LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER

Der Modebegriff „Qualitätszeit“ könnte seinen Ursprung am Meer gehabt haben: Mächtige Wellen rollen an den Strand und lassen das Wasser wie Silberstaub in der Sonne glitzern. Dazwischen die kecken Schreie der ­Möwen und diese herrliche, unnachahmlich duftende Brise! Dies alles gepaart mit der scheinbar endlosen Weite, welche die Sonne morgens gebärt und sie abends sanft verhüllt. Ich angle, seit ich laufen kann und war überall unterwegs, wo Angeln aus fischereilicher oder landschaftlicher Sicht lohnenswert gewesen ist. Doch die ganz besonders starken Momente schenkte mir meist das Meer.Es sind Ereignisse und Wahrnehmungen, die sich bis an mein Lebensende in der Erlebnishälfte meines Gehirns eingerichtet haben. Die monströse Meerforelle, die sich an der Ostseeküste im Sprung von meinem Blinker befreien konnte. Ich spüre jetzt noch die feuchte Kälte dieses späten Märztages. Und die abgrundtiefe Enttäuschung dieses Moments!Dann war da dieses ungläubige Staunen meines Angelkollegen Michael und mir, als es einer der starken Wrackdorsche im Fehmarnbelt tatsächlich schaffte, die Abdrift unseres Schlauchbootes zu stoppen. Bei Windstille und Sommerhitze war es hier nicht mehr und nicht weniger als das große Stück Abenteuer, das Hemingway bei seinem tragischen Helden Santiago so gekonnt beschrieb, als er seinen scheinbar übermächtigen Gegner an der Leine hatte. Einziger Unterschied: Der alte Santiago konnte seinen Fisch wenigstens landen …Bei den großen Krisen meines Lebens war es nicht etwa einer meiner geliebten Flüsse, die mir Kraft und Zuversicht zurückgegeben hätten. Ich suchte die Nähe des Meeres und fand dort immer einen Verbündeten, Seelenverwandten und Freund. Die Wunden auf der Seele waren nach einer Nacht im Schlafsack unter freiem Himmel am Strand verheilt – wenn die Sorgen schlimm waren, war ich auch mal ein paar Tage länger allein am Meer.

Und dann diese Triumphe, diese spektakulären Stunden voller positiver Emotionen. Immer im Glanze einer magischen Mondnacht, eines kolossalen Sonnenuntergangs oder im Tanz mit den Wellen. Großartige Meerforellen- und Dorschfänge beim Watangeln an der Ostseeküste. Nervenkitzel und pure Spannung beim Spinnfischen auf Wolfsbarsche an der Nordsee. Der Hauch des Unmöglichen, beim Versuch der baltischen Meeräsche Herr zu werden. Hornhechte im wilden Sprung – und das in Serie! Und nicht zuletzt der erste Butt, den ich am Strand zusammen mit meinem kleinen Sohn auf den blanken Bauch legen konnte.Dieses Buch ist mein kleines Dankeschön an die großen Meere, die uns in Deutschland so sehr bereichern. Welches Land auf der Erde hat schon das Glück, zwei so verschiedene und großzügige Lebensquellen zugleich sein Eigen zu nennen? Meine Hoffnung, aber auch mein unerschütterliches Streben nach einer guten Zukunft für das Angeln und mein großer Glaube an unsere Vernunft gelten dem Erhalt dieser großen Geschenke. Daran, dass sich das Klima verändert, können wir allein nichts ändern. Aber sehr wohl daran, nicht noch mehr Dreck und Plastik in unser Wasser zu schmeißen! Dies gilt auch für den Einsatz unserer Köder, die längst nicht mehr mit giftigen Weichmachern produziert oder aus purem Blei gegossen sein müssen.

Dass der Fisch unsere Leidenschaft verdient, und zwar über das Abenteuer des Fanges hinaus, sollte sich für jeden echten Sportsmann und jede Sportsfrau von selbst verstehen. Lasst uns Dorschen, Meerforellen, Schollen und auch kleineren Schätzen des Meeres mit Demut und Respekt begegnen. Unabhängig davon, ob wir den Fang abends verzehren oder sogar am Strand knackfrisch auf dem Grill rösten. Oder ob wir ihm seine Freiheit wieder schenken. Gern auch in einem eigenverantwortlichen Maß über das hinaus, was uns der Gesetzgeber vorschreibt. Dabei verwalten wir Meeresangler eine gute Tradition. Denn da, wo die gesamte Raubfischszene im Süßwasser erst noch hinmuss, ist man beim Meeresangeln auf Dorsch vor unseren Küsten bereits angelangt: Das Angeln auf Laichdorsche ist verpönt und wurde schon vor Jahren von verantwortungsvollen Anglern und Kutterkapitänen beendet. Machen wir so weiter – da geht bestimmt noch me(e)hr …

Schöne Stunden an Nord- und Ostsee wünscht
Ihr Jörg Strehlow

Meeresfisch ist eine Gabe, nicht nur für Angler!
© Jörg Strehlow

BORSTENGOLD

Nein, besonders appetitlich kommen sie wirklich nicht daher. Doch über die Fängigkeit von Wattwurm und Seeringelwurm entscheiden nicht wir, sondern die Dorsche. Und bei denen stehen die Meeres­würmer verdammt hoch im Kurs!

