Das Buch
und die Autoren

Einander treu sein und dennoch fremde Haut spüren,

klingt wie duschen, ohne nass zu werden. In ihrem

Buch erläutern Kirsten und Steffen Steiner, wie dieser

scheinbare Widerspruch dennoch funktioniert und für

eine harmonische Beziehung sogar ausgesprochen

hilfreich sein kann.

Dafür greifen die Autoren, die seit Jahren in der

Swingerszene aktiv sind, sowohl auf eigene Erlebnisse

bei zahlreichen Clubbesuchen und privaten Treffen

zurück als auch auf Gespräche mit anderen Paaren,

die sie in diesem Buch zu Wort kommen lassen. Mit

persönlichen Geschichten und Anekdoten geben sie

einen Einblick in die Welt der Swinger.

Aus dem Inhalt

  1. Sex und Beziehung: Was heißt hier monogam?
  2. Treu sein oder fremdgehen: Die dritte Möglichkeit
  3. Das Spiel im Bistro: Der Gedanke entsteht
  4. In einer anderen Welt: Unser erstes Mal
  5. Was tut der da: Die Sache mit der Eifersucht
  6. Risiken und Nebenwirkungen: Gemeinsame Spielregeln
  7. Spontan und anonym: Sex im Swingerclub
  8. Immer der Masse nach: Der Herdentrieb
  9. Spitzenhöschen und Springerstiefel: Was zieht man da denn an?
  10. Zuschauen und zuschauen lassen: Fremde Blicke
  11. Die anderen und ich: Allein im Club
  12. 12. Bitte nicht stören: Duschvermeider und andere Stimmungskiller
  13. Vorfreude und Ängste: Der Film im Kopf
  14. Zu euch oder zu uns: Private Dates
  15. Der Filter im Kopf: Wer passt zu uns?
  16. Bilder und Wiedergänger: Die virtuelle Identität
  17. Würfel, Karten, Striptease: Zeit zum Spielen
  18. Tauchen mit Haien: Blinddates und Darkdates
  19. Gemeinsam in fremden Betten: Das Date im Hotel
  20. Räumchen wechsel dich: Partnertausch an getrennten Orten
  21. Der Sonne entgegen: Swingen in freier Natur
  22. Wir sind dann mal weg: Swingen im Urlaub
  23. Allzeit bereit: Hardcore-Swinger
  24. Herzklopfen und Herzklopfen: Was, wenn man sich verliebt?
  25. Er fasst mich nicht mehr an: Frischer Wind für die Beziehung
  26. 26. Eins, zwei, drei, viele: Das wilde Durcheinander
  27. Eins und zwei: Sex zu dritt
  28. Von Frau zu Frau: Ein bisschen bi
  29. Mit oder ohne: Die Wahnsinnigen
  30. Die Welt da draußen: Das Doppelleben der Swinger
  31. Eine Frage der Sichtweise: Tolerant bleiben
  32. Was es so alles gibt: Unser kleines Swinger-ABC

Vorspiel:
Was uns so treibt

Nein, wir sind nicht verdorben. Wir sind moralisch flexibel. Diese in der Swingerszene immer wieder zitierten Sätze könnten auch auf uns zutreffen. Wobei sich allerdings die Frage stellt, was man unter verdorben versteht. Zudem: Was heißt moralisch? Und vor allem: Wer legt das eigentlich fest?

Als wir die ersten zaghaften Schritte in die Welt der Swinger wagten, hatten wir Vorurteile, Ängste und Bilder im Kopf – die jedoch ganz anders waren als das, was uns tatsächlich bei unseren ersten Abenteuern begegnete. Seither haben wir viel erlebt. Sehr viel sogar. Wir sind Menschen nahe gekommen, die wir ohne unsere sehr besondere Leidenschaft niemals getroffen hätten. Und die meisten dieser Begegnungen haben uns bereichert.

Wir haben spannende, amüsante und auch ein paar unschöne Erlebnisse gehabt. Wir haben mit vielen Paaren gesprochen und deren Geschichten gehört. Diese Gespräche fanden im Swingerclub statt, beim Abendessen an unserem Küchentisch, im Bistro bei Milchkaffee oder Rotwein, in erotischer Atmosphäre vor dem Kamin oder in den Chaträumen verschiedener Swingerforen im Internet. Und irgendwann haben wir angefangen, nicht nur unsere eigenen Geschichten aufzuschreiben, sondern auch manches von dem, was wir bei diesen Gesprächen erfahren haben. Dabei haben wir uns bemüht, diese besondere Form der Sexualität, die wir als wundervoll erleben, nicht zu verklären. Swingen birgt zweifellos auch Risiken und Nebenwirkungen. Auch davon handelt dieses Buch.

Menschen, die diese etwas andere Welt betreten haben, werden das bestätigen. Swingen kann so manche Überraschung mit sich bringen. Viele Paare haben erlebt, dass sich ihre Beziehung verändert hat – manche negativ, manche positiv. Über allen Kapiteln steht deshalb immer die Frage: Was tut das mit uns als Paar? Denn Swingen verändert eine Beziehung – so oder so.

