Ilona Einwohlt

ZETTELKRAM
und Kopfsalat

Felis Überlebenstipps

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Freundschaftskribbeln im Bauch

Mit Illustrationen
von Carola Sieverding

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In der Reihe bereits erschienen:

Zettelkram und Kopfsalat. Felis Überlebenstipps
Neue Schule, neues Glück

 

 

 

 

 

 

 

 

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1. Auflage 2015
© 2015 Arena Verlag GmbH, Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Einbandillustration, Innenillustration und -gestaltung: Carola Sieverding
Satz: Hermann Zanier, Berlin
Lektorat: Kerstin Kipker
ISBN 978-3-401-80473-6

www.arena-verlag.de
Mitreden unter forum.arena-verlag.de

INHALT

Neues Jahr, neue Freundinnen ODER: Ehrlich ist am schwersten

Zwischen den Stühlen ODER: Beste Freundin – liebste Schwester

Kleine Geschenke ODER: Freundschaft ist die schönste Blume

Mika in Not ODER: Jeder hat eine zweite Chance

Kleeblatt in der Krise ODER: Leben und leben lassen

Wutblitze ODER: Einmal drüber schlafen

Chat for Friends ODER: Geh mit keinem Fremden mit!

Einfach entschuldigen ODER: Immer einen Schritt voraus

Girlspower ODER: Bloß kein Opfer sein!

Freundschaftskribbeln im Bauch ODER: ABFs für immer!

Test: Bist du eine gute Freundin?

Glossar

 

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Neues Jahr, neue Freundinnen
ODER:
Ehrlich ist am schwersten

»Mmmpf, köstlich!« Mein Bruder Paco schleckt sich genüsslich die Sahne von den Fingern und greift nach einem weiteren Stück Roscón de Reyes*.

»Pfoten weg, das ist meins!«, zische ich und schubse ihn zur Seite. Wie immer am Dreikönigstag sitzen wir alle gemeinsam bei meiner Abuela oben im Wohnzimmer und futtern Kuchen um die Wette. Und Paco hatte bereits drei fette Stücke!

»Nicht streiten, Felicitas, es ist genug für alle da«, ermahnt mich Mama und schiebt Siri auf ihrem Schoß ein paar Krümel in den Mund.

»Klar! Und Paco findet dann wieder die Figur im Kuchen – wie letztes Jahr!«, maule ich. Wer nämlich das Figürchen im Kuchen entdeckt, wird der König und hat ein Jahr lang nur Glück. Und Glück könnte ich gebrauchen! Aber typisch! Seit meine kleine Schwester Siri auf der Welt ist und mein großer Bruder Paco einen auf Baby-Beschützer macht, habe ich das Nachsehen. In unserer spanisch-deutschen Familie ist es nämlich Tradition, den Dreikönigstag am 6. Januar mit Geschenken und Festtagskuchen zu feiern. Da bleibt unser Friseurladen Kopfsalat geschlossen, selbst wenn in unserem Bundesland kein Feiertag ist. Bisher fand ich das immer toll, nur heute nervt mich das alles tierisch.

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Weil Mama sich nur um Siri kümmert.

Weil Abuela wie ein aufgescheuchtes Huhn um uns alle herumschwirrt.

Weil Paco mir alles wegnimmt.

Weil Papa ständig villancicos hört und von diesen altmodischen spanischen Weihnachtsliedern nicht genug kriegen kann. Dabei sind wir schon mitten im neuen Jahr!

Höchste Zeit, dass ich morgen in der Schule meine Freundinnen endlich wiedersehe. Kiki und Mira ist es nämlich egal, wer das größte oder beste Stück bekommt, und sie hören auch keine beknackten villancicos. Ich überlege gerade, mit welcher Ausrede ich mich am geschicktesten aus dieser trauten Familienrunde schleiche, um mit ihnen zu chatten, da unterbricht Mama meine Gedanken.

»Wie möchtest du denn dieses Jahr deinen Geburtstag feiern, Feli? In ein paar Wochen ist es ja so weit …«, fragt sie und reicht Siri ihren Trinkbecher. Immerhin ist meine kleine Schwester schon so groß, dass sie keine Nuckelflasche mehr braucht.