Würmer sind nicht nur im Süßwasser die Naturköder mit dem höchsten Ansehen. Allerdings werden im Meer ganz andere Kaliber verwendet als in Fluss und See. Einzig der gute alte Tauwurm wird von den Brandungsanglern als selektiver Aalköder eingesetzt, weil er weniger gern von Butt und Dorsch genommen wird. Wer jedoch Dorsche mit der Brandungsrute oder beim Driftfischen vom Boot aus erbeuten möchte, der kommt an Seeringelwürmern, vor allem aber an Wattwürmern, nicht vorbei. Beide Kandidaten leben im flachen Meerwasser, meist ufernah, im Watt oder im Küstenbereich. Der Wattwurm haust im feinen Schlick und ganz feinkörnigem Sand der Nord- und Ostsee, wo er sein Dasein in einer u-förmigen Röhre fristet. Diese Wurmwohnung finden Sie relativ einfach, indem Sie sich einfach am ebenen und sandigen Gewässergrund an den typischen Sandkringeln orientieren. Die scheiden Wattwürmer aus, nachdem sie dem Sediment seine Nährstoffe entzogen haben. Dort setzen Sie nun entweder bei Ebbe die Forke oder den Spaten an und graben sich lustig trällernd durch den Tag. Oder Sie machen es auf die elegante Art: mit dem Plümper. Das ist eine massive Metallplatte, die senkrecht an einem langen Stiel angebracht ist und im Wasser über dem verräterischen Sandhäufchen rhythmisch auf und ab bewegt wird. Durch den Sog werden die Wattwürmer aus ihrer Röhre gespült und landen im Idealfall in dem von Ihnen bereitgehaltenen feinmaschigen Schmetterlingsnetz. Auch gut für dicke Muckis an den Armen! Wattwürmer (man unterscheidet zwischen dem „Braunen“ und dem „Schwarzen Wattwurm“) kann man natürlich auch im Fachhandel an der Küste kaufen, allerdings nicht gerade billig und oft nur auf Vorbestellung. Leider können Sie die begehrte Beute nur etwa drei Tage lang in Zeitungspapier aufbewahren – am besten im Kühlschrank bei acht bis zehn Grad. Ist das Papier durchnässt, wechseln Sie es bitte gegen trockenes aus.

Wattwürmer sind die Naturköder Nr. 1 an den Küsten Deutschlands
© Jörg Strehlow

SIE BEISSEN UND SIE SPRITZEN

Auch der Seeringelwurm, hierzulande ist dies meist der 10 bis 20 Zentimeter lange „Grüne Ringelwurm“, verbringt sein Leben in Wohnröhren. Die wählt er im Gegensatz zum Wattwurm jedoch so aus, dass auf seinen bevorzugten Sandbänken auch mal ein paar Steine, Kiesel oder Muscheln herumliegen dürfen. Der wahre Könner kauft sich die hoch gehandelten Köder nicht für teure Euros und hundertgrammweise im Angelladen, sondern greift selbst zur Forke. Und gräbt die exzellenten Gleiter zwischen den Steinen aus, um mit flinken Fingern zuzupacken – eben bevor die borstigen Biester wieder in ihre Röhre zurück­geglitten sind. Auch Seeringelwürmer können gut zwischen Zeitungspapier im Kühlschrank gelagert werden und halten sich sogar bis zu zehn Tage lang knackfrisch. Haben Sie sich entschieden, welcher Wurm Ihren nächsten Angelausflug auf Dorsch noch erfolgreicher gestalten soll? Dann passen Sie bloß auf, denn beide hinterlassen entweder deutlich sichtbare oder noch deutlicher spürbare Spuren. Der Wattwurm hat einen stark jodhaltigen Körpersaft, der sich durch eine intensive Gelbfärbung auszeichnet. Genau diesen hellen Gelbton Marke „DJ Yellow“ haben Sie nach dem Aufziehen einer Hundertschaft Wattis mit der Ködernadel auch an den Fingern haften! Ganz ohne Kettenrauchen, sondern einzig aus reiner Solidarität mit dem dufte Dorschköder. Und dann erst die „Ringler“! Die haben nicht nur die Wehrhaftigkeit einer Ringelnatter, der sie versehentlich auf den Schwanz getreten sind. Nein, die beißen auch (fast) so! Mit seinen beiden Kauzangen direkt am Kopf stand der Seeringelwurm nicht nur den Erschaffern der Aliens Pate, er kann damit auch richtig zwicken. Und, vielleicht greifen Sie doch lieber zum Blinkern oder Pilken …?