Wer sich in die Welt der Swinger hineinwagen möchte, sollte vielleicht ein paar Worte aus J.R.R. Tolkiens Buch „Der Herr der Ringe“ im Hinterkopf behalten. Zu Beginn der Geschichte sagt Bilbo zu seinem Neffen: „Es ist eine gefährliche Sache, Frodo, aus deiner Tür hinauszugehen. Du betrittst die Straße, und wenn du nicht auf deine Füße aufpasst, kann man nicht wissen, wohin sie dich tragen.“

Wir haben nicht den Anspruch, einen Wegweiser für diese Straße aufzustellen. Wir können allenfalls ein paar Tipps geben, wie man seinen eigenen Weg finden kann. Zudem haben wir nicht die Illusion, Vorurteile oder sonst irgendetwas korrigieren zu können, was aus unserer Sicht vielleicht in einem schiefen Licht steht. Wer Vorurteile hat, der hat sie aus gutem Grund und wird sie hegen und pflegen. Wer sie überprüfen möchte, wird das hingegen kaum mit Büchern, sondern nur durch eigenes Erleben tun können. Wir haben dieses Buch vor allem aus einem Grund geschrieben: weil wir eine Menge Spaß daran hatten – und wir hoffen, dass es Menschen gibt, die Spaß daran haben werden, es zu lesen.

Die Namen unserer Gesprächspartner, die wir zu Wort kommen lassen, haben wir geändert. Warum wir dies getan haben, wird in Kapitel 30 deutlich.

Seit wir in die Welt des Swingens eingetaucht sind, sind inzwischen so einige Jahre vergangen. Und trotzdem ist alles für uns noch ebenso aufregend wie am ersten Tag. Deshalb ist dieses Buch keineswegs eine Bilanz unseres Swingerlebens. Allenfalls eine Zwischenbilanz. Wir haben noch viel vor.

1. Sex und Beziehung:
Was heißt hier monogam?

Wir sind monogam. Wir sind ein Paar, das sich treu ist. Immer. Seit wir zusammen sind, ist keiner von uns je fremdgegangen. Dabei wäre es für uns beide gar keine Katastrophe, wenn so etwas tatsächlich einmal passieren würde. Es wäre nicht schön, aber unsere Beziehung würde das aushalten. Jedenfalls glauben wir das, und wir haben das nächtelang ausdiskutiert. Weshalb wir auch keine Probleme damit hätten, es uns gegenseitig zu beichten. Bisher jedoch gab es nichts zu beichten.

Was eigentlich ein eher unnatürlicher Zustand ist. Denn Menschen sind von Natur aus keineswegs monogam. Im Gegenteil: Je weiter die Forscher in die Geschichte unserer Spezies zurückblicken, desto deutlicher kommen sie zu dieser Erkenntnis: Der Homo Sapiens war im Laufe seiner Entwicklung stets ein ausgesprochen polygames Wesen.

Dass Männer in der Menschheitsgeschichte stets das genetische Programm hatten, ihren Samen so weit wie möglich zu streuen, ist hinreichend bekannt und wird inzwischen kaum noch infrage gestellt. Allein schon deshalb, weil dieses Programm bis heute ganz offenkundig wirksam ist. Bislang waren die meisten Forscher aber davon ausgegangen, dass Polygamie vor allem eine männliche Angelegenheit war. Nach der vorherrschenden Theorie verlangten Männer von den Frauen, mit denen sie zusammen waren, unbedingte Treue – ganz einfach deshalb, weil sie nicht den Nachwuchs anderer Männer aufziehen wollten. Nur wenn diese Treue gewährleistet war, wurde die Frau vom Mann versorgt – was etwa im Europa der Eiszeit eine geradezu existenzielle Bedeutung hatte. Eine schwangere oder stillende Frau war kaum in der Lage, selbst jagen zu gehen oder ausreichend Früchte zu sammeln.

Inzwischen aber wird dieses Bist-du-mir-treu,-bring-ich-dir-Fleisch-Prinzip von immer mehr Forschern infrage gestellt. Den neuen Theorien zufolge waren auch die Frauen in den menschlichen Urgesellschaften polygam – weil nämlich auch sie einem genetischen Programm folgten. Und das lautet: Habe Sex mit mehreren Männern, damit sich die stärksten Gene für deinen Nachwuchs durchsetzen. Stimmt diese Theorie, dann muss in den Höhlen unserer Urahnen ein fröhliches Durcheinander geherrscht haben.

Und das nicht nur in den eigenen Höhlen. Wie sehr es durcheinander ging, lässt sich auch daran ablesen, dass wir alle (mit Ausnahme der afrikanischen Ureinwohner südlich der Sahara) ein bis vier Prozent Neandertaler-Gene in uns tragen. Unsere Urahnen haben beim Sex also sogar die Artengrenze überschritten.

Überhaupt sind die Erkenntnisse der Genforscher recht aufschlussreich, wenn man das Sexualverhalten der Gegenwart verstehen will. So hat beispielsweise die italienische Wissenschaftlerin Isabelle Dupanloup sehr überzeugend belegt, dass die ersten Anfänge der menschlichen Monogamie höchstens 20.000 Jahre zurückliegen können. Evolutionsgeschichtlich ist das kein besonders langer Zeitraum. Zumindest nicht lang genug, um unser genetisches Programm grundsätzlich umschreiben zu können. Und Monogamie, wie sie heute im Allgemeinen verstanden wird, ist eine noch weit jüngere Erscheinung – und dürfte vor allem auf gesellschaftliche Entwicklungen (wie etwa das Entstehen der monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam) zurückzuführen sein.