Dankbar strahle ich Mama an, auf die Frage habe ich schon längst gewartet und ich weiß auch schon die Antwort. Letztes Jahr durfte ich überhaupt nicht feiern, weil sich Mama wegen ihres Babybauchs nicht so fühlte und Papa wegen all der Arbeit rund um unseren Friseurladen keine Zeit hatte. Das Jahr davor waren wir mit allen Kindern im Schwimmbad und davor im Kino und …

»Mit einer Übernachtungsparty«, rufe ich und gucke meine Eltern erwartungsvoll an. »Mit Kiki, Mira, Silvija, Ellen, Pia …«

»Hilfe, lauter verrückte Weiber!« Paco rollt die Augen und angelt nach einem weiteren Stück Kuchen.

»Also, ich passe nicht auf euch alle auf«, erklärt Abuela entschlossen.

Pah, was denkt die denn! Als ob wir einen Babysitter bräuchten! Wir sind ja keine Wickelkinder wie Siri. Immerhin werde ich schon elf Jahre alt.

»Wie stellst du dir das denn vor?«, fragt Mama kopfschüttelnd. »In deinem Zimmer hast du doch überhaupt keinen Platz!«

»¡Ni hablar del peluquín! Kommt nicht infrage«, meint auch Papa und spätestens nach dieser Bemerkung schießen mir die Tränen in die Augen.

Wenn du bei deinen Eltern etwas erreichen möchtest, falle nicht gleich mit der Tür ins Haus und schmolle auch nicht, falls sie dir nicht sofort jubelnd um den Hals fallen. Überlege dir vorher in Ruhe passende Argumente und überzeuge sie mit einem vernünftigen Plan.

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»Ihr seid fies! Ihr seid so ungerecht!« Wütend springe ich auf, mir doch egal, dass dabei die Tischdecke verrutscht und der Kakao überschwappt. Dann sollen sie mich auch nicht fragen, wenn sie mir sowieso nichts erlauben! Jetzt kann mir mein Geburtstag auch gestohlen bleiben!

Grummelnd sitze ich kurz darauf in meinem Zimmer, das ich seit über einem halben Jahr mit meiner kleinen Babyschwester teilen muss.

Vorteil: Ich habe, seit ich die fünfte Klasse des Schiller-Gymnasiums besuche, ein Stockwerk höher bei Abuela in der Wohnung meine »Lernbude«. Also eine Ecke ganz für mich mit meinem Schreibtisch, an dem ich in aller Ruhe und ohne Siri-Geplärre Hausaufgaben machen kann.

Nachteil: Die Kleine gehört zu den nachtaktiven Monstern, krabbelt seit Neustem überall herum und hat erst gestern jede einzelne Zuckertüte aus meiner Sammlung angelutscht, jetzt sind sie nichts mehr wert. Ich habe die bunt bedruckten Päckchen entnervt in die hinterste Ecke meines Kleiderschranks gestopft. Und nachdem Siri die Verzierungen auf meiner selbst gebastelten Glücksbox abgepult hat, bin ich erst recht nicht gut auf sie zu sprechen. Das finde ich nämlich gar nicht lustig, immerhin handelt es sich hierbei um eine echte Familientradition: Die Zettelkramkiste aller großen Schwestern der Familie Morera, die mir Abuela nach der Geburt von Siri feierlich überreicht hat. Seitdem sammele ich alles darin, was für mich wichtig ist, von Strähne bis Lieblingsstift und natürlich meine Überlebenstipps. Für Siri, wenn sie mal größer ist. Sie soll es mal leichter haben als ich, auch wenn sie mir aktuell ganz schön auf die Nerven geht!