Schollen beißen auch, aber gern auf Würmer.
© Martin Liebetanz

Grundsätzlich sind es vor allem „die Platten“, die gut auf Borstengold reagieren.
© Jörg Strehlow

NORDSEESCHÄTZE

Nicht nur auf dem Teller ist er ein wahrer Hochgenuss – auch an der Rute kann sich der Wolfsbarsch durchaus sehen lassen. Sucht man in der Ostsee vergebens nach dem rauschuppigen „Loup de mer“, ist er an der Nordsee umso präsenter.

Kaum ein anderer Fisch ist innerhalb der letzten 15 Jahre so stark in den Fokus von uns Anglern als auch in den Alltag anspruchsvoller Fischesser geschwommen. Der Klimawandel und die Veränderungen bei den Meeresströmungen haben dafür gesorgt, dass Wolfsbarsche inzwischen an der Nordseeküste in Dänemark und sogar auf den Ostfriesischen Inseln ankommen. Und das in Beständen, die das Angeln auf diesen tollen Fisch durchaus lohnenswert machen. Musste man früher noch an die Küsten der Bretagne, Englands oder Irlands fahren, um Wolfsbarsche zu angeln, geht das heute vor der eigenen Haustür. Die wichtigsten Aspekte, die zur Popularität des Schuppenträgers aus dem Salzwasser führen, sind allerdings die Suchtfaktoren, die von seinem Fang als auch von seinem Genuss ausgehen. Wer einmal stundenlang auf diesen bemerkenswerten Raubfisch an der Nordseeküste geangelt hat und dann tatsächlich mit dem Fang dieses starken Kämpfers belohnt wurde, der ist der Magie des „Meerwolfes“ hoffnungslos erlegen! Mit seiner unglaublichen Kondition und der Spritzigkeit im Drill braucht er sich nicht hinter einer strammen Meerforelle zu verstecken. Genau das haben auch die Watangler der Nordsee erkannt – bei ihnen steht der Wolfsbarsch nämlich hoch im Kurs. Dabei kommt dem bissigen Barsch die zunehmende Erwärmung der Nordsee entgegen, der an der niederländischen Küste übrigens schon seit längerer Zeit erfolgreich beangelt wird. Generell mag es der Wolfsbarsch warm und kommt im Sommer bei Wassertemperaturen um 20 Grad in Ufernähe – nicht ohne Grund, denn hier schlägt er sich den Bauch mit Krebsen, Krabben, Spierlingen und anderen kleinen Lebewesen voll. Dabei liebt der Wolfsbarsch starke Strömungen. So gelten besonders auflaufendes Wasser und vor allem starke Fluten mit straffen Strömungen als besonders fängig. Der Neumond tut sein Übriges, denn er sorgt für ausgeprägte Flutverhältnisse, die dem Wolfsbarsch besonders entgegenkommen. Nicht selten, dass in einer solchen Phase auf den Nordseeinseln Sylt, Baltrum und Wangerooge durchaus auch Stückzahlen um die vier oder mehr Fische möglich sind. Welch ein herrliches Erlebnis, wenn der Wolfsbarsch dann auch noch fünf oder sechs Pfund auf die Waage bringt! Um solche Sternstunden zu erleben, müssen Sie jedoch gut vorbereitet sein: Neben einer großen Portion Ausdauer sind vor allem Gewässerkenntnisse nahezu unerlässlich. Um die Chancen hochzuhalten, sollten Sie jedoch immer doppelgleisig fahren und neben der Ausrüstung zum Spinnfischen mit passenden Blinkern, Wobblern und Gummifischen auch eine Brandungsrute mit auf die Jagd nehmen. So sind Sie auf alle Launen der Natur mit ihren schwer auszurechnenden Witterungsverhältnissen vorbereitet.