Das Beziehungsmodell, das in den Köpfen der heutigen Menschen des westlichen Kulturkreises lebt, ist menschheitsgeschichtlich gesehen gerade eben erst entstanden. Es entstammt den romantischen Vorstellungen des prüden Bürgertums im 19. Jahrhundert – einer Zeit, in der der eheliche Beischlaf allein der Fortpflanzung dienen sollte, und nicht selten in hoch geschlossenen Verrichtungshemden stattfand (welche an den entsprechenden Stellen zweckdienliche Öffnungen hatten).

Merkwürdigerweise sind die Moralvorstellungen jener Zeit trotz sexueller Revolution und sicherer Verhütungsmethoden auch im 21. Jahrhundert noch das Maß der Dinge, wenn es um Ehe und Monogamie geht. Ein Seitensprung ist auch heute noch fast immer eine große Katastrophe und führt oftmals zum Ende der Beziehung. Die meisten Menschen verlangen von ihrem Partner ein Verhalten auf Basis eines moralischen Konstrukts, das gerade mal 200 Jahre alt ist – und fordern zugleich, dass er oder sie ein genetisches Programm ignoriert, das sich in den vergangenen 200.000 Jahren entwickelt hat. Dass das nicht funktionieren kann, lässt sich zum Teil an den hohen Scheidungsraten ablesen.

Die Evolution erwartet vom Menschen keineswegs Monogamie. Wäre dem so, würden nicht so viele Menschen fremdgehen. Wir alle folgen mehr oder weniger unserem genetischen Programm. Man kann es auch Trieb nennen. Evolutionsgeschichtlich leben wir alle noch immer in den Höhlen der Steinzeit, wo unsere Spezies ungleich mehr Zeit verbracht hat als in den Kirchen vergangener Jahrhunderte oder den Reihenhäusern der Gegenwart.

Kaum jemand würde sich freilich zum Fremdgehen bekennen – obwohl nach unterschiedlichen Untersuchungen deutlich mehr als die Hälfte aller Menschen, die in einer festen Beziehung leben, bereits entsprechende Erfahrungen gemacht hat. Bei Männern ist das statistisch stärker ausgeprägt, aber auch viele Frauen verspüren die Lust auf fremde Haut. Sie leben es vermutlich nur weniger aus als Männer. In anonymen Befragungen gaben rund 80 Prozent aller Männer an, innerhalb von fünf Jahren in einer festen Beziehung mindestens einmal fremdgegangen zu sein. Bei Frauen waren das immerhin noch 60 Prozent.

Es gibt eine ganze Reihe solcher Untersuchungen, und die Zahlen weichen voneinander ab. Aber die Grundtendenz ist immer die gleiche: Offiziell tut es niemand, im Schutz der Anonymität bekennt sich hingegen mehr als jeder Zweite dazu. Und bei denen, die es nicht tun, bekennt sich die Mehrheit immerhin zu dem Wunsch oder der Phantasie. Wobei bei denen, die nur in der Phantasie fremdgehen, offen bleiben muss, ob die moralischen Bedenken zu stark sind oder ob sie lediglich keinen geeigneten Partner für ein Abenteuer finden. Möglicherweise ist gelebte Monogamie bei vielen Menschen nichts weiter als ein Mangel an Gelegenheit.

Dabei drängt sich die Frage auf, warum eigentlich vom Partner sexuelle Enthaltsamkeit gegenüber Außenstehenden verlangt wird. Angst vor Krankheiten ist natürlich ein Grund, der nachvollziehbar ist. Aber durchheulte Beichtstuhl-Nächte am Küchentisch gibt es nicht erst seit dem Erscheinen des HI-Virus. Es ist wohl so, dass die meisten Menschen einen Seitensprung des Partners als Vertrauensverlust erleben. Es gibt Heimlichkeiten, es gibt Ungewissheiten, und das Gefühl, hintergangen zu werden, tut einfach weh.

Hinzu kommt die Angst vor dem Verlust der Beziehung: Mein Partner hat mit einem anderen Menschen etwas geteilt, das allein mir gehören sollte. Daraus ziehen viele Menschen den Schluss, dass der Partner auf dem Absprung ist. Manchmal mag das auch tatsächlich der Fall sein. Dann ist es vermutlich aber ohnehin zu spät. Oftmals (vor allem wenn Männer fremdgehen) ist der Antrieb aber nichts weiter als die immer mal wiederkehrende Lust auf einen anderen Körper. Wenn dann der betrogene Partner die Beziehung beendet, ist das der berühmte Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

Doch woher kommt diese tiefe Verletztheit, wenn der Partner einmal fremde Haut gespürt hat? Vermutlich erheben viele Menschen ihrem Partner gegenüber einen Besitzanspruch – was nach unserer Auffassung stets vermessen ist. Sie fordern die absolute Konzentration auf sich selbst, weil sie (zumindest im Unterbewussten) der Meinung sind, dass der andere ihnen gehört. Bei manchen Menschen geht das so weit, dass selbst Blicke in Richtung eines attraktiven Fremden als Treueverletzung gewertet werden. Menschen, die eine solche Sichtweise pflegen, haben oftmals ein Problem mit dem eigenen Selbstwertgefühl. Kein Problem haben viele von ihnen dagegen, wenn sie selbst fremdgehen. Wenn zwei das gleiche tun, dann ist das im eigenen Empfinden noch lange nicht das gleiche.

Frauen wie Männer sind oftmals zu einem Seitensprung bereit, wünschen ihn sich sogar – würden ihn dem eigenen Partner aber nicht verzeihen. In den westlichen Industrienationen scheitern genau daran die meisten Beziehungen – und das fast zwangsläufig: Denn unser Beziehungsideal basiert auf einem Irrtum: dem Irrtum, dass Treue gleichbedeutend ist mit Monogamie.

Wenn junge Menschen einander versprechen, niemals fremdzugehen, dann überblicken sie entweder nicht die Dimension dieses Versprechens oder sie leisten es in dem vollen Bewusstsein, sich nicht daran halten zu wollen. Und deshalb scheitern Beziehungen: Nicht wegen Untreue, sondern wegen eines Verständnisses von Treue, das nicht mit unseren Genen kompatibel ist. Nicht der Seitensprung an sich wird zur Belastung für eine Beziehung, sondern allein das, was er im Kopf des Partners anstellt. Manche betrogenen Menschen gehen mit einem Achselzucken oder vielleicht der Frage „Habt ihr denn wenigstens Kondome benutzt?“ darüber hinweg, während für andere die Welt einstürzt – obgleich beiden Reaktionsweisen der gleiche Vorfall zugrunde liegt. Psychologen haben dafür eine ganz simple Erklärung: Es sind nicht die Ereignisse, die auf uns wirken, sondern allein unsere Sicht auf diese Ereignisse. Deshalb sind die Reaktionen von verschiedenen Menschen auf das gleiche Geschehnis zuweilen extrem unterschiedlich.

Wir sind in unserer Beziehung trotz solcher Erkenntnisse noch nie fremdgegangen. Nicht etwa, weil wir uns so gut unter Kontrolle hätten oder weil wir die gesellschaftlichen Normen über unser genetisches Programm stellen würden, sondern weil wir eine wundervolle Alternative zum Fremdgehen gefunden haben: Wir sind Swinger.

2. Treu sein oder fremdgehen:
Die dritte Möglichkeit

Wie bitte? Swinger, die nicht fremdgehen? Wie passt das denn zusammen, fragte mal ein guter Freund, dem Steffen beim Öffnen der zweiten Weinflasche an jenem Abend von unserem etwas anderen Hobby erzählte. Das passt sehr gut zusammen. Wir sind einander treu, und wir sind monogam – treu und monogam in der Weise, wie wir beide es für unsere Beziehung definiert haben. Monogamie bedeutet für uns, dass wir niemals Sex ohne den eigenen Partner haben. Oder zumindest niemals etwas ohne seine ausdrückliche Zustimmung tun.

Unsere Art von Monogamie schließt allerdings Sex mit anderen Menschen ein – aber eben nicht ohneeinander. Das ist für uns der entscheidende Unterschied zum Fremdgehen. Würde einer von uns beiden für sich allein und heimlich Sex mit einem anderen Menschen haben, so würden wir das als Fremdgehen empfinden. Swingen ist etwas anderes. Swingen ist für uns die Erweiterung unseres gemeinsamen Sexuallebens. Jeder sexuelle Kontakt, den wir über das hinaus haben, was wir zu zweit genießen, ist nicht etwa eine Alternative zum eigenen Partner, sondern lediglich eine Ergänzung – man könnte auch sagen: eine besondere Spielart unserer gemeinsamen Sexualität. Steffen schaut lustvoll zu (und mischt sich auch gern ein), wenn Kirsten Sex mit einem anderen Mann hat. Und ebenso macht es Kirsten an, wenn Steffen mit einer anderen Frau schläft. Weil wir normalerweise dabei und meist auch mit einbezogen sind, ist dieser Sex mit Fremden eben kein Fremdgehen, sondern bleibt immer unser Sex.

Verwirrt genug? Dann laden wir Sie jetzt ein, uns auf eine kleine Reise in die etwas andere Welt der Swinger zu begleiten. Und wenn Sie sich auf den Gedanken einlassen, dass es noch mehr gibt, als das, was Sie zu zweit im eigenen Schlafzimmer oder wo auch immer tun, dann könnte es sein, dass sie eine wundervolle Welt entdecken. Der Gedanke übrigens ist manchmal das Spannendste an der ganzen Sache. Denn Sex beginnt immer im Kopf. Probieren Sie es aus. Lassen Sie einfach mal den Gedanken zu. Am besten gemeinsam.

3. Das Spiel im Bistro:
Der Gedanke entsteht

Wir lieben Straßencafes. Nicht nur deshalb, weil es da meist wundervollen Milchkaffee gibt (auch eine der großen Leidenschaften, die wir gemeinsam haben). In einem Straßencafe zu sitzen hat auch einen unglaublich hohen Unterhaltungswert. Wir schauen uns die Menschen an, die vorbeispazieren oder an Nebentischen sitzen, und überlegen uns, welche Geschichte wohl zu diesem Mann oder jener Frau gehören könnte. Man kann viel erkennen am Äußeren von Menschen oder daran, wie sie sich verhalten.

Beispielsweise wenn man auf die Schuhe achtet. Frauen tun so etwas, Männer eher nicht. Auch Steffen anfangs nicht. Bis Kirsten ihm beigebracht hat, was Schuhe über einen Menschen verraten. Auch sonst ist Kleidung sehr aufschlussreich und lässt viele Rückschlüsse zu. Allein schon die Frage, ob es sich um billige oder teure Sachen handelt, sagt viel aus. Oder ob die verschiedenen Kleidungsstücke zueinander passen oder die Farbkombination den Augen weh tut.

Das Paar, das an jenem Samstagnachmittag in unseren Blick geriet, wirkte zunächst wie jedes andere. Sie mochten beide so etwa Anfang oder Mitte 30 sein, schätzten wir, wirkten gepflegt, fast ein wenig elegant. Aber nur ein wenig. Das liege an ihren Pumps und seinem Jackett, meinte Kirsten. Und an ihrem ziemlich kurzen Rock, fand Steffen. Wir überlegten, was die beiden wohl für eine Geschichte hätten. Sie könnte Kindergärtnerin sein, phantasierten wir, und er Ingenieur. Außerdem geht er regelmäßig ins Fitness-Studio, vermuteten wir. Seine breiten Schultern und überhaupt seine sportliche Figur deuteten darauf hin. Die beiden sind kinderlos und genießen ihr Leben. Im Frühsommer waren sie im Urlaub auf Ibiza, und sie fahren einen schwarzen VW-Golf, einen Honda-Civic oder einen 3er-BMW. Auf jeden Fall ein Auto mit deutlich mehr als 100 PS. Und in ihrem Schlafzimmer haben sie Spiegel an der Decke, spekulierte Steffen.

„Und sie sind Swinger“, entfuhr es Kirsten plötzlich. „Ja, sie sind Swinger“, bekräftigte sie noch einmal nach kurzem Nachdenken und deutete sehr dezent auf die Frau.

„Hast du ihren Minirock mal genauer angesehen?“

Natürlich hatte Steffen das und ihm waren auch nicht die schönen langen Beine entgangen, wie er zugeben musste.

„Ja“, ergänzte Kirsten. „Aber vor allem: Sie trägt keinen Slip unter dem Rock.“ „Sicher?“, fragte Steffen.

„Sicher“, erklärte Kirsten.

Nun gehen natürlich nicht alle Frauen swingen, die mal unten ohne unterwegs sind. Aber zu den beiden schien das zu passen. Und plötzlich lief unser Kopfkino auf Hochtouren: Wir produzierten einen regelrechten Gedankenschwall, als wir diese Möglichkeit weiter phantasierten. Wir stellten uns vor, wie die beiden sich am Abend zurechtmachten, was sie wohl anzogen, wie sie einen Club betraten, wie sie mit fremden Menschen Kontakt aufnahmen – und schließlich auch mit ihnen Sex hatten. Denn wer in einen Swingerclub geht, der poppt natürlich mit vielen fremden Menschen wild durcheinander – so jedenfalls unsere etwas holzschnittartige Vorstellung damals. Wir stellten uns das alles vor, so wie zwei Menschen sich das eben vorstellen, die so etwas noch nie gemacht hatten.

„Ich glaube, er wäre mein Typ“, sagte Kirsten dann irgendwann beiläufig.

Und plötzlich nahm unser Gespräch einen ganz anderen Verlauf. Gedanklich verfolgten wir nicht mehr das Paar am Nebentisch durch einen Swingerclub, sondern tauchten selbst in diese geheimnisvolle Welt ein.

„Würdest du dich von ihm ficken lassen?“, frage Steffen.

Kirsten brauchte ein paar Sekunden, aber dann nickte sie ganz langsam, aber deutlich. Gedanklich war sie längst dabei. Erst in diesem Moment fragte sich Steffen, ob auch er wohl Lust haben würde auf die Frau im Minirock. Keine Frage – er würde. Doch er war klug genug, das in diesem Augenblick nicht auszusprechen, und Kirsten fragte ihn auch nicht danach. Aber sie wusste es auch so.

Natürlich haben wir nie erfahren, ob die beiden am Nebentisch wirklich Swinger waren oder nicht. Auch war Steffen nie ganz überzeugt, dass die Frau wirklich keinen Slip unter dem Minirock getragen hatte – so sehr er sich auch mit diskreten Blicken bemühte, das festzustellen. Aber als sie aufbrachen, überquerten sie die Straße und gingen zu ihrem geparkten Auto. Es war ein schwarzer Honda Civic.

Als wir in dieser Nacht Sex miteinander hatten, war etwas anders als sonst. Es war nicht nur heißer, sondern es war virtuell auch dieser unbekannte Mann mit den breiten Schultern aus dem Straßencafe dabei. Nicht seine Frau, aber der Mann. Als Steffen während des Liebesspiels fragte, gab Kirsten unumwunden zu, dass sie an ihn dachte. Und Steffens Reaktion überraschte ihn selbst: Der Gedanke machte ihn keineswegs eifersüchtig, sondern heizte ihn im Gegenteil noch mehr an.

Als wir etwas später verschwitzt und ermattet Arm in Arm lagen, sprachen wir noch einmal darüber. Kirsten hatte sich nicht vorgestellt, dass Steffen der andere gewesen wäre. Aber irgendwie war der andere dabei gewesen.

„Vielleicht sollten wir mal in einen Swingerclub gehen – vielleicht treffen wir die beiden da“, schlug Steffen vor.

Wobei er selbst nicht so recht wusste, ob das nun ernst gemeint war oder nicht. Wir wussten es beide nicht so recht. Aber der Gedanke war geboren.

Nun fiel der Gedanke an Gruppensex und Partnertausch nicht aus einem völlig luftleeren Raum auf uns herab. Wir hatten auch zuvor schon gelegentlich mal Pornos zusammen angeschaut. Es gibt ja durchaus anregende, gut gemachte Filme dieses Genres, die auch Frauen ansprechen – auch wenn solche Filme äußerst selten sind. Aber es gibt sie. Und in solchen Filmen gibt es dann auch zuweilen Szenen mit mehr als zwei Menschen. Vor allem wenn eine zweite Frau dabei war, gefiel das Steffen – wobei Kirsten mehr Lust empfand beim Anblick von einer Frau mit zwei Männern. Aber diese Pornos hatten nichts mit uns zu tun. Das waren Konstrukte aus einer fernen Traumfabrik, die sich vielleicht eigneten, einen erotischen Abend einzuleiten – mehr aber auch nicht.

Diese Beobachtung im Straßencafe dagegen hatte etwas mit uns zu tun. Da waren zwei reale Menschen gewesen, die für gerade mal eine knappe Stunde in unser Blickfeld geraten waren, und wir waren uns einig gewesen, dass wir Lust gehabt hätten, mit den beiden so etwas wie Partnertausch zu probieren. Wobei wir gar nicht wussten, ob wir jemals wirklich Partnertausch machen würden. Aber die Phantasie war da. Und in der folgenden Zeit tauchte der Gedanke immer wieder auf.

Doch wie das mit Gedanken so ist: Sie kommen und gehen, und manche muss man eine ganze Weile im Herzen bewegen. Oftmals wird trotzdem nichts daraus. Aus diesem Gedanken aber wurde etwas. Es dauerte ungefähr ein halbes Jahr, und in dieser Zeit blitzte er immer mal wieder auf. Manchmal beim Frühstück, während einer langen Autofahrt, in der Sauna, im Bett – eigentlich immer mal wieder und zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten. Der Gedanke war da. Er war nicht übermächtig, aber er ließ uns auch nicht mehr los. Wir gewöhnten uns an ihn, er kam immer wieder zu uns wie ein Freund, der uns immer vertrauter wurde. Und irgendwann gehörte er zu uns. Je öfter wir darüber redeten, umso konkreter wurde die Phantasie. Und eines Tages zogen wir los, um uns sexy Outfits für einen Clubbesuch zu besorgen.

Unser Tipp:

Einfach mal den eigenen Gedanken
freien Lauf lassen. Es ist erstaunlich,
wohin sie führen können.

4. In einer anderen Welt:
Unser erstes Mal

Es wurde eine ausgedehnte Shopping-Tour an jenem Samstag. Und sie war vermutlich auch ziemlich klassisch. Für Steffen hatten wir relativ schnell schwarze Shorts und ein Shirt aus einem seidigen Stoff gefunden. Nur mit den Schuhen war es schwierig. Wir hatten inzwischen so manches gelesen, hatten im Internet gesurft und natürlich geschaut, was denn so empfohlen wurde auf den Seiten diverser Clubs. Badeschlappen waren verbreitet, lasen wir, aber die fanden wir ziemlich unsexy. Schließlich fanden wir für Steffen schwarze Strandschuhe. Auch nicht sonderlich erotisch, aber doch schöner als Badelatschen. Für Kirstens Outfit wurde die Sache schon etwas komplizierter. Am Ende entschied sie sich für einen schwarzen Mini und ein dazu passendes Top. Die entsprechenden Schuhe hatte sie eigentlich schon zu Hause, meinte Steffen. Kirsten sah das anders und hatte zwei Stunden später neue schwarze Pumps in der Einkaufstüte.

An diesem Abend trugen wir die Sachen zum ersten Mal im Wohnzimmer und machten eine ausgedehnte Fotosession. Vor allem Steffen wollte Kirsten immer wieder in den unterschiedlichsten Posen ablichten. Es machte uns einen Heidenspaß, uns gegenseitig in diesen heißen Sachen zu fotografieren – und es heizte uns ungemein an. Dass wir dann auch Sex hatten, war eine Selbstverständlichkeit. Es war insgesamt ein unglaublich erotischer Abend, den wir auf dem weichen Wohnzimmerteppich ausklingen ließen. Mit viel Rotwein, heißen Dessous, nackter Haut und viel Kopfkino. Je später der Abend wurde, umso unbefangener erzählten wir uns gegenseitig die Gedanken, die uns bei der Vorstellung von einem Clubbesuch durch den Kopf gingen. Diese Phantasien erregten uns erneut, und wir hatten eine wilde Nacht mit wenig Schlaf.

Was wir aber wirklich bei so einem Clubbesuch erleben wollten, blieb trotz Kopfkino nebulös. Allerdings wussten wir, was wir auf keinen Fall wollten, als wir an jenem Abend auf den Parkplatz dieses Swingerclubs im Sauerland fuhren: richtigen Partnertausch. Die Vorstellung, mit wildfremden Menschen Geschlechtsverkehr zu haben, war etwas sonderbar, und deshalb schlossen wir das aus – zumindest für diesen ersten Abend.

Wir waren uns einig, dass wir uns bei unserer Premiere vor allem einmal einen Club anschauen wollten. Wir wollten die Bilder aus dem Internet und den eigenen Köpfen mit der Realität vergleichen, wollten wissen, wie es sich anfühlt, sich in Dessous unter all den anderen leicht bekleideten Menschen zu bewegen. Uns bewegte die Frage, was für Leute wir da treffen würden, wie die ganze Atmosphäre sein würde. Auch wenn wir noch so viel gelesen hatten: Uns war klar, dass wir das nur durch eigenes Erleben herausfinden würden.

Natürlich wollten wir auch unseren Spaß haben an diesem Abend im Swingerclub. Aber inwieweit wir dabei andere Menschen einbeziehen wollten, war uns zunächst noch unklar.

Bevor wir den Club betraten, machten wir eine Erfahrung, die vermutlich schon Tausende Paare bei ihrem ersten Mal gemacht hatten: Wir blieben eine ganze Weile auf dem Parkplatz im Auto sitzen, schauten uns die Menschen an, die zur Eingangstür gingen und fragten uns mit einem mulmigen Gefühl, ob wir da wirklich hineingehen wollten.

Es kostete tatsächlich einige Überwindung, nach zehn bis fünfzehn Minuten aus dem Auto auszusteigen und die wenigen Meter zur Eingangstür zu gehen. Vor allem Kirsten schluckte ein paarmal, bevor sie die Autotür öffnete. Von anderen Paaren haben wir später gehört, dass diese Überwindung, vor dem ersten Mal das Auto zu verlassen, auch gut und gern eine halbe Stunde und mehr dauern kann. Es gibt sogar Paare, die auf dem Parkplatz des Clubs wieder kehrt machen – und dennoch irgendwann einen zweiten Anlauf nehmen und dann lustvoll in die Szene eintauchen. So gesehen waren wir noch relativ schnell.

Schließlich standen wir an der Tür, Steffen drückte auf den Klingelknopf, und ein freundlicher Mann mittleren Alters in leichter Bekleidung ließ uns ein. Er fragte nach unseren Vornamen, notierte diese auf einer Clubkarte, die er uns aushändigte und erklärte, dass es sich dabei auch um ein Rabattsystem handele: Jeder Besuch werde abgestempelt, der zehnte Besuch sei dann gratis.

„Zehn Mal?“, murmelte Kirsten. „Erst mal sehen, ob es überhaupt ein zweites Mal geben wird.“

Der freundliche Mann am Empfang kassierte den Eintrittspreis und erklärte uns, wo der Umkleideraum war, dass wir unseren Schrankschlüssel an der Bar abgeben könnten, und dass wir als Neulinge gern eine Führung bekommen könnten, wenn wir wollten. Wir wollten.

Der Umkleideraum war etwas eng, in den Spind bekamen wir unsere Sachen grad so eben hinein. Aber irgendwie hatte dieses Umziehen auch etwas Spannendes. Denn es waren noch zwei weitere Paare dabei, ihr Outfit anzulegen. Und aus den Augenwinkeln heraus musterte jeder jeden. Ganz dezent natürlich. Gerade so, als streiften die eigenen Blicke eher versehentlich die anderen – obgleich alle ganz genau wussten, dass man sich gegenseitig beobachtete. Vor allem Kirsten fand es dabei spannend, was die anderen Frauen wohl aus ihrer Tasche zaubern und anziehen würden. Beruhigt stellte sie fest, dass sie den Vergleich nicht scheuen musste.

An der Bar war schon einiges los. Wir gaben unseren Schlüssel ab und erklärten, dass wir gern an einer Führung teilnehmen würden. Das dauere noch ein paar Minuten, erklärte uns die junge Frau hinter dem Tresen, und wir möchten doch so lange etwas trinken. Die Chefin würde uns dann hier abholen. Trinken wollten wir noch nichts, aber wir sahen uns die Menschen im Barraum an. Es mochten vielleicht 40 bis 50 Paare sein, ein ziemlich buntes Völkchen im Alter zwischen 20 und 60 Jahren, wie wir schätzten. Der Schwerpunkt lag aber wohl so zwischen 30 und 50, womit wir eindeutig zum Jungvolk zählten. Vermutlich war das auch einer der Gründe, weshalb wir spürbar Blicke auf uns zogen. Ein weiterer Grund war natürlich, dass man als Neuling dieses Gefühl immer hat.

Die Leute trugen höchst unterschiedliche Outfits – von zartweißer Spitzenunterwäsche über Korsagen, Minikleider und Sportshirts bis zu Kettenhemden. Letzteres schien aber glücklicherweise eine Ausnahme zu sein.

„Wo kauft man so etwas eigentlich?“, fragte Kirsten erstaunt. „Im Baumarkt?“

(Auf die Frage der Kleidung gehen wir in Kapitel 9 etwas ausführlicher ein.)

„Ihr möchtet eine Führung?“, sprach uns kurz darauf eine leicht bekleidete Frau im mittleren Alter an. Wir nickten und sie fragte:

„Euer erster Besuch bei uns oder euer erster Clubbesuch überhaupt?“

Als wir ihr mitteilten, dass dies hier heute Abend für uns die absolute Premiere sei, lächelte sie verschmitzt-vielsagend und forderte uns auf mitzukommen. Wir waren nicht die einzigen Neuen. Gemeinsam mit uns wurden zwei weitere Paare von der Chefin durch den Club geführt. Sie erklärte uns alle Räume, angefangen mit Bar, Disco und Speiseraum im Erdgeschoss. Spannender wurde es in den beiden Obergeschossen. Wir bekamen einen kleinen Whirlpool und eine Sauna zu sehen, einen SM-Raum mit Käfig, Peitschen und ähnlichen Utensilien (die uns nicht sonderlich interessierten), eine Spielwiese, um die herum ein enger, stark abgedunkelter Gang führte, ein Fernsehzimmer, zwei kleine Separees, die jeweils Platz für maximal vier Personen boten und die man mit Vorhängen verschließen konnte, sowie einen großen Dachraum, der mit Matratzen ausgelegt war und uns als „Orgienspeicher“ präsentiert wurde. Sonderlich viel los war in all diesen Räumen noch nicht. Nur hin und wieder begegneten uns andere Paare, die sich umsahen. Und im Fernsehraum saß ein Paar und schaute sich den dort laufenden Pornofilm an – warum auch immer.

Zu diesem Zeitpunkt des Abends waren fast alle anwesenden Paare im Barraum versammelt, wo uns die Chefin nach der Führung dann auch wieder absetzte. Warum sich fast noch niemand auf den Weg nach oben machte, erfuhren wir ein paar Minuten später, als der Discjockey verkündete, dass das Buffet nun eröffnet sei. Wie auf Befehl strömten zahlreiche Menschen in den Nebenraum (obwohl da eigentlich viel zu wenig Platz für all die Hungrigen war). Wir blieben zunächst an der Bar sitzen und schauten uns durch die geöffnete Tür zum Speisezimmer das Gedränge an.

Das war ganz spannend, kamen doch bei uns zahlreiche Menschen vorbei, die wir auf die Weise aufmerksam mustern konnten und über die wir ein wenig phantasierten, wer sie wohl waren und was sie so machten. Es war unser Spiel, das wir gern im Bistro spielen. Aber hier war es etwas anders – allein schon, weil sich diesmal die Frage erübrigte, ob denn vielleicht ein Swingerpaar dabei sein mochte. Spannend und witzig waren unsere Mutmaßungen über die vielen Dessousträger dennoch.

Erst als der große Ansturm am Buffet vorüber war, gingen auch wir in den Nebenraum, um zu schauen, was die anderen übrig gelassen hatten. Wir waren angenehm überrascht vom vielfältigen Essensangebot, das während des gesamten Abends immer wieder nachgelegt wurde, so dass man auch zu fortgeschrittener Stunde eine zweite oder dritte Mahlzeit einnehmen konnte.

Nach dem Essen dünnte sich das Publikum in Bar, Disco und Speiseraum zunehmend aus. Immer mehr Paare suchten jetzt den Weg nach oben, und irgendwann beschlossen auch wir, ihnen zu folgen. Wir wanderten über die Flure, wo nun erheblich mehr los war als zuvor bei der Führung. Auch andere Paare gingen umher und schauten sich um. Vor den Spielwiesen blieb man stehen, schaute durch die Türen und Gucklöcher – und wenn nichts weiter los war, wanderte man weiter. Es war wohl so eine Art Orientierungsphase, die nun eingesetzt hatte. Manche Paare allerdings verschwanden auch hinter den Vorhängen oder durch die Luken zu den Spielwiesen. Damit wurde es spannend, denn nun bekam man auch etwas mehr zu sehen.

Irgendwann standen wir vor einer Spielwiese und schauten durch die Gucklöcher dem Treiben dort drinnen zu. Es waren zwei Paare zu sehen, die nebeneinander mit sich beschäftigt waren. Alle vier waren nackt, die eine Frau verwöhnte ihren Partner mit dem Mund, bei dem anderen Paar war es umgekehrt: Der Mann hatte seinen Kopf zwischen den Beinen seiner blonden Partnerin vergraben, und ganz offensichtlich gefiel ihr, was ihr ebenfalls blonder Partner da tat. Kontakt zwischen den beiden Paaren gab es zunächst keinen. Wir waren ein wenig überrascht, dass der Sex dieser beiden Paare nur mit dem eigenen Partner stattfand – gleichsam isoliert, als würde man die Anwesenheit des anderen Paares gar nicht bemerken. Aber was hatten wir eigentlich erwartet? Dass hier alles spontan und wild durcheinander poppen würde? Das nun auch nicht – selbst wenn dies wohl die weit verbreitete Ansicht außerhalb der Swingerszene ist.

Anregend war der Anblick dieser beiden nackten Paare natürlich trotzdem. Und nach einer Weile bemerkten wir, wie der auf dem Rücken liegende Mann ganz vorsichtig seinen Arm gegen die blonde Frau neben sich schob und so Hautkontakt herstellte. Sie reagierte darauf gar nicht – aber sie schob seinen Arm auch nicht fort. Woraufhin der Mann mutiger wurde und nun die Frau neben ihm zu streicheln begann. Zunächst am Arm, dann an den Schultern, und schließlich tastete sich seine Hand auch zu ihren Brüsten vor. Sie reagierte noch immer nicht, sie ließ es einfach zu.

Ihr Partner, der sie noch immer leckte, bemerkte das offenbar und schob jetzt auch eine Hand zu der dunkelhaarigen Frau neben ihm, die noch immer zwischen den Beinen ihres Mannes kniete. Der Blonde ließ seine Hand am Bein der Frau entlangwandern und streichelte schließlich ihren Po. Wir konnten von unserer Position aus nicht genau sehen, was seine Hand dort tat, aber die Bewegungen deuteten irgendwann doch darauf hin, dass seine Finger auch noch andere Stellen gefunden hatten.

Später wurde uns klar, dass das sozusagen ein Klassiker war, den wir da beobachtet hatten: Wenn zwei Paare auf der Matte Kontakt aufnehmen wollten, dann beschäftigten sie sich zunächst miteinander, und ließen dann ganz langsam Hände zu fremden Körpern wandern.