühlte sich wie eine gefangene Fledermaus. Er wusste aus Erfahrung, er war unempfindlich gegen äußere Einflüsse. Egal, was sie versuchten, an ihm würden sie sich die Zähne ausbeißen und irgendwann mussten sie ihn schließlich wieder entlassen. Bis dahin war seine Seele mit einer Dry Weave Lasur überzogen, an ihr würde alles abperlen. Psychiater und Psychologen konnten nichts ändern. Was sie als Symptome bezeichneten, waren Tatsachen, man konnte seine Ängste nicht wegdiskutieren, auch nicht auf der Liege eines Psychiaters. Alles, was sie eventuell schafften, war, ihm eine trügerische Sicherheit jenseits seiner eigenen Vorstellungswelt vorzugaukeln, die es zu erreichen galt. Er benötigte wirklich nicht noch einen weiteren Mediziner in seiner Sammlung hochgeachteter Spezialisten, der sein Weltbild nach subjektiv normalen Maßstäben geraderücken wollte. Könnte er sie in Alben einkleben, hätte er bereits drei von ihnen voll. Keiner von ihnen konnte ihm sagen, wo seine Krankheit herkam, die Theorien reichten von erblich bedingt über eine Stoffwechselerkrankung im Gehirn bis hin zu einer leichten Stufe der Schizophrenie. Johnny war nicht überrascht, dass sie die Lösung nicht finden konnten, denn er war ganz einfach nicht krank. Sein Zustand war die Summe der Erfahrungen seines Lebens. Aber das würde auch ein weiterer Arzt nicht erkennen.

Während seiner Überlegungen fiel sein Blick zur Glastür und er sah Kevin davor stehen. In seinem schneeweißen Outfit wirkte er wie Johnnys Antithese. Kurz ging ihm durch den Kopf, dass es grau ergeben würde, wenn man sie mischte und grau war keine positive Farbe. Er wandte den Kopf wieder ab. Die Lust, sich jetzt mit jemandem zu unterhalten, hielt sich stark in Grenzen und er hoffte, der Arzt käme nicht ins Zimmer. Die Hoffnung erwies sich als unbegründet, der hochgewachsene Mann öffnete die Tür, stand im nächsten Moment vor ihm und stellte sich als Doktor Friedmann vor.

Johnny schaute zu ihm hoch und eine ablehnende Erwiderung fiel ihm angesichts der Attraktivität seines Gegenübers schwer. Er wehrte sich dagegen, Kevin als sympathisch einzustufen. Deshalb fehlten ihm nur einige Sekunden lang die Worte, dann bat er ihn, zu gehen, war dabei jedoch weit weniger schroff als ursprünglich geplant. Wie erwartet, ließ sich der Psychiater nicht darauf ein. Er hatte einen rechthaberischen Unterton in der Stimme, als er Johnny vorbetete, dass er besser mitarbeitete, um hier wieder herauszukommen. Er sprach von Verantwortung und in Johnny schrillten die Alarmglocken. Sein Gegenüber hielt ihn also nicht nur für psychisch krank, sondern auch noch für dämlich. Den Zahn musste er ihm ziehen. Er war hier, weil seine Eltern viel Geld zahlten und dieses Geld war wie überall auf der Welt die einzige Antriebsfeder, die den Arzt dazu brachte, sich mit ihm zu beschäftigen. Nachdem er ihm das gesagt hatte, machte er vollkommen dicht. Er hob den Kopf erst wieder, nachdem Dr. Friedmann das Zimmer verlassen hatte.

Acht

Kevin verließ die Geschlossene beinahe fluchtartig. Er war noch immer innerlich aufgewühlt und fühlte sich ertappt. Das hatte ihm wirklich noch kein Patient gesagt und er war geneigt, Johnnys Worte als unverschämt abzutun. Allerdings fielen ihm auf dem Weg in die Cafeteria gleich mehrere Begebenheiten ein, die genauso abgelaufen waren, wie Johnny es beschrieb. Er hatte zugehört und Interesse geheuchelt, während er mit den Gedanken ganz woanders war. Er hatte den Patienten bereits ganz zu Anfang in eine Schublade gelegt und wusste genau, wie er zu behandeln war. Einschließlich der geschäftsmäßigen Zuwendung und Zeit, die er aufbringen musste. Kevin wurde sich genau im Moment, als er die Cafeteria betrat, klar darüber, dass das, was er tat, schon lange nichts mehr mit den erhabenen Grundsätzen seiner Studentenzeit zu tun hatte. Nachgedacht hatte er schon öfter darüber, aber jetzt wusste er, woher seine innere Unzufriedenheit kam. Er nahm die seelischen Wunden seiner Patienten nicht ernst, er nahm seine Patienten selbst nicht ernst genug. Irgendwie hatte sich in seinem Kopf die Vorstellung festgesetzt, dass der Besuch einer psychiatrischen Privatklinik mit zum Spiel der Übersättigung gehörte, das sie alle spielten. Er hatte seine Rolle darin und bewältigte sie in bewährter Manier, allerdings ohne echte, persönliche Anteilnahme.

Kevin holte sich Kaffee, setzte sich an einen der zierlichen, runden Tische aus Marmor und weiß gestrichenem Eisen. Er konnte es nicht fassen, aber wie es aussah, hatte John Lorenz den Spieß umgedreht und ihn in einem einzigen Satz mit einer ausgesprochen lästigen Realität konfrontiert. Er war gar kein guter Arzt, er war lediglich ein guter Schauspieler. Er gab tagtäglich den Psychiater auf der Klinikbühne, seine Behandlungen waren meist erfolgreich, aber trotzdem nicht echt. Diese Erkenntnis behagte ihm gar nicht. Vor allem, weil es einmal anders gewesen war. Er hatte Ideale gehabt, seine Intension war es, an der Basis zu helfen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wann seine Patienten für ihn zu Hardcore-Hypochondern geworden waren.

Und so nahm er sich vor, insbesondere Johnny zu zeigen, dass er diese Arbeit nicht nur machte, weil es sein Job war. Er würde ihm beweisen, dass er sich irrte. Der wahre Mediziner in ihm war noch nicht tot, er lag nur in einer Art Aversionskoma. Er musste daran arbeiten, wieder offen und objektiv auf seine Patienten zuzugehen und sie nicht alle über einen Kamm zu scheren. In diesem Moment war er sicher, seine Arroganz und latente Gleichgültigkeit in den Griff zu bekommen und er wollte noch heute damit beginnen.

Nach der Arbeit zog er sich um, streifte eine hellblaue Stonewaschjeans älteren Jahrgangs und seinen weiten, dunkelblauen Lieblingspulli über. Die Sachen hatte er für den Fall im Schrank, dass er länger arbeitete. Wenn er Patientenakten wälzte, mochte er sich weder durch die weiße Berufskleidung noch sein normales Outfit einengen lassen. Er ließ sich Essen aus einem nahegelegenen Restaurant kommen, setzte sich bequem auf die Couchgruppe seines Büros und vertiefte sich in Johnnys Behandlungsberichte. Er fand heraus, dass die Diagnose der bipolaren Störung bei weitem nicht alles war.

Ein Kollege kam zu dem Schluss, dass es sich bei Johnnys akuten Symptomen um eine narzistische Persönlichkeitsstörung handelte, ein anderer war überzeugt von einer rein genetischen Fehlfunktion. Letzterer konnte eine Veränderungen einzelner Neurotransmitter in den unterschiedlichen Krankheitsphasen nachweisen, musste jedoch die Diagnostik abbrechen, weil der Patient nach dem Phasenwechsel seine Termine einfach nicht mehr wahrnahm.

Der Verlauf von Johnnys Leben seit seiner Kindheit las sich immer mehr wie ein spannender Roman. Kevin vertiefte sich so sehr darin, dass er die Zeit vergaß. Es lief immer darauf hinaus, dass Johnny unter zum Teil nahezu kuriosen, meist aber dramatischen Umständen versuchte, menschliches Leid zu lindern. Dabei waren immer Obdachlose das Ziel seiner Anstrengungen.

Als Kevin mehr als die Hälfte der Unterlagen gelesen hatte, legte er sie auf den Tisch. Es war dunkel um ihn herum, nur die Stehlampe direkt neben ihm spendete Licht. Er sah durch das Panoramafenster hinaus auf die Stadt, deren Lichtermeer bereits kleiner geworden war und schaute dann auf die Uhr. Es war gerade vier vorbei und ihm wurde schnell klar, es würde sich nicht mehr lohnen, nach Hause zu fahren. Es war nicht das erste Mal, dass er in der Klinik schlief, deshalb holte er sich Kissen und Decke von der Station nebenan und streckte sich auf der Couch aus. Allerdings wollte sich der Schlaf nicht einstellen, mit offenen Augen starrte er in die nur vom Mond erhellte Dunkelheit. Johnny ging ihm nicht aus dem Kopf.

Er arbeitete im Geiste einen Untersuchungsplan aus, der sich aus körperlichen Analysen und Gesprächen zusammensetzte. Er würde derjenige sein, der die wahren Gründe für Johnnys Probleme herausfand, das nahm er sich fest vor.

Dieser Vorsatz änderte jedoch nichts daran, dass er nicht schlafen konnte. So schlug er irgendwann die Decke zurück und stand auf. Er wollte ein wenig durch die Gänge der Klinik gehen, um müde zu werden.

Erst als er sich im Treppenhaus zum zweiten Stock befand, wurde er sich klar darüber, dass er keineswegs ziellos herumwandern wollte. Er war auf dem Weg zur geschlossenen Station. Er konnte sich nicht beantworten, was genau er dort wollte. Und so nahm er sich vor, nur einen Blick durch das Glas der Tür zu werfen und zu schauen, ob alles in Ordnung war.

Neun

Johnny fuhr aus dem Schlaf hoch, Schweiß stand auf seiner Stirn. Er befand sich gefühlsmäßig noch mitten in seinem Albtraum, konnte Traum und Wirklichkeit nicht voneinander trennen. Die Angst ließ ihn nicht frei, er saß aufrecht in der Dunkelheit, die Atmosphäre des Raumes schien sich materialisiert zu haben und ihn erdrücken zu wollen. Innerlich bebend und mit wild klopfendem Herzen ertastete er den Lichtschalter, aber nicht mal als der Schein der Lampe das ihm noch fremde Zimmer aus der Finsternis riss, konnte er das Gefühl einer drohenden Gefahr abschütteln. Im Traum war er in einem kalten, feuchten Felsendom angekettet gewesen, einer für ihn unsichtbaren Macht hilflos ausgeliefert. Er erkannte sie nicht, wusste jedoch, dass sie da war und ihn belauerte. Jetzt fühlte er sich beobachtet und war sicher, nicht allein im Zimmer zu sein. Der Traum hatte das sichere Mauerwerk der Realität porös werden lassen, durch die Risse sickerten die Dämonen seines Unterbewusstseins und niemand hätte ihn in diesen Augenblicken davon überzeugen können, dass die Gefahr nicht real war.

Immer wieder schaute er sich um, bis er es nicht mehr aushielt, sich wie auf dem Präsentierteller zu fühlen. Er flüchtete aus dem Bett, nahm dabei die Decke mit und verkroch sich in der Zimmerecke neben dem Nachtschränkchen. Dort, auf dem harten Boden, deckte er sich bis zur Nasenspitze zu. Aus weit aufgerissenen Augen beobachtete er den erleuchteten Zimmerausschnitt, den er sehen konnte.

Als er von der Tür her Geräusche hörte, erstarrte er vollends. Sein Herzschlag setzte einmal aus und sein Hals wurde eng. Dann erkannte er eine Person zwischen Bett und Grünpflanze am Fenster. Erst der zweite Blick zeigte ihm, dass es Dr. Friedmann war.

„Was machen Sie denn da?“, hörte er Kevins angenehm ruhige Stimme. Aber nicht einmal jetzt verließ ihn seine Angst. Dafür wich die Starre und er begann so stark zu zittern, dass die Decke, die über seinem Körper lag, es nicht mehr verbergen konnte.

Kevin kam einen Schritt näher und ging in die Hocke. Er erkannte den Ausnahmezustand seines Patienten und ahnte auch, dass er mit einem Albtraum zusammenhing. Er wollte keine weitere, dumme Frage stellen, wie er es bereits getan hatte, sondern ihn erst einmal aus der Ecke herausholen. Er streckte die Hand aus, aber Johnny griff nicht danach. Er starrte sie nur an.

„Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Es ist alles in Ordnung hier im Zimmer. Wenn Sie wollen, bleibe ich erst mal bei Ihnen.“

Johnny schaute an Kevin vorbei, sein Blick verlor sich. Die Aussicht, jetzt nicht mehr allein zu sein, beruhigte ihn etwas. Zurzeit war alles anders als am hellen Tag, er fühlte und reagierte komplett gegensätzlich, war wie ein großes Kind, das Schutz suchte. Langsam zog er die rechte Hand unter der Decke hervor. Kevin richtete sich auf und griff danach, sie war eiskalt. Er musste Johnnys volles Gewicht hochziehen, legte dann nach kurzem Zögern den Arm um seine Taille und führte ihn zum Bett. Ein wenig wunderte ihn, dass Johnny ihn nicht abwehrte, gleichzeitig war er froh darüber und erkannte die Chance. Vielleicht war ja genau diese spontane Situation in der Nacht einer der Momente, wo er ohne Schwierigkeiten zu seinem Patienten durchdringen konnte. Noch völlig unter dem Eindruck seines Traumes stehend hatte Johnny alle Abwehrmechanismen heruntergefahren. Trotzdem machte Kevin nicht den Fehler und setzte sich neben ihn auf die Bettkante. Johnnys Zugänglichkeit konnte wegen einer einzigen falschen Bewegung oder einem falschen Wort jeden Augenblick wieder ins Gegenteil umschlagen. Er zog einen der Stühle vor das Bett und setzte sich seinem Patienten gegenüber. Er wahrte dabei einen gewissen Abstand, damit dieser sich nicht bedrängt fühlte.

„Er kommt immer wieder.“

„Wer kommt wieder? Der Traum?“

„Alles wirkt so echt.“

Ein Zittern durchlief Johnnys Körper, als er an den Felsendom dachte.

„Wer ist in Ihrem Traum? Was bedroht Sie?“

„Das ... das kann ich nicht sagen. Ich sehe es nie, aber ich weiß genau, dass irgendwas da ist und ich in Gefahr bin.“

„Wie lange haben Sie diese Träume schon?“

„Solange ich denken kann. Ich glaube, seit meiner Kindheit.“

„Was genau passiert denn in Ihrem Traum?“

„Es sind zwei unterschiedliche Albträume. Aber ich kann dir das nicht so erklären, wie ich es empfinde. Du würdest es vielleicht gar nicht so schlimm finden.“

Kevin nahm die vertrauliche Anrede zur Kenntnis und beschloss, darauf einzugehen. Es konnte nur von Nutzen sein, die Barriere des förmlichen ‚Sie’ abzubauen.

„Das kommt auf einen Versuch an, denkst du nicht?! Mein Name ist übrigens Kevin.“

Johnny hob den Kopf und schaute Kevin von unten her direkt an. Dieser spürte, dass von den ernsten, dunklen Augen eine Faszination ausging, der er sich nicht entziehen konnte. Dieser schwermütige Blick zog ihn an und er musste sich zur Ordnung rufen, um nicht einfach Johnnys Hand zu nehmen und ihn zu trösten, wie man einen Freund tröstet.