Ich freue mich auf morgen piepst eine Nachricht von Kiki rein und ich beame aus vollem Herzen ein Ich mich auch zurück. Hätte ich ja nie gedacht, dass ich mich mit ihr so gut verstehen werde, aber seit unserer Weihnachtsaktion sind wir Freundinnen geworden. Leider konnten wir uns in den Ferien nicht treffen, weil sie gemeinsam mit ihrer Mutter bei ihrem Vater in Ägypten war, der als Archäologe dort gerade eine wichtige Ausgrabung leitet. Mira, die eigentlich Mirabelle heißt, die Dritte in unserem Bunde, fand auch keine Zeit, weil sie über die Feiertage ständig Ballettauftritte im Weihnachtsmärchen hatte und dazwischen noch für die Schule lernen musste. Nicht weil Mira so schlecht in der Schule ist, sondern, weil ihre Mutter ständig Lernstress macht. Zum Glück haben wir unseren Klassen-Chat und mir war nie langweilig, weil ich ständig mit den anderen im Kontakt war. Ich habe mitbekommen, dass Manisha grüne Monsterbeats zu Weihnachten geschenkt bekommen hat, Pia beim Snowboarden aus dem Lift gestürzt ist und Mateo Nachhilfe geschwänzt hat. Aber es ist viel besser, sie alle wieder live und in Farbe zu treffen – wobei ich gerne auf Mika Messerschmidt, angeberische Gel-Locke und Sohn des Konkurrenzfriseurs, verzichten könnte.

Das denke ich auch am nächsten Morgen, als wir in unseren Klassenraum stürmen und alle wild durcheinanderrufen. Ich grinse in mich hinein und es fühlt sich so an, als ob wir erst gestern gemütlich in unserer Chill-Ecke abgehangen hätten. Als uns dann die Lehrer mit Hausaufgaben überhäufen und uns Frau Wiedehopf an die bevorstehende Mathe-Arbeit am nächsten Tag erinnert, ist es mit meiner guten Laune schnell wieder vorbei.

»Wozu braucht man Mathe!«, stöhnt Mateo in der Pause. »Mag jemand einen Kaugummi?« Er hält mir großzügig die Packung hin.

»Gerne«, antworte ich – und greife in eine riesengroße Kakerlake.

»Igitt! Spinnst du!«, kreische ich los, während sich Mika und Mateo halb totlachen. »Mich so zu erschrecken!« Hätte ich mir ja denken können, die beiden M&Ms haben nur Quatsch in der Birne. So wie Mira letztens auf der Klassenfahrt. Da war sie wie ausgewechselt und hat den Jungs einen Streich nach dem nächsten gespielt. Wahrscheinlich ist das jetzt die Revanche.

»Ihr seid ja so was von kindisch!«, meint Kiki kopfschüttelnd. »Demnächst haltet ihr noch Feuerzeuge an eure Fürze, um zu gucken, ob sie explodieren!«

»Gute Idee!«, grinst Mika und streicht sich durch seinen pomadigen Igelschnitt.

»Warte nur, das gibt Rache!«, droht ihm Mira, während ich mich langsam von meinem Schock erhole.

»Hilfe, da habe ich ja jetzt schon Angst!«, sagt Mika theatralisch und macht, dass er Mateo hinterherkommt, der gerade dabei ist, Ellen einen Kaugummi anzubieten …

»Blödmann«, rufe ich ihm hinterher und verfluche zum tausendsten Mal den Tag, an dem ich ausgerechnet mit ihm in eine Klasse gekommen bin. Mikas Eltern gehört das Hairstyle mit mindestens drei Filialen bei uns in der Stadt und entsprechend bildet er sich etwas darauf ein. Das ist aber auch schon alles, was er zu bieten hat, denn im Unterricht kommt er nur gerade so mit.

»Komm, lass dich nicht ärgern«, meint Kiki versöhnlich und legt mir den Arm um die Schultern. »Hast du heute Zeit oder musst zum Rope-Skippen?« Letzteres betont sie augenrollend und ich weiß genau, worauf sie anspielt: Weil sie selbst eine Sportskanone und in ihrem Leichtathletikverein die Beste ist, hält sie Rope-Skipping für einen absoluten Tussensport und hat nie einen Hehl daraus gemacht, wie dämlich sie dieses Rumgehüpfe findet. Ich dagegen springe für mein Leben gerne mit dem Seil! Ich bin von Natur aus etwas hibbelig veranlagt. Nur wenn ich eine Stunde lang mit gekreuzten Armen und Beinen gesprungen bin, fühle ich mich ausgepowert, zufrieden und glücklich.

»Nee, kein Training«, antworte ich, »leider.« Dann erzähle ich Kiki, dass ich mein Training aufgrund der vielen Hausaufgaben seit dem Schulwechsel reduziert habe und auch nicht mehr so gerne hingehe, weil es mit der neuen Trainerin Aylin keinen Spaß macht. Viele aus meiner alten Gruppe sind sogar ausgetreten und kommen gar nicht mehr.

»Prima, dann können wir heute ja gemeinsam einen Stadtbummel machen. Ich habe zu Weihnachten ein paar Gutscheine geschenkt bekommen, die würde ich gerne einlösen«, meint Kiki und guckt mich erwartungsvoll an. »Gute Idee«, antworte ich und hoffe insgeheim, dass mir Mama erlaubt, gemeinsam mit meiner Freundin durch die Geschäfte zu ziehen. Das habe ich nämlich noch nie gemacht …

Natürlich erlaubt sie es nicht, wie sich später herausstellt, als ich Mama unten im Laden um Erlaubnis frage. Frau Schickedanz, die Hausmeisterin meiner Schule und Stammkundin im Kopfsalat, sitzt gerade unter der Trockenhaube.

»Das ist viel zu gefährlich, zwei Mädchen in deinem Alter«, gibt sie zu bedenken.

»Wieso? Ich kenne mich doch hier aus! Gemeinsam mit Pepa oder Abuela war ich schon so oft in der Fußgängerzone, was soll denn da passieren?«, wage ich, ihr zu widersprechen. Pepa ist meine ältere Cousine, die bei uns im Laden arbeitet und zurzeit noch mit ihrem Hund Don Juan Mopsferien im Schwarzwald verbringt.

»Ach, Feli«, seufzt Mama und zupft Haare aus einer Bürste. »Du bist jetzt in einem Alter …« Sie zieht mich in Pepas Tee-Ecke, wo ausnahmsweise kein Samowar vor sich hin brodelt. Dabei hätte mir jetzt ein heißer Pfefferminztee mit viel Zucker drin gutgetan.

»Ich werde in ein paar Wochen elf Jahre alt«, erkläre ich wichtig. »Und in meiner Klasse gehöre ich zu den Größten.« Tatsächlich überrage ich Mika seit den Weihnachtsferien um einen halben Kopf. Mit meinen langen braunen Haaren und der roten Strähne drin wirke ich den anderen gegenüber ziemlich erwachsen, wie ich heute Morgen zufrieden festgestellt habe.

»Das hat damit nichts zu tun«, meint Mama abermals seufzend. Und dann erklärt sie mir, dass es immer wieder blöde Typen gibt, die es auf junge Mädchen abgesehen haben. Und dass ich gar nichts dafürkann, wenn sie mir hinterhergucken oder mich verfolgen oder gar antatschen.

»Das passiert mir nicht!«, erkläre ich entschlossen und versuche, richtig erwachsen zu argumentieren: »Außerdem sind wir zu zweit! Und wenn einer kommt, dann schreien und treten wir! Und mein Handy habe ich auch einstecken, da kann ich zur Not Hilfe holen. Und wir sind auch rechtzeitig zu Hause, bevor es dunkel wird.«

»Ach, Feli!«, wiederholt Mama und ich frage mich, ob sie jemals wieder etwas anderes zu mir sagen wird. Sie schaltet die Trockenhaube aus und prüft die Lockenwickler auf Frau Schickedanz’ Kopf. »Okay, meine Große, dann geh, aber pass auf dich auf!«

»Versprochen! Danke!« Rasch drücke ich ihr einen Schmatzer auf die Wange und flitze los, um noch den Bus zu erwischen.

Wie verabredet, treffe ich Kiki pünktlich am Blumenladen in der Fußgängerzone.

»Wollen wir einen Kakao trinken? Oder erst im Krimskramsladen herumstöbern? Ich hab da neulich so süße Eulen-Portemonnaies gesehen …«, begrüßt sie mich überschwänglich.

Es gibt nicht viel Schöneres, als alleine mit einer Freundin unterwegs zu sein. Damit du dein Vergnügen ungestört genießen kannst, beachte Folgendes:

 Sage deinen Eltern immer Bescheid, wo und mit wem du gerade unterwegs bist. Das hat nichts mit Überwachung zu tun, sondern dient deiner eigenen Sicherheit.

 Meide dunkle Ecken, einsame Parks und abgelegene Straßen.

 Geht immer zu zweit, am besten sogar zu dritt.

 Hast du ein doofes Gefühl, weil dich jemand ständig anguckt, gehe so schnell wie möglich weg.

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»Wie wäre es, wenn wir zuallererst im Gummibärenladen neue Sorten ausprobieren?«, schlage ich vor. »Da darf man doch immer kostenlos testen.«

»Gute Idee!« Kiki ärmelt mich unter und zieht mich in das Süßigkeitengeschäft, wo wir kurz darauf kichernd und schmatzend so lange Kirsch-Cola-Schnecken, Saure Fritten und Eisbären probieren, bis uns die Verkäuferin freundlich, aber bestimmt vor die Tür schiebt.

»Und jetzt musst du mir helfen, eine coole Jeans auszusuchen.« Schon ist Kiki im nächsten Fashionshop verschwunden, wo sie bald mit einem Stapel Hosen in die Umkleide stürmt. Kurz darauf dreht sie sich vor dem Spiegel.

»Ich finde die etwas zu sportlich … die ist zu eng … und diese zu altmodisch«, kommentiere ich.

Kiki guckt mich überrascht an. Dann nickt sie und probiert so lange herum, bis sie sich endlich in einer Jeans wohlfühlt und ich aus Überzeugung sagen kann: »Die ist wirklich cool.«

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Wer, wenn nicht du, darf seiner Freundin ehrlich die Meinung sagen? Voraussetzung: Sie fragt dich danach und du bleibst sachlich. Das gilt beim Kleidungsstil ebenso wie bei Verhaltensweisen.

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»Meine Mutter würde mir nie erlauben, alleine Klamotten einzukaufen, da hätte sie viel zu viele Bedenken«, sage ich, als sich Kiki endlich entschieden hat.

»Meine auch nicht«, antwortet Kiki lapidar und stellt sich an der Kasse an. »Ehrlich gesagt, weiß sie nichts davon, aber ich habe ja diesen Gutschein. Sie verhält sich in diesen Läden immer so megapeinlich, das halte ich nicht aus! Neulich hat sie einen Pulli nach dem nächsten anprobiert und sich dann ein grellbuntes Blumen-Sweatshirt gekauft. Als wäre sie fünfzehn und nicht fünfundvierzig …« Kiki verzieht ihr Gesicht zu einer lustigen Grimasse und ich muss an das letzte Mal denken, als ich mit Mama einkaufen war. Da hat sie sich gar nicht wieder eingekriegt, dass ich wie sie mittlerweile zwei Nummern größer brauche, was in ihrem Fall an ihrem Siri-Bauch liegt, wie sie ihn immer nennt, in meinem Fall an einem akuten Wachstumsschub.

Ich überlege gerade, ob ich Mama ein buntes Tuch mitbringe, um sie eventuell doch noch in Sachen Mitternachtsparty umzustimmen, da bemerke ich aus den Augenwinkeln Mika, der gerade gemeinsam mit seiner Mutter den Laden betritt. Schnell mache ich Kiki, die gerade von der Kasse kommt, hektische Zeichen, dann gehen wir hinter einem Kleiderständer rasch in Deckung. Frau Messerschmidt ist mindestens so modisch gekleidet wie Kikis Mutter, doch im Gegensatz zu dieser interessiert sie sich nicht die Bohne für die Mädchenklamotten, sondern steuert schnurstracks das Regal mit den Jungssachen an. Wir beobachten, wie sie auf Mika einredet, dann zieht sie fünf Hosen aus dem Regal und bedeutet ihrem Sohn, sie in der Umkleide anzuziehen. Der zockelt murrend ab und kurz darauf sehen wir seine Sockenbeine unter der Tür hervorblitzen.