Der Wolfsbarsch fühlt sich an unseren Küsten inzwischen wohl.
© Marco Wenk

Er bietet einen tollen Kampf an der Rute.
© Marco Wenk

WÖLFE IN WURFWEITE

Die besten Phasen zum Fischen ergeben sich in den ersten zwei Stunden nach Niedrigwasser bis zwei Stunden nach Hochwasser. Hier kommen die Wölfe während ihrer Raubzüge nämlich ganz dicht an das Ufer und somit auch in die Wurfweite unserer Köder. Um einen Wolfsbarsch zu bändigen, benötigen wir kräftiges Geschirr. Die Spinnrute zum Werfen mit Blinkern sollte ein Wurfgewicht von 20 bis 50 Gramm nicht unterschreiten, um einerseits den Köder auf Weite zu bringen und andererseits, um den Fisch im Drill gut kontrollieren zu können. Wer es lieber mit dem Wobbler oder einem Gummifisch versuchen möchte, setzt wegen des besseren Handlings auf eine etwas kürzere Rute um 2,7 Meter. Zum Fischen mit dem Blinker eignen sich Ruten um drei Meter Länge besonders, wobei manche Angler nicht zuletzt wegen der besseren Wurfeigenschaften auch auf längere Ruten setzen, um auch weit entfernte Molen und Wellenbrecher zu erreichen. In Kombination mit einer dünnen geflochtenen Schnur haben Sie gleich mehrere entscheidende Vorteile: Nicht nur, dass Sie von Haus aus deutlich bessere Wurfweiten erzielen – vor allem aber spüren sie jeden kleinen Zupfer, und die Hängergefahr sinkt aufgrund der deutlich besseren Köderkontrolle gegenüber einer herkömmlichen Monofilen. In Kombination mit einer hochwertigen Stationärrolle, die unbedingt salzwasserresistent sein sollte, liegen Sie goldrichtig. Achten Sie darauf, dass die Rolle die geflochtene Schnur sauber verlegt, andernfalls gibt es beim Werfen lästige Probleme: Eine zu locker aufgewickelte Schnur schießt in großen Schlaufen von der Rolle, was zu unentwirrbaren Perücken führt. Außerdem sollten diese Rollen dem harten Einsatz im Salzwasser standhalten und eine sehr gute Kopfbremse haben. Um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, empfehle ich Ihnen, eine voll bespulte Reservespule oder zumindest eine Packung monofile Schnur mitzunehmen. Oft entscheidet die Wahl zwischen geflochtener oder monofiler Schnur über Fangen oder Nichtfangen. Meist stürzt sich der Wolfsbarsch zwar auf jeden Kunstköder, doch es gibt Tage, an denen die Fische dem Köder folgen und ihn vorsichtig ins Maul nehmen, um ihn sofort wieder auszuspucken. Wenn man dann mit einer monofilen Schnur fischt, spürt man kaum einen Zupfer und unsere Anhiebe gehen ins Leere. An solchen Tagen ist die Geflochtene eindeutig besser. In jedem Fall sollten Sie jedoch eine Schlagschnur, also eine Art überlanges Vorfach, vor den Köder schalten. Geflochtene Schnüre verschleißen an Hindernissen oder Muschelbänken sehr schnell. Ideal ist ein Vorfach aus Fluorocarbon als Schlagschnur zum Spinn­fischen. Dieses für den Fisch nahezu unsichtbare Material ist nicht nur besonders abriebfest, sondern im Vergleich zu einer monofilen Schnur auch deutlich dehnungsärmer. Hier haben sich Durchmesser um 0,4 Millimeter bewährt. Zum Brandungsangeln verwenden Sie ein maximal 0,5 Millimeter starkes Monofil. Als geflochtene Hauptschnur kommen Schnüre mit einer Tragkraft um zehn Kilo zum Einsatz. Das entspricht einem Durchmesser von 0,12 bis 0,15 Millimeter. Wenn Sie mit einer monofilen Hauptschnur fischen, sollte Ihre Schnur zum Spinnfischen etwa 0,28 und zum Brandungsangeln 0,35 Millimeter dick sein. Verwenden Sie bitte eine weiche Schnur. Eine zu harte bremst den Wurf zu stark ab, und der Köder fliegt nicht weit genug. Weil Wolfsbarsche in neun von zehn Fällen direkt an Hindernissen wie Steinschüttungen und Molenköpfen stehen, muss die Schnur eine Menge ertragen. Kontrollieren Sie deshalb nach jedem Wurf die ersten zwei Meter über dem Köder und machen Sie den Zugtest. Manchmal ist keine Beschädigung zu erkennen, aber der Knoten am Köder ist trotzdem fast durchgescheuert und reißt bei leichtestem Zug!

Mit passendem Gerät gelingen gute Fänge.
© Marco Wenk

Spinnfischen am Meer verlangt grundsätzlich recht robustes Gerät.
© Marco Wenk

ÜBERZEUGENDE DEKORE

Wolfsbarsche sind vornehmlich Augenjäger. Das bedeutet, dass sie ihre Beute bevorzugt über das Auge und weniger über das Seiten­linienorgan wahrnehmen und anvisieren. Entsprechend feinfühlig reagieren die Barsche auf Köderfarben, die häufig auch den Unterschied machen. Einige Wolfsbarsch­experten aus den Niederlanden verwenden beispielsweise gern Jigköpfe, die mit Bucktail oder Federn in den Farbkombinationen Weiß/Blau, Weiß/Fluogelb und Weiß/Grün dekoriert sind. Rund- oder Eri-Jigköpfe zwischen 7 und 28 Gramm sind jedoch meine erste Wahl bei der Angelei von Molen oder vom Strand aus. Als Köder dienen bevorzugt Twister in Perlmutt und Fluo-Grün. Jedoch haben sich auch rote, schwarze und weiße Twister erfolgreich bewährt. Ebenso bewährt haben sich schlanke, längliche Gummifische, denn diese imitieren die Lieblingsbeute des Wolfsbarsches: den Sandaal. Sind die Wolfsbarsche außer Rand und Band und jagen gut sichtbar an der Wasseroberfläche, sind Blinker wohl am vielversprechendsten. Schlanke Köder in Silber, Weiß oder mit blauer und grüner Reflexfolie sind immer einen Versuch wert. Verfügen Sie bereits über das nötige Gerät vom Meerforellenfischen an der Ostsee, probieren Sie einfach mal Ihre eigene Köderauswahl an der Nordsee durch. Die Beute­fische sind, wie auch an der Ostsee, häufig Sandaale und kleine Heringe. Somit passen Ihre Meerforellenköder nämlich auch hervorragend in das Beuteschema der Wolfsbarsche. Imitieren Küstenwobbler die Form und Farbe der bevorzugten Beute, sind auch die schlanken Exemplare immer einen Versuch wert. Um den Köder so weit wie möglich werfen zu können, werden immer häufiger auch Zocker oder kleine Pilker verwendet. Idealerweise sind diese bis zu 40 Gramm schweren Wurfgeschosse am Drilling noch mit einem einfachen Twisterschwanz in Weiß garniert. Eine Kombination aus silberblankem Zocker und weißem Gummi ist für den Wolfsbarsch offenbar besonders verführerisch, wie die Fänge unserer holländischen Nachbarn beweisen. Holen Sie die Minipilker beim Absinken relativ schnell ein. Die Wolfsbarsche beißen wegen der oftmals starken Strömung knallhart auf diesen Köder. Anschließend gilt es, den Fisch mit Pumpbewegungen rasch an die Oberfläche zu bekommen, ehe ein Kescher die Landung erleichtert. Versuchen Sie bitte nicht, einen Wolfsbarsch mit der Hand zu landen – die unruhigen Fische sind wahre Experten darin, sich mit ihrem Stachelkamm zur Wehr zu setzen.

In diesem Fall wurde das richtige Dekor gewählt.
© Marco Wenk

Wolfsbarsche sind Augenjäger – bringen Sie Farbe ins Spiel.
© Marco Wenk

MEISTER DER VERSTECKSPIELE

Nicht jeder Angler ist ein Spinnfischer und mag es, den ganzen Tag unermüdlich die Rute zu werfen. Der Wolfsbarsch ist jedoch auch für Ansitzangler der ideale Zielfisch, weil er sich auch mit Naturköder beim Ansitz erfolgreich fangen lässt. Als Köder dienen weiche Krabben, Wattwürmer und Garnelen. Die Krabben werden am besten an der einfachen Laufbleimontage angeboten, aber auch mit der Laufpose kommt man gut zurecht, wenn die Strömung nicht zu stark ist. Aber auch mit der Brandungsrute stehen die Chancen gut: Wer einen Wattwurm am 1/0er-Haken direkt in der Brandung anbietet, hat exzellente Chancen auf einen Wolfsbarsch, denn besonders nach windigen Phasen mit stark auflandiger Welle jagen die Barsche in ganzen Schwärmen in den Brandungswellen. Wie eingangs bereits erwähnt, lieben Wolfsbarsche warmes Wasser im Sommer. Wenn man vom Strand aus fischt, reicht manchmal die Badehose. Auf Molen sollten Sie aber immer festes Schuhwerk tragen, denn Muscheln und Seepocken sind messerscharf und schmerzen tierisch. Nicht zuletzt deshalb sollten Sie immer genauestens darauf achten, wohin Sie treten, denn Löcher in den Molenköpfen sind nicht selten. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, trägt über der Wathose eine Schwimmweste. Zu Saisonbeginn, frühestens Ende Mai, hat das Meerwasser noch nicht die optimale Badetemperatur erreicht. Am besten trägt man dann eine Wathose aus Neopren. Molen, Hafenmauern und Dämme sind Stellen, an denen Wolfsbarsche stehen. Allerdings brauchen sie Versteckmöglichkeiten, denn sie attackieren ihre Beute aus dem Hinterhalt. Wenn wir eine Mole gefunden haben, gehen wir bis zum Ende des Molenkopfes, wenn das Wasser bei Ebbe etwas gefallen ist. Da das ablaufende Wasser eine scharfe Strömung bildet, ist es wichtig, gegen den Strom zu werfen. Lassen Sie den Jigkopf nach Gefühl auf Tiefe kommen und kurbeln Sie den Bogen aus der Schnur. Das verhindert Fehlbisse, weil man immer Kontakt zum Köder hat. Sie werden sehen, dass die Strömung den Köder langsam am Molenkopf entlangführt. Berührt der Jigkopf den Boden, sollte man etwas Schnur einholen und den Köder knapp über Grund laufen lassen. Sackt der Twister wie ein Stein ab, nehmen Sie einen leichteren Kopf, der mit der Strömung mitgetragen wird. Hinter jedem Stein kann ein Wolfsbarsch lauern. Ob der dann aber auch Hunger hat, weiß man leider nie. Bleiben Bisse über längere Zeit aus, sollte auch einmal der Köder gewechselt werden. Fischen Sie auch die obersten Wasserschichten ab. Suchen Sie den Fisch! Je weiter das Wasser abläuft, desto schwächer wird die Strömung. Dann tauschen Sie den schwereren Bleikopf, den Sie bisher gefischt haben, durch einen deutlich leichteren aus – immer gerade so schwer, dass Sie den Boden damit erreichen und der Köder schön mit der Strömung mitgenommen werden kann. Manchmal kommt es vor, dass ein Wolfsbarsch unseren Spinn­köder bis vor die Füße verfolgt. In solchen Phasen müssen Sie einen kühlen Kopf bewahren. Holen Sie den Köder nicht weiter ein, sondern lassen Sie ihn absacken. Oft genügt es auch, die Einholgeschwindigkeit zu verändern, von schnell zu langsam und umgekehrt. Der Weg zum Wolfsbarsch ist steinig und geprägt durch Hänger und Abrisse. Der Fang eines Wolfsbarsches an der Nordseeküste erfordert höchste Konzentration und fordert all unsere Sinne. Doch eines ist gewiss: Hängt der erarbeitete Fisch am Haken, ist man infiziert von einem Virus, der einen sein ganzes Anglerleben nicht mehr loslassen wird. Und das Beste daran ist: Die Chance, einen Wolfsbarsch an die Angel zu bekommen, steigt an unseren Küsten von Jahr zu Jahr weiter an. Aber bremsen Sie bitte Ihr Temperament und informieren Sie sich vor Ihrem Angelausflug an die deutsche oder niederländische Küste exakt über die bestehenden Schonzeiten, Mindestmaße und Fanglimits. Zur Drucklegung dieses Buches waren Veränderungen im Gespräch – insbesondere an der niedersächsischen Nordseeküste. Daher bitte vor Ort unbedingt in einem Angelladen oder dem Orts­amt entsprechende Informationen einholen.

Im Versteck aufgespürt
© Marco Wenk

Manchmal muss man länger suchen, aber wenn man fündig wird ...
© Marco Wenk

NÜTZLICHE HELFER

Der erfahrene Watangler unterscheidet sich oft nur durch kleine, aber durchaus nützliche Details in seiner Ausrüstung von der breiten Masse. So ist ein Fischgalgen ein Helfer, der niemals fehlen sollte. Watangler möchten gern beweglich sein, ihr Material am besten in einer Weste haben und weite Strecken im Wasser watend zurücklegen. Da wäre alles andere nur störender Ballast. Wie gut, dass von amerikanischen Schwarzbarschanglern der sogenannte „Stringer“ entwickelt wurde. Das ist nichts anderes als mehrere große und an starker Schnur befestigte Karabiner aus Blech oder Kunststoff. In die klinkt man die gefangenen Fische nach dem Töten einfach ein und befestigt den Fang praktisch an einer Öse der Watjacke oder am Watgürtel. Der Weg zurück ans Ufer bleibt erspart und die Netto-Angelzeit steigt! Denn schon im nächsten Wurf könnte ein weiterer Fisch einsteigen. Ein Thermometer hilft beim Finden der Fische enorm, denn beim Wolfsbarsch ist es wie bei allen Raubfischen: Er treibt sich dort am liebsten herum, wo sich reichlich Nahrung tummelt und sein Tisch üppig gedeckt ist. Für den Küstenangler bedeutet dies, dass in der besten Jahreszeit am Strand (also im Sommer) eher die Gewässerregionen Erfolg versprechen, in denen das Wasser am wärmsten ist. Messen Sie also gerne mal mit einem Wasserthermometer nach: Ein winziges Grad mehr könnte schon reichen für einen guten Barschfang. Um im Wasser gut organisiert zu sein, helfen Filmdosen. Wohl demjenigen, der noch eine Quelle für Filmdosen aus Kunststoff hat – die sind nämlich im Zeitalter der digitalen Fotografie überflüssig und somit sehr selten geworden. Nach wie vor gehört diese kleine, wasserdicht verschließbare Dose zum Besten, worin man seine Drillinge, Sprengringe oder Wirbel verstauen könnte. Unerlässlich ist eine gute Polarisationsbrille. Zugegeben, nicht immer sieht sie gut aus. Schon gar nicht, wenn die Augen noch seitlich mittels zweier Klappen vor einfallendem Licht geschützt werden. Dennoch sind Polarisationsbrillen beim Kunstköderangeln nicht mehr wegzudenken. Beim Waten sorgen sie für mehr Durchblick im steinigen Revier und beim Fischen helfen sie uns, die häufigen ­Absinkbisse des Wolfsbarsches in der Angelschnur zu erkennen. Außerdem bleibt das Auge länger wach und leistungsfähig, wenn man es durch eine Brille mit Polarisationsfilter schützt. Um den Lauf unserer Rolle zu unterstützen, ist ein kleines Fläschchen Rollenöl ebenso hilfreich wie die anderen aufgezählten Gegenstände. Denn irgendwann geht’s los, wenn Sie häufig mit einer Angelrolle im oder am Meer unterwegs sind: ein Knarren hier, ein Quietschen da, ein Scheuern dort! Dabei könnte ein kleines Tröpfchen Öl bereits genügen, um zum Beispiel das lästig lärmende Kugellager im Schnurlaufröllchen sofort wieder ruhig zu stellen. Packen Sie doch deshalb einfach beim nächsten Mal ein kleines Fläschchen mit Rollenöl in die Angelweste – zumal es von namhaften Herstellern inzwischen den meisten Rollen beigelegt wird.

Für die Informationen und Fotos zu diesem Beitrag danke ich Marco Wenk und Peter Klein ganz herzlich!

Herrliche Wolfsbarsch-Dublette von der Nordseeküste
© Marco Wenk

Auch beim Wolfsbarschangeln gibt es viele nützliche Helfer.
© Marco Wenk

Bildnachweis

Mit 111 Fotos von Jörg Strehlow, 24 Fotos von Sven Halletz, 16 Fotos von Marcel Wiebeck, 10 Fotos von Marco Wenk, 10 Fotos von Martin Liebetanz Vahldieck, 3 Fotos von Stefan Nölting und 2 Fotos von Andreas Hardt


Impressum

Umschlaggestaltung von Büro Jorge Schmidt, München unter Verwendung eines Farbfotos von Jörg Strehlow. Das Foto zeigt einen Dorsch.

Distanzierungserklärung

Mit dem Urteil vom 12.05.1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann, so das Landgericht, nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben in diesem E-Book Links zu anderen Seiten im World Wide Web gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir erklären ausdrücklich, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten in diesem E-Book und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in diesem E-Book angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.

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© 2018, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart.

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 978-3-440-16124-1

Redaktion: Ben Boden

eBook-Konvertierung: Text & Bild | Michael Grätzbach

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ZWEI MEERE, VIELE GESICHTER

So eng Nord- und Ostsee auch beisammenliegen, so unterschiedlich sind sie. Eines haben jedoch beide Meere gemeinsam: Egal wohin man schaut, es wimmelt nur so vor Leben!

Riesige Meere umschlingen die Kontinente dieser Welt und bilden einen großartigen Lebensraum, welcher an Vielfältigkeit kaum zu übertreffen ist. Kein Wunder – etwas mehr als 70 Prozent der Erde sind schließlich mit Wasser bedeckt und von rund 20.000 Fischarten leben drei Viertel im Meer. Dabei stellen lediglich die lichtdurchfluteten, flachen Küstenzonen und Meeresabschnitte bis etwa 200 Meter Tiefe den für Lebewesen ökologisch wertvollsten Raum dar. Denn nur unter dem Einfluss des Sonnenlichts gelingt es Algen und Gräsern in ausreichender Zahl zu wachsen, um den Lebensraum für Lebewesen interessant zu gestalten. In den oberen Wasserschichten entsteht mit steigender Erwärmung und einer guten Durchmischung mit nährstoffreichem Wasser das überlebenswichtige pflanzliche Plankton, welches vielen Lebe­wesen als Nahrung dient. Dabei handelt es sich um eine riesige Schar von teils winzigen und kaum sichtbaren Braun-, Grün-, Rot- oder Blaualgen. Nur unter dem Einfluss von Sonnenlicht können sich diese Algen zu einer prächtigen Blüte entwickeln und trüben das Wasser in kurzen Zeitspannen. In Nord- und Ostsee ist es die Grünalge, welche das Wasser im Frühjahr für ein paar Wochen eintrübt. Eben diese Fotosynthese ist es, welche das Leben im Meer ermöglicht. Vor deutschen Küsten in Ost- und insbesondere der Nord­-see herrscht vorwiegend Flachwasser mit Unmengen an pflanzlichem Leben, sowohl am Grund wie auch im Freiwasser. Dieses pflanzliche Leben ist die Grundlage für den schieren Überfluss an tierischem Leben in unseren Breitengraden. Denn: Das pflanzliche Plankton dient dem tierischen Plankton als Futter! Während das tierische Plankton das pflanzliche Plankton in den oberen Wasserschichten vertilgt und sich ununterbrochen ausbreitet, gilt Selbiges als Basis zur Entwicklung von Fischen. Als Eier und Larven treiben diese in den ersten Lebenswochen gemeinsam mit dem Plankton umher, ehe sie als frisch geschlüpfte Kleinfische mit nur wenigen Millimetern Körperlänge beginnen, erste Nahrung aufzunehmen – tierisches Plankton! In nur wenigen Monaten wachsen die Kleinfische wie Dorsche zu handlangen Fischen heran und erreichen nach nur einem Lebensjahr schon Größen, in denen sie problemlos kleine Krabben, Garnelen, Würmer und andere Klein­fische als Nahrung aufnehmen. Dabei dreht sich die ewige Spirale aus Fressen und Gefressen werden immer weiter nach oben: Der Spierling frisst den kleinen Hering, die Makrele den Spierling und der Hundshai die Makrele. Erst hier endet in der Nordsee diese Spirale. Deutlicher wird’s bei folgenden Zahlen: Ein ausgewachsenes Dorschweibchen laicht bis zu acht Millionen Eier. In klimatisch ungünstigen Jahren genügt dies gerade so, dass ein einziges Ei davon zu einem Dorsch heranwächst, welcher die Geschlechtsreife erreicht!

Die Meere bieten uns unzählige Arten von Fisch.
© Jörg Strehlow

DIE NATUR REGELT SICH SELBST

Doch zum Glück stehen die Chancen auf ­ordentliche Bestände in den Meeren gut – ­zumindest im Hinblick auf äußere Einflüsse hat die Natur alles im Griff. Die Zahlen der Dorsche in der Ostsee, beispielsweise, steigen enorm. Nicht zuletzt wegen den neuen Fang­limits für Berufsfischer und Angler in der westlichen Ostsee. Zwar war der Dorschbestand nie bedroht, erreicht aufgrund dieser Maßnahmen jedoch neue Topbestände. Doch generell hat Mutter Natur das Gleichgewicht der Meere im Blick. So ziehen beispielsweise die besonders gefräßigen Dorsche der Nordsee nur im Winter an die Küsten, um sich fortzupflanzen. Direkt danach wandern sie wieder zurück in die offene See, weit in den Norden und noch weiter von flachen Küstenregionen entfernt. Dieses Verhalten sichert den Jungdorschen das Überleben und nimmt ihnen die Gefahr vor den gefräßigen Eltern. Bis zu ihrem Zurückkehren im nächsten Winter haben die Jungdorsche eine Größe ­erreicht, welche ihnen bei der Flucht vor den eigenen Eltern verhilft.

Doch nicht nur Dorsche sind gefräßig – auch bei Makrelen und Hornhechten, zwei Räubern der oberen Wasserschichten, ist dieses Verhalten durchaus zu beobachten. Sie kommen nur im Frühjahr zum Laichen an die Küste und verschwinden schon im Sommer wieder in die Tiefen der Meere. Ihre Brut hat derweil Ruhe und kann getrost aufwachsen, bis ein Jahr später die Elterntiere zum erneuten Laichen an die Küste kommen – bis dahin sind sie jedoch aus dem Gröbsten raus und können sich ebenfalls schnell in Sicherheit bringen.

Rustikaler kann man sich das Abenteuer Angeln kaum vorstellen.
© Jörg Strehlow